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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — [1].1902-1903

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Pfeiffer, Bertold: Ludwigsburger Porzellan
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https://doi.org/10.11588/diglit.7714#0248

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Cudwigsburger porzcllan.

treten altwürttembergifcber Puritaner gegen fein üppiges Rofleben
und der Äliderftand der berühmten Candftände gegen feine Ver-
fcbwendung dem berrifcben, aber auch wieder leutfeligen, im ©runde
doch volkstümlichen Candesberrn keine unüberwindlichen Rinderniffe
bereitete.

Verfcblangen Oper und Ballet, Roffefte und anderer flüchtiger
Zeitvertreib grofse Summen, fo erftanden doch auch jene Scblöffcr
und Candfitze, welche der Stadt Stuttgart und ihrer Umgebung
beute noch zur Zierde gereichen, ja fogar, wie die Solitude, der
ganzen Gegend eigenartigen Reiz verleiben. Da aber die Kunftpflege
am württembergifcben Rofe vielleicht noch weniger als anderswo
idealen Crtebfedern entfprang, gab es auch viel dekoratives JYIacb-
werk, befonders wenn Geldmangel eintrat oder „Sereniffimus" voll
Ungeduld feine Künftler zu baftigem Hrbeiten zwang und auch be-
deutende Calente verderbte. ?üenn fo die hohe Kunft oft genug zu
kurz kam, war jene Zierpflanze des Kunftgewerbes, die damals im
?üetteifer der Böfe farbenprangend emporblübte, die porzellanmanu-
faktur, wie gefcbaffen, in der Treibhausluft fürftlicben Gbrgeizes
fröhlich zu gedeihen.

Cudwigsburg, ein Grzeugnis fürftlicben Beliebens wie JVIann-
beim und Karlsruhe, galt vor feinem jüngften Huffcbwung als eine
langweilige Stadt; und wirklich war die zweite Refidenz des Candes,
wenn fie nicht gerade den Rof beberbigte, ein ftiller Ort. Recht-
winklige, zum Ceil febr breite Strafsen, deren pflafter da und dort
mit Gras bewacbfen fein mochte und an denen ficb niedrige Räufer
mit JVIanfarden aneinandergebaut hinzogen, allzu geräumige plätze,
darunter der ]VIarktplatz mit feinen gedrückten Hrkaden und den etwas
nüchtern ficb gegenüberftebenden Kirchen, das langgezogene, einen
Stadtteil abtrennende Rafenparterre vor dem ]Neuen Corps de Cogis
des Scbloffes, das weitläufige, niemals ganz bewohnte Scblofs mit
feinen drei Röfen — das alles giebt dem Stadtbild den HnTcbein
des Gedehnten, QnausgefüUten. Hber wie ftimmungsvoll ift fie doch
wieder für empfängliche Gemüter, in dem Zauberlicbt, wie fte jfiiftüius
Kerner mit und ohne Rofbaltung zeigt, JVIarktplatz und Scblofs-
bezirk, buntes Ceben und fürftengruft, auch die prächtigen alten
Hlleen, welche die Stadt in die Eandfcbaft erweitern und aus freier
]Natur in die Stadt berein Blütenduft und kühlen Schatten bringen.
Dazu der nahe f avoritepark und die freilich erft fpäter entftandenen
 
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