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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — [1].1902-1903

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7714#0209

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Chronik.

201

Kunft des neunzehnten Jahrhunderts durch eine bedeutende Dicbterfcbule inauguriert
worden war und in ßngland, in ihrem eigentlichen ßeimatland, auch die modernfte
Bewegung von Hnfang an die Utterarifcb führenden ©elfter auf ihrer Seite hatte,
ein Ruskin ihre Bahnen beftimmte und mit feinen auf voller Kenntnis der
Kunftbiftorie beruhenden Reflexionen immer und immer wieder auf die alten Künfte
hinlenkte, hat fieb in Deutfcbland kein Hpoftel der beutigen neuen Bewegung gefunden,
deffen geiftige Hnalyfen den modernen Kunftprodukten felbft in Bedeutung an die
Seite zu ftellen wären. Ja, da die
moderne ©ewerbekunft auf dem
Kontinent Heb von vorneherein in
einen ©egenTatz zu der konfer-
vativen Kunftpraxis und den bifto-
rifeben Stilen ftellte, für deren 6xi-
ftenz fie die wiffenfcbaftlicbe Kunft-
forfebung verantwortlich machte,
trat fie fogar in einen gewiffen
©egenfatz auch zu ihren berufenen
Xnterpreten und Förderern. Sin
F)eer von Citteraten, die durch Be-
geiferung die mangelnde üeber-
legung erfetzten, und berechnende
Verleger, die in dem oft ver-
blüffenden Modernen eine zug-
kräftige Marktware erkannten,
waren an deren Stelle gefebäftig,
das neue Kunftgewerbe bekannt zu
machen. Gin modern „empfundener"
Kleiderbaken wurde mit demfelben
patbos gefeiert wie ein monumen-
tales Kunftwerk und „die barm-
lofe Kunftdilettantin, der ein be-
febeidenes Kiffen in der Hrt von
Obrift geglückt war, der Stümper,
der nach langem Sueben nach In-
fpiration eine leidliche Vignette aus
den Journalen zufammengeforfebt,
all diefe vom Zufall betroffenen
oder vom Raubbau lebenden Modernen wurden Tofort der COelt als grofsc oder
hoffnungsvolle Künftler vorgefetzt". 6s bildete fich gleichzeitig ein kunftgewerb-
licber Jargon, der mit einer Hnzabl von fertigen Hnfebauungen und Schlagwörtern
arbeitete, ohne viel in das eigentliche mefen der modernen Kunft einzudringen,
ohne je die Cebren früherer Zeiten der Kunftentwicklung zu Rate zu ziehen.

Der fiamburger ©clebrte Cicbtwark, in Württemberg Konrad Cange, fodann
Riebard ©raul und die nun von ihm zu dem obigen Klerk vereinigten Kunftkenner
waren unter den erften ©elebrten in Dcutfcbland, die die moderne Kunft im Zu-
fammenbang mit der ganzen Kultur zu betrachten begannen und ihre Voraus-

Cbürhlopfer im <3erman.
JVhifcum zu Dürnberg.

Hua dem Hnfang des
18. Jahrhunderte.
 
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