Dedekam, Reisestudien
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die architektonische und malerische Ausschmückung sparsam angewendet und die
ornamentale am besten ganz vermieden oder jedenfalls stark eingeschränkt werden.
Im allgemeinen gilt es, solche Farben zu wählen, die infolge ihrer Beschaffen-
heit, ihrer Helligkeitsgrade usw. nicht aufdringlich wirken und gleichzeitig durch
Harmonie (Analogie-Harmonie oder Kontrast-Harmonie, je nach den Umständen)
den besten Hintergrund für die Gegenstände bilden. Teilweise kreuzen sich die
Forderungen. In einem Vortrag, den ich bei der Konferenz der »Museums Asso-
ciation« 1904 in Norwich hielt,1) habe ich diese verschiedenen Fragen eingehend
erörtert und zu zeigen versucht, wie meine persönlichen Beobachtungen und An-
sichten sich mit den Resultaten der Wissenschaft, besonders der Optik und Physio-
logie, in Übereinstimmung befinden. Dabei habe ich die allgemein anerkannten
ästhetischen Ansichten wie auch die gemütserregende Eigenschaft der Farben
nicht unberührt gelassen. Wem die Darstellung dort zu theoretisch und schematisch
erscheint, der möge bedenken, daß ich bei dem mündlichen Vortrag, wenn ich
nicht die Zuhörer ermüden sollte, genötigt war, meinen Stoff nur in Hauptgesichts-
punkten darzustellen, die meisten einzelnen Beobachtungen und Beispiele aber,
die für die Praxis besonders von Bedeutung sind, außer acht zu lassen. Hier
werde ich eine weit größere Fülle von Beispielen und Details geben und die
theoretischen Gesichtspunkte nur zuerst kurz auseinandersetzen.
A. OPTISCHE RÜCKSICHTEN
a) Für Hintergründe sind im allgemeinen die sogenannten »kalten«, passiven
Farben (Blau und bläuliches Grün) den »warmen«, aktiven (Gelb, Orange und Rot)
vorzuziehen. Zu diesem Resultat bin ich keineswegs durch theoretische Betrachtung,
sondern durch praktische Beobachtung gelangt.
Daß Grün von allen Farben das Auge am wenigsten reizt und ermüdet, das
entgegengesetzte Verhältnis aber bei Rot stattfindet, ist eine Erfahrung, die jeder-
mann täglich machen kann.2) Wir wählen daher vorzugsweise Grün als Farbe für
unsere Lampenschirme. Das sogenannte pompejanische Rot ist für Hintergründe
fast immer verwerflich.
b) Die zurücktretenden Farben (die verschiedenen Arten des Blau) sind
für Hintergründe meist vorteilhafter als die vorspringenden (Rot, Orange und
Gelb), weil sie weniger aufdringlich wirken. Grün nimmt eine Mittelstufe ein.
c) Neutrale Tinten sind den reinen oder ausgesprochenen Farben vorzu-
ziehen. Schwarz, Weiß und Grau sind ihrer Neutralität wegen für Hintergründe
geeignet. Man achte auf den Helligkeitsgrad, damit der Kontrast nicht zu groß
wird. Bei schwarzem oder weißem Hintergrund muß grelle und unruhige Wirkung
’) Hans Dedekam, On Colours in Museums. Gedruckt in »The Museums Journal« 1904, S. 173 ft'.
Vgl. die Versuche von Kunkel und anderen. W. Wundt, Grundzüge der physiologischen Psycho-
logie. 5. Aufl. Leipzig 1902, Bd. 2, S. 202—204.
Museumskunde. II, 2.
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die architektonische und malerische Ausschmückung sparsam angewendet und die
ornamentale am besten ganz vermieden oder jedenfalls stark eingeschränkt werden.
Im allgemeinen gilt es, solche Farben zu wählen, die infolge ihrer Beschaffen-
heit, ihrer Helligkeitsgrade usw. nicht aufdringlich wirken und gleichzeitig durch
Harmonie (Analogie-Harmonie oder Kontrast-Harmonie, je nach den Umständen)
den besten Hintergrund für die Gegenstände bilden. Teilweise kreuzen sich die
Forderungen. In einem Vortrag, den ich bei der Konferenz der »Museums Asso-
ciation« 1904 in Norwich hielt,1) habe ich diese verschiedenen Fragen eingehend
erörtert und zu zeigen versucht, wie meine persönlichen Beobachtungen und An-
sichten sich mit den Resultaten der Wissenschaft, besonders der Optik und Physio-
logie, in Übereinstimmung befinden. Dabei habe ich die allgemein anerkannten
ästhetischen Ansichten wie auch die gemütserregende Eigenschaft der Farben
nicht unberührt gelassen. Wem die Darstellung dort zu theoretisch und schematisch
erscheint, der möge bedenken, daß ich bei dem mündlichen Vortrag, wenn ich
nicht die Zuhörer ermüden sollte, genötigt war, meinen Stoff nur in Hauptgesichts-
punkten darzustellen, die meisten einzelnen Beobachtungen und Beispiele aber,
die für die Praxis besonders von Bedeutung sind, außer acht zu lassen. Hier
werde ich eine weit größere Fülle von Beispielen und Details geben und die
theoretischen Gesichtspunkte nur zuerst kurz auseinandersetzen.
A. OPTISCHE RÜCKSICHTEN
a) Für Hintergründe sind im allgemeinen die sogenannten »kalten«, passiven
Farben (Blau und bläuliches Grün) den »warmen«, aktiven (Gelb, Orange und Rot)
vorzuziehen. Zu diesem Resultat bin ich keineswegs durch theoretische Betrachtung,
sondern durch praktische Beobachtung gelangt.
Daß Grün von allen Farben das Auge am wenigsten reizt und ermüdet, das
entgegengesetzte Verhältnis aber bei Rot stattfindet, ist eine Erfahrung, die jeder-
mann täglich machen kann.2) Wir wählen daher vorzugsweise Grün als Farbe für
unsere Lampenschirme. Das sogenannte pompejanische Rot ist für Hintergründe
fast immer verwerflich.
b) Die zurücktretenden Farben (die verschiedenen Arten des Blau) sind
für Hintergründe meist vorteilhafter als die vorspringenden (Rot, Orange und
Gelb), weil sie weniger aufdringlich wirken. Grün nimmt eine Mittelstufe ein.
c) Neutrale Tinten sind den reinen oder ausgesprochenen Farben vorzu-
ziehen. Schwarz, Weiß und Grau sind ihrer Neutralität wegen für Hintergründe
geeignet. Man achte auf den Helligkeitsgrad, damit der Kontrast nicht zu groß
wird. Bei schwarzem oder weißem Hintergrund muß grelle und unruhige Wirkung
’) Hans Dedekam, On Colours in Museums. Gedruckt in »The Museums Journal« 1904, S. 173 ft'.
Vgl. die Versuche von Kunkel und anderen. W. Wundt, Grundzüge der physiologischen Psycho-
logie. 5. Aufl. Leipzig 1902, Bd. 2, S. 202—204.
Museumskunde. II, 2.
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