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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 42.1913(1914)

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Bach, Adolf: Über die lateinisch-romanischen Elemente im Wortschatz der nassauischen Mundarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.55174#0099
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Über die lat.-rom. Elemente im Wortschatz der nassauischen Mundarten. 93

ganz in der Nähe ihres Gebietes lag (vgl. Kluge, Studentensprache: auf den
ersten Seiten und die Studentenromane Laukhardts). Ihren Weg zu den
Mundarten nahmen die im Folgenden angeführten Worte wohl ohne Ausnahme
über die Umgangssprache der gebildeteren Kreise.
In floribus leben (Ems) „lustig leben“. Kluge, Studentenspr. S. 38.
K. 179: habetnus m. (rhein., pfälz.) „Bausch“. Kluge ibid. 93. — K. 299:
zu Olims Zeiten (lat. olim „einst“), „vor langer Zeit“. Kluge ibid. 33. —
K. 434: vocativus > Voketives m. „Schlaukopf“; dazu das adj. vokativesig;
vgl. „Landbote“ 1909.
Auch ein häufig zur Wortbildung verwandtes Suffix, die Endung
-US > -es, entstammt der Studentensprache (Kluge ibid.S. 35): vgl. Wackus ]>
Wackes „dicker Mensch“, von „Wacke“. —Lumpus O Lumbes „Lump“ usw.
Ausserdem sind die folgenden ursprünglich studentischen Worte mit lateinischen
Endungen gebildet: K. Anhang S. 8: Buckelorum m. „Buckliger“. Kluge
ibid. S. 40; bei Grimmelshausen Buckelorium (Ilechtenberg, Fremdwort bei
Grimmelshausen. Heidelb. Diss. 1901, S. 8). — K. 308: Plapperatorium
(Caub) „Fähigkeit zu plappern“. — Verschwindibus machen (Ems) — ver-
schwinden. — K. 393: Stombax m. „steifer Kerl“ (zu stumpf). — K. 394:
Storax m. „unbeholfener Mensch“ (zu storrig, K. ebenda). — K. 331: Rollax
m. „schlechter, gerollter Tabak“ (Hadamar). — K. 357: Schmierakel m. (rhein.)
„schmieriger Dreck“. —K. 309: Plaurement n. (rhein.) „Plauderhaftigkeit“,
pfälz. Plauderment. — K. 152: gassatim, gassatum gehen, gassaten „auf
der Gasse umhergehen“. Kluge, Studentenspr. 41 ff.; Ilechtenberg S. 12;
Crecelius I, 405; Autenrieth 50.
[Der Kanzleisprache entstammen die Ableitungssilben in: K. 389:
Steigerant m. der „Steigernde“, vgl. Lieferant. Kluge, Wb. 290. — Die
Fressalien „Proviant“ (Ems, Nassau), vgl, Kluge, Wb. 406 unter Schmie-
ralien. — Vgl. hierzu auch S. 90 (-arius), 98, 99.]
Natürlich wurden derartige Wortbildungsmittel nie allein entlehnt. „Es
werden immer nur ganze Wörter entlehnt, niemals Ableitungs- und Flexions-
suffixe. Wird aber eine grössere Anzahl von Wörtern entlehnt, die das gleiche
Suffix enthalten, so schliessen sich dieselben ebenso gut zu einer Gruppe zu-
sammen, wie einheimische Wörter mit dem gleichen Suffix, und eine solche
Gruppe kann dann auch produktiv werden. Es kann sich das so aufgenommene
Suffix durch analogische Neubildung mit einheimischem Sprachgut verknüpfen.“
(Paul, Prinzipien der Sprachgeschichte, 4. Aufl. 1909, § 282, S. 399.)
§ 7. Wenn wir wie im Vorstehenden drei Schichten lateinischer Worte
unterscheiden, dürfen wir nicht vergessen, dass dieser Einteilung etwas Will-
kürliches anhaftet: in jenen drei Zeiträumen wurden lateinische Worte nur in
grösserem Masse entlehnt; es soll mit unserer Einteilung jedoch nicht gesagt
werden, dass in der Zwischenzeit überhaupt keine Entlehnungen vorgekommen
wären. Gelegenheit zur Entlehnung war immer geboten und tatsächlich erfolgte
sie auch zu allen Zeiten. Die Standessprache der Arzte und der Ge-
lehrten überhaupt, die Sprache der Kanzleien und der Kirche waren
 
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