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EINLEITUNG
METHODE UND THEMA
Die vorliegende Bibliographie verfolgt einen dreifachen Zweck. Sie will,
wie jede andere Bibliographie, einen Überblick bieten über das, was in einem
bestimmten Jahr über einen bestimmten Gegenstand in Buchform oder als
Zeitschriftenaufsatz erschienen ist. Sie will, wie jede andere Bibliographie,
durch diesen Bericht den Forscher auf Arbeiten hin weisen, die er sonst über-
sehen haben könnte, und ihn zu neuen Arbeiten anspornen. Sie will aber noch,
darüber hinaus, durch die Wahl ihres Materials, durch die Form seiner An-
ordnung und durch die kritischen Bemerkungen, die sie den einzelnen Titeln
beifügt, ein Interesse für ihren Gegenstand als ganzen erwecken, ein Gefühl
für die Gesamtheit der methodischen und sachlichen Aufgaben, die durch
das Problem des Nachlebens der Antike gestellt sind. Mit dem orientierenden
Bericht verbindet sich also eine methodologische Tendenz. Während
jede andere Bibliographie bei ihren Benutzern das Interesse für ihren
Gegenstand als gegeben voraussetzt — gegeben in einem vielleicht sehr eng
umgrenzten, durch Zufälligkeiten des Nachschlagebedürfnisses bestimmten
Bereich —, wird hier ein Problem zur Diskussion gestellt, dessen Wichtigkeit,
ja dessen Existenz sogar, oft gerade bei denen, die es unmittelbar angeht,
noch umstritten ist.
Gewiß, daß es ein Nachleben antiker Elemente gibt, hat man kaum je
bezweifelt; sie sind ja auch in Religion und Kunst und Wissenschaft und
Recht hinreichend oft verfolgt worden. Aber man könnte fragen, ob denn diese
Elemente wichtig genug seien, daß man für ihre Erforschung eigens ein
bibliographisches Organ schafft. Ist nicht der Glaube, daß sie eine grund-
legende geschichtliche Funktion erfüllen, auf die wenigen noch „nach-
lebenden“ Humanisten beschränkt, die in ihren Studierstuben von der Ver-
änderung der Welt nicht rechtzeitig erfaßt worden sind? Ja, ist es nicht
die Leistung des gegenwärtigen Zeitalters, daß es — zum Guten oder zum
Bösen — die „helleno-zentrische“ Weltanschauung aus Geschichte und Leben
verdrängt hat, daß es die Männer, die einstmals glaubten oder heute noch
glauben, von Griechenland und Rom das Erbe Europas empfangen zu haben,
zu abseitigen Träumern stempelt, die, soweit äußere Umstände sie nicht daran
hindern, poetischen Scheingebilden nachjagen mögen, aber gewiß besser täten,
die Verwurzelung ihres Daseins im heimatlichen Boden anzuerkennen und
den Blick von einer Vergangenheit abzuwenden, die für die Gegenwart nichts
mehr bedeutet ?
Und was soll noch obendrein die Verbindung „dieser längst überholten' ‘ Frage-
stellung mit dem gleichfalls „längst veralteten“ Programm einer universellen
Kultu rwissenschaft? Erinnert nicht schon allein der Ausdruck „Kultur-
 
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