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einigung durch eine homogene Stadtkultur ersetzt worden wäre. Dennoch dürften
die spätrepublikanischen Gelehrten — indem sie von den Verhältnissen ihrer und
der ihnen erreichbaren Zeit ausgingen — mit einer gewissen Berechtigung ein Zu-
sammenwirken von latinischen und sabinischen Elementen in der Frühzeit der
römischen Gemeinde angenommen und in ihren Erzählungen zum Ausdruck ge-
bracht haben. Denn vermutlich gehörten von Anfang an nicht nur die südlichen,
westlichen und nördlichen Hänge der Albanerberge und das Land entlang dem
Anio, sondern ebenso auch das nördlich anschließende Sabinergebiet und das flache
Land bis zum Tiber zum Lebensraum und Einzugsbereich Roms. Wir dürfen mit
einigem Recht annehmen, daß die Via Salaria in sehr alte Zeit zurückreicht und
einem Salzhandel vom Meer bei Ostia ins Gebiet der Sabinerberge diente. Daß
dieser Handel bereits in der Früheisenzeit von Rom organisiert und beherrscht
wurde, ist nicht zu beweisen, aber immerhin möglich. Die Keramik von Palombara
Sabina, einige Fibel- und andere Schmuckformen sowie die neuerdings bekannt
gewordene Hausurne von Rieti 93 bezeugen immerhin bemerkenswerte Beziehungen
zwischen Rom, den Albanerbergen und dem Sabinerland. Ganz mit Recht weist
daher neuerdings M. Pallottino auf die Möglichkeit hin 94, daß bereits in der Früh-
eisenzeit einzelne Geschlechter aus den sabinischen Bergen ins Gebiet der römischen
Hügel eingewandert seien, wie es ähnlich auch später noch vorgekommen ist; am
bekanntesten ist dank des livianischen Berichtes 95 der Zuzug des Attius Clausus
mit seinem ganzen Geschlecht (Claudier) ums Jahr 500 v. Chr. Was solche gentes
aus dem Land, in das die Via Salaria führte, an Sitten und Gewohnheiten mit nach
Rom gebracht haben, inwieweit sie durch ihr Hinzukommen das römische Gemein-
wesen nicht nur vergrößert, sondern auch kulturell bereichert haben, wissen wir
einstweilen noch nicht. Den vorhandenen Fundbestand möchte man am ehesten so
deuten, daß die früheisenzeitlichen Siedler im Bereich der römischen Hügel bei
aller Mannigfaltigkeit ihrer in den Kulturzeugnissen zum Ausdruck kommenden
regionalen Beziehungen 96 doch in gewisser Weise eine Einheit gebildet haben, der
sich auch neu zugezogene gentes eingefügt haben.

93 D. Brusadin, BPI. 65, 1956, 449ff.

94 Pallottino, ArchClass. 12, 1960, 26ff.

95 Liv. 2, 16.

96 Eine Analyse der römischen Früheisenzeitfunde mit dem Ziel, diese verschiedenen
Beziehungen aufzuzeigen und dabei zwischen trachtgeschichtlichen und rein stilistischen,
bestattungskundlichen und technisch-handwerklichen Eigentümlichkeiten zu unterschei-
den sowie spezielle, gruppengebundene Merkmale von solchen zu trennen, die in einer
bestimmten Stufe allgemeiner vorkommen, würde unser historisches Gesamtbild wesent-
lich vertiefen. Wenn hier ein dahingehender Versuch nicht unternommen wird, so deshalb,
weil dafür eine vollständige Heranziehung des unpublizierten Fundmaterials aus Mittel-
italien unerläßlich wäre, was mir ohne erneute Museumsstudien nicht möglich ist.
 
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