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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — [1].1902-1903

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Lange, Konrad: Über die Grenzen der Naturnachahmung in der Malerei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7714#0143

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öeber die Grenzen der ]Vatur-
nacbabmung in der JVLalereu*

Von prof. Dr. Konrad Cange, Bübingen. (Scbiurs.»

arum werden fo viele porträtpbotograpbien nicht ähnlich?
SIeil die meiften pbotograpben ihre jVlodelle, ohne Tie
nur einmal näher zu kennen, in einem rein zufälligen
JVIoment aufnehmen, der für ihren geizigen Husdruck,
ihr inneres Siefen gar nicht charahteriftifch ift. Der Porträtmaler
dagegen malt, wenn er überhaupt ein gebildeter JVTenfcb und ein
wirklicher Künftler ift, gerade den Husdruck, der fein JHodell be-
fonders cbarakterifiert, und der ihm wichtig genug zu fein febeint,
um verewigt zu werden. Hucb diefe geiftige Huffaffung gebort natür-
lich zum Stil des JMalers. Denn erft fie macht es möglich, dafs man
in dem fo entftebenden Bilde nicht nur die JNatur, fondern auch den
(Seift des Künftlers lieht, der diefe JHatur gerade fo und nicht anders
aufgefafst bat.

Die JVIomentpbotograpbie bat uns gezeigt, dafs es durchaus nicht

* Stenn Heb auch die vorliegende Hbhandlung ausrcbliefslicb mit monumentaler Malerei
bcTcbäftigt, und die in ibr ausgekrochenen HnTichten naturgemäß nur mit Kodifikationen auf
die dekorative Kunft übertragen werden können, fo beTtebt doch auch für Tie das bauptfächlichlte
poTtulat Canges zu Recht: d a Ts nämlich jede KunTt, wenn fie bleibenden OTcrt haben
roll, auf gründlicbrtcs IVaturTtudium bafiert fein muTs. Hucb die Zierformen des
Kunftgewerbes und der modernen Hrcbitcktur werden, wenn fie Heb von der birtorifierenden
Richtung des verflogenen Jahrhunderts emanzipieren wollen, einer unwichtigen J^aturbeobacbtung
nicht entraten können. Xn den verfloTfenen Stilperioden, in der ägyptiTcben und griecbiTcben
Kunft, wie in der franzöfifchen Gotik und der italienifchen Renairfance, fallen denn auch die
 
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