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heim in Nigra-Ausführung vor. Anfang des 2. Jahr-
hunderts erscheint sie in Glanztontechnik in der Aus-
bildung Gose 495132. Im 4. Jahrhundert wird der
Typ noch in Speicher hergestellt133. Das Brst. Inv.
Nr. A 1955 : 180 ist ein Vertreter des Typus Nieder-
bieber 104. Die Variante entwickelte sich aus belgi-
schen Gefäßen. Die in Niederbieber zahlreich be-
legte Schüsselform hält sich bis zum Ende der römi-
schen Periode. Das »bemalte« Brst. Inv. Nr. A
1955 : 190 (Taf. 14, 38) stammt von einer in den
Kastellen des Wetteraulimes nicht häufig auftreten-
den Schüsselform.
Bronzekannen sind nicht selten in Ton nachge-
ahmt worden. Das Brst. Inv. Nr. A 1955 : 206
(Taf. 14, 37) lehnt sich stark an Metallvorbilder aus
der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts an und dürfte des-
halb etwa in die gleiche Zeit zu setzen sein.
Engobierte Becher sind mit 10 Exemplaren ver-
treten, und zwar in Matt- und Glanzengobentechnik.
Am häufigsten kommt der Typus mit Karniesrand
vor. Seine typologisch späteste Ausbildung zeigt das
Brst. Inv. Nr. A 1955 : 180. In die Niederbieber-
Zeit fallen die Brst.e Inv. Nr. A 1955 : 217 und Inv.
Nr. A 1955 : 178 (Taf. 14, 41), die die Typen Nie-
derbieber 32 und 33 repräsentieren134 135. Das Brst. Inv.
Nr. A 1955 : 178 weist auch »Weißmalerei« auf.
Für die Baugeschichte der Hunnenburg kommt
auch den Ziegelstempeln eine gewisse Bedeutung zu.
Leider ist dieses Material noch nicht genügend auf-
gearbeitet. Die chronologische Abfolge der Ziegel-
stempel ist zum großen Teil noch unklar, da 1. dieser
Baustoff bei Um- und Neubauten wiederverwendet
wurde und 2. noch nicht in ausreichender Anzahl
stratigraphisch sichere Befunde vorliegen. Eine grobe
zeitliche Scheidung dieses Fundstoffes ist aber doch
schon möglich1"’. Die in der Humuszone gefundenen
Stempel sind mit Ausnahme der auf den Brst.en Inv.
Nr. A 1955 : 193, A 1955 : 200 und A 1955 : 234 in
Butzbach noch unbekannt. Der Stempel der 8. Legion
(Taf. 5, 11) bestätigt den Bau des Erdkastells in
domitianischer Zeit. Namenstempel wie Taf. 5, 8
auf dem Brst. Inv. Nr. A 1955 : 261 erscheinen in
spättraianisch-hadrianischer Zeit. Unter Hadrian,
vereinzelt vielleicht früher, treten Kreisstempel auf.
Zu ihnen gehören die schon bekannten Stempel Taf.
5, 5-6 der Brst.e Inv. Nr. A 1955:200, A 1955 :193
und A 1955 : 234 und der neu zum Vorschein ge-
kommene Stempel Taf. 5, 7 des Brst.es Inv. Nr. A
1955 : 236. Die Bedeutung des Winkelstempels Taf.
5, 10 des Brst.es Inv. Nr. A 1955 : 219 ist schon oben
dargelegt worden. Das vergleichsweise häufige Auf-
treten von Namens- und Kreisstempeln beweist eine
rege Bautätigkeit unter Hadrian und stützt unsere

Vermutung, daß das 1. Steinkastell unter diesem
Kaiser erbaut wurde.
11 der 13 in der Humuszone gefundenen Münzen
fallen in den schon festgelegten zeitlichen Rahmen
des Hunnenburgkastells. Diese Reihe beginnt mit
2 Münzen des Domitian und schließt mit einem De-
nar des Septimius Severus. Der Centenionalis derZeit
Valentinian-Gratian fällt für Datierungszwecke in
unserem Fall aus. Einzig und allein ein Antoninian
des Philippus I (Inv. Nr. A 1955 : 246) aus
den Jahren 247—249 n. Chr. könnte zur Datierung
des Endpunktes der Hunnenburg herangezogen wer-
den. Der chronologische Wert zeigt sich wohl am
deutlichsten, wenn man alle bisher bestimmten,
sicher im Kastell und Lagerdorf gefundenen Münzen
zusammenstellt. Die Liste aus der 1. Hälfte des
3. Jahrhunderts sieht einschließlich der von Kofler
geborgenen Münzfunde wie folgt aus: Septimius
Severus 14, Caracalla 4, Elagabal 5, Alexander Seve-
rus 4, Philippus Arabs 1 Münze. Die Münzreihe
endet mit Alexander Severus. Dies bestätigt, daß in
den letzten Regierungsjahren dieses Herrschers die
militärische Besetzung und die zivile Besiedlung ein
Ende fanden. Die Schluß-Münze könnte durch Han-
delsbeziehungen an ihren heutigen Fundort gelangt
sein. Eine andere Erklärung ist aber auch möglich.
Die Münze lag unmittelbar auf dem oberen Brand-
schutt. Im Südprofil der Fläche II sind zwei nicht
weiter untersuchte Steinfundamente oberhalb der
letzten Brandschicht angeschnitten worden. Diesem
Befund entspricht, daß eine zur letzten Brandperiode
gehörende Lagergasse durch eine tiefe, mit Brand-
schutt gefüllte Grube gestört ist. Nur die beiden
genannten Befunde liegen bisher vor; sie scheinen
anzudeuten, daß nach der Aufgabe des Kastells um
233 n. Chr. während der nachfolgenden wechsel-
vollen Kämpfe römische Truppen für eine kürzere
Periode das Kastellgelände aufgesucht hatten oder
nicht geflohene Zivilbevölkerung in unruhigen Zei-
ten sich in den Trümmern des Kastells niedergelassen
hatte. Die Philippus-Münze würde, wenn sie noch in
ursprünglicher Situation lagerte, diese Anlagen auf
die Zeit um 250 n. Chr. datieren. Ihre Dauer kann
aber nur sehr kurz gewesen sein, da sie in der mate-
riellen Hinterlassenschaft keinen spürbaren Nieder-
schlag gefunden haben.
Der Überblick über den Fundstoff aus der Humus-
zone bekräftigt die schon mehrfach vorgetragene
Feststellung, daß die Hunnenburg ohne wesentliche
132 Gose Taf. 47, 495.
133 Oelmann, Niederbieber S. 77.
134 Oelmann, Niederbieber S. 39 f.
135 Pauly-Wissowa RE. XII 1806.

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