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idäischen Zeusgrotte.1) Als anderes Beispiel orientalischen
Einflusses erscheint mir der gegen Ende dieser Periode ent-
standene Tonpinax, der zusammen mit spätgeometrischen
Scherben, ägyptischen Skarabäen u. a. in einer Grube nahe
einem Tempel auf Aegina gefunden ist.2) Er stellt die Göttin
der mykenischen Goldbleche dar (S. 71), mit den Händen die
Brüste drückend, aber am Unterkörper bekleidet.

Ergebnis: In der geometrischen Kunst, besonders in
der älteren, tritt die erotisch-rituelle Nacktheit des Weibes im
Kult der Toten und Götter in einem Maße hervor, wie weder vor-
her noch nachher. Es entspricht dies meines Erachtens der tat-
sächlichen, barbarischen Sitte des Landes, die erst auf den jüngeren
Stufen dieses Stiles wenigstens im Totenkult der Bekleidung
weicht. Soweit aus der Mitgabe nackter Frauenfigürchen in
die Gräber der Männer ein Schluß zu ziehen ist, knüpfen
diese Sitten an die Tradition der Inselkultur an. Jedenfalls
aber stehen sie in scharfem Widerspruch zu der mykenischen
Periode und dem höfischen Kulturbilde des homerischen Epos.
Die vereinzelten nackten Frauenbilder aus Mykenae gehören
den niedrigsten Kreisen dieser Kunst an, die der geometri-
schen Periode dagegen ganz überwiegend den höchsten. Der
Einfluß des orientalischen Ischtartypus ist nur in einem seit-
abstehenden Falle deutlich, zugleich dem einzigen, wo die
nackte Darstellung einer Göttin ziemlich feststeht.

2c Die Männer.

Bekleidete Männer geometrischen Stils sind verhältnis-
mäßig selten. Der lange Chiton tritt wohl erst in der jüngeren

1) Museo italiano II Atlante Tf. 2; Brunn, Griech. Kunstgesch. I
S. 92; Milani a. a. 0. S. 5 ff.

2) "Eq>. %. 1895 Tf. 12 S. 263 (Stais); Perrot VII S. 151.
 
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