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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 42.1913(1914)

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Bach, Adolf: Über die lateinisch-romanischen Elemente im Wortschatz der nassauischen Mundarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.55174#0098
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Adolf Bach

§ 5. In grösserem Umfange wurden nach jenen Entlehnungen der älteren
Zeit erst wieder in der zweiten Hälfte des 15. und im 16. Jahrhundert, z. Z.
des Humanismus und der Renaissance, lat. Worte ins Deutsche aufge-
nommen. Jedoch sind die hierhin gehörigen Ausdrücke meist gelehrter Art
und daher für die deutschen Volksmundarten nur von geringer Bedeutung.
Eine Gruppe der von den deutschen Humanisten entlehnten lat. Worte, näm-
lich jene, welche antike politische Vorstellungen bezeichnen (vgl. Behaghe],
Die deutsche Sprache 1907, S. 170), und die von den Humanisten mit Vor-
liebe auf deutsche Verhältnisse angewandt wurden, ist erst in neuester Zeit
unter dem Einfluss der Zeitungen und des politischen Parteilebens teilweise in
den Wortschatz des gemeinen Mannes eingedrungen. Diese Worte gehören
alle der Schriftsprache an und fallen mithin aus dem Rahmen unserer Be-
trachtung.
§ G. Eine dritte Gruppe lateinischer Worte drang seit dem 17.
und 18. Jahrhundert, seit dem Aufblühen des deutschen Burschenlebens
aus der Studentensprache in unsere Muttersprache ein. „In kleinen Uni-
versitätsstädten beherrscht der Wortschatz der Studentensprache auch den
Verkehr der Bürger .... die Sprache der Mittelschüler — die Pennäler-
sprache — steht in Universitätsstädten unter dem Einfluss der Hochschule . . . .
der Bursch beherrscht mit seiner Kastensprache nicht nur die Universitätsstadt,
er trägt sie auch in seine Heimat, seinen Lebensberuf.“ (Kluge, Die deutsche
Studentensprache 1895, S. 2). Dass auch die nassauischen Mundarten eine
Reihe von Redewendungen und anderer Eigentümlichkeiten der Burschensprache
aufgenommen haben, darf daher nicht Wunder nehmen, besonders da ein
Hauptsitz des studentischen Lebens und Treibens, die Universität Giessen,

Grimm (Geschichte der deutschen Sprache, Bd. I, Leipzig 1880, S. 64), der diesen Namen
zuerst mit den in lat. Denkmälern der ahd, Zeit (Du Gange, Glossarium mediae et infimac
latinitatis VII (1886) S. 565; Caspari, Ilomilia de sacrilegiis, Christiania 1886, S. 36 — 37) ver-
schiedentlich erwähnten Spurealien in Verbindung brachte. Diese spurcalia waren wohl
ein heidnisches Volks- oder Opferfest. (Grimm ibid.; Golther, Handbuch der germ. Mythologie,
Leipzig 1895, S. 584, Anm. 1). Ihr Name wird von Grimm und andern mit lat. spurcus
„unrein, unflätig“ zusammengebracht Nach Grimm ist von verschiedenen Seiten (Weinhold,
Die d. Monatnamen 1869, S. 57; Erismann, Paul u. Braunes Beitr. 20, 64; Bilfinger, Kluges Zeitschr.
f. deutsche Wortforschung V, 263; Woeste, Zeitsohr. f. deutsche Mythologie, Bd. I, 388 — 390)
versucht worden, den mundartlichen Namen des Februar als ein echt deutsches und nicht
ein lat. Lehnwort zu erklären. Jedoch haben diese Deutungsversuche wenig Anklang ge-
funden: Kluge (W-B. 435) und Weigand (II, 925) beharren noch immer bei der Erklärung-
Grimms; Weigand fügt allerdings hinzu: „was bedenklich ist“. Aber Jac. Grimm selbst
scheint von seiner Erklärung nicht ganz befriedigt gewesen zu sein. Er äussert nämlich
(a. a. 0. I, 8. 64) eine Vermutung, die den Kern der Sache zu treffen scheint. Er glaubt,
dass dem Worte „spurcalia“ ursprünglich eine deutsche Wurzel zu Grunde lag und dass die
Geistlichkeit diesen Namen geflissentlich mit lat. spurcus zusammenbrachte, um das Volks-
oder Opferfest als etwas Schmutziges, Unflätiges zu kennzeichnen. Diese Ansicht hat zweifel-
los etwas für sich und sie gestattet, die verschiedenen Erklärungsversuche zu vereinigen. — Die
Wortformen Spörkelsen, Sperkelsen sind Feminina, cf. ougest — ougestin. Grimm, Deutsche
Mythologie ed. E. H. Meyer, Breslau 1876, Bd. II, S. 658. Weinhold, Die deutschen Monat-
namen, S. 32.
 
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