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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins — 1907-1908

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Württembergische Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7713#0097
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Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.

Am 11. August wurde in Ravensburg eine vom Landesgewerbemuseum in
Verbindung mit der Stadtverwaltung und dem Handels- und Gewerbeverein
veranstaltete kunstgewerbliche Wanderausstellung eröffnet. Für Ober-
schwaben von hervorragendem Interesse war die Paramentenausstellung,
um deren Zustandekommen sich namentlich Bildhauer Schnell verdient ge-
macht hat. Aus Ravensburg, Weingarten, Isny, Waldsee und anderen Orten
des Oberlandes fand man kirchliche Kunstgegenstände, insbesondere Meß-
gewänder zusammengestellt, die durch ihre kunstvollen Zeichnungen und durch
ihre Farbenpracht großen Eindruck machten; einen Teil davon gedenken wir
noch in unseren Heften zu zeigen.

Am 14. August veröffentlichte der Staatsanzeiger einen Bericht über die
Verhandlungen der Kommission zur Aufstellung eines Programms für die
Stadtentwicklung im Zusammenhang mit der Theaterbauplatzfrage.

In der Martinskirche zu Neuffen sind im Sommer durch Kirchenmaler
Wennagel von Stuttgart zwei alte Bilder wieder aufgefrischt worden — ein
frühgotisches aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, ein in Zeichnung
und Kolorierung einfach-streng gehaltenes Gemälde auf Teppich-Hintergrund,
den heiligen Georg im Kampf mit dem Drachen darstellend, und ein Gemälde
aus dem Ende des 16. Jahrhunderts: Der Ringkampf des Erzvaters Jakob mit
dem Engel. Andere Bilder aus der frühgotischen Zeit, wie solche, die auf
die übertünchten alten Gemälde in der Renaissancezeit aufgetragen wurden,
waren in verschiedenen Resten wohl zu erkennen, eigneten sich aber nicht
mehr für die Auffrischung. Dagegen konnten sämtliche überaus künstlerisch
gefertigten Ornamente aus der Bauzeit der Kirche bezw. des Chors mit den
alten Motiven und Farben wiederhergestellt und alle Teile des Chors (Gewölbe,
Schlußsteine, Konsolen vor allem) koloristisch so zusammengestimmt werden,
daß der Eindruck der alten kirchlichen Kunst voll gewahrt wird.

Ueber ungewöhnliche Bereicherungen der Sammlungen des Landes-
gewerbemuseums berichtete Ende August das Gewerbeblatt: Ein herrlicher
Schrank vom Jahre 1678, von so reicher Gliederung und so vorzüglich aus-
gearbeiteten Schnitzereien, daß sich nur wenige unserer größten Museen rühmen
können, ein ähnlich vorzügliches Möbel zu besitzen, In der Holzabteilung:
Ein geschnitzter italienischer Faltstuhl des 17. Jahrhunderts, ein Typus, der
in den Sammlungen bisher noch vollständig fehlte, ferner eine oberitalienische
Barock-Lackkassette mit reicher Vergoldung aus dem Anfang des 18. Jahr-
hunderts, sowie ein sehr interessanter Empirestuhl mit vergoldetem Lehnen-
relief und gestickter Polsterung. Besonders reiche Schnitzerei in Verbindung
mit Lackmalerei zeigt eine Pedalharfe aus dem 18. Jahrhundert, eines der
besten Stücke dieser Art. - - Auch die heimische Metallindustrie ist bei den
Neuerwerbungen durch verschiedene prächtige Musterstücke von vorbildlichem
Wert entsprechend berücksichtigt worden. In erster Reihe sind die Arbeiten
von altem Edelzinn zu nennen, die bisher im Landesgewerbemuseum noch
ganz gefehlt haben. Zwei herrliche große Renaissanceschüsseln von Francois
Briot, dem ersten Edelzinnmeister aller Zeiten, bilden nun einen vorzüglichen
Mittelpunkt der Zinnabteilung, in welcher sich auch der mächtige Zinnhumpen
 
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