Wie die-
selbe an-
fangs vor-
gebildet
worden.
; 16 l. Buch, allgem. Reistgesch. vm. Hauptst. von rem
Die Thalia wird zwar gemeiniglich für eine der Musen gehalten : allein es ist
nichts ungereimtes, daß eine Muse und eine Gracie einerlei) Namen sichre-
ren. Einige Poeten haben noch eine Gracie unter dem Namen Pasithea be-
rühmt gemacht -) iL).
Dieses ist das gewisseste, was uns das Merthum von der Zahl dieser
Göttinnen ausgezeichnet hinterlassen hat. Es heißt zwar , daß die Gracien
Hundertweise um die Cydippe herum geflogen ; daß, wenn Hero nur gelächelt,
man mehr als hundert derselben blos in ihren Augen wahrgenommen hätte;
und daß dem Bacchus nicht weniger als dreyhundert derselben nackgefolget
wären : allein dieses sind nur übertriebene Ausdrückungen; denn man wollte
dadurch nichts anders anzeigen, als eine Verdoppelung und auserordemlichs
Menge der Annehmlichkeiten. Einige Schriftsteller setzen die Göttin der Ue-
berredung mit in die Zahl der Gracien ^), und wollen dadurch lehren, daß
das grose Geheimniß zu überreden, in der Kunst zu rühren und zu gefallen
bestehe.
§. L?. Anfangs stellte man diese Göttinnen nur durch schlechte und un-
behauene Steine vor ; dergleichen, wie schon gemeldet worden, in den alte-
sten Zeiten alle Bildseulen waren. Hier hatten also die Gracien selbst noch
nichts annehmliches. Man gab ihnen aber gar bald eine menschliche Gestalt:
man bekleidete sie zu erst mit einem feinen und durchsichtigen Gewand, nach-
gehends stellte man sie ganz nackend vor; es ist aber unbekannt, zu wel-
cher Zeit man ihnen die Kleidung wieder abgenommen /). Man bildete sie
deßwegen nackend ab, um damit zu verstehen zu geben, daß nichts liebenswür-
diger sey, als die Natur an sich selbst. Ihre ungekünstelte um den Leib ge-
schlungene Kleidung, lehrte, daß, wenn man ja manchmal die Kunst mit der
Natur verbinden wolle, man die fremde Zierrathen nur mäsig, und ohne allen
Zwang dabey gebrauchen sollte. Man mahlte sie jung ab, weil man die An-
muthigkeiten jederzeit als eine besondere Eigenschaft der unschuldigen Jugend an-
gesehen hat. Man hielt durchgängig davor, daß sie Jungfrauen gewesen,
wiewohl Homerus eine derselben an den Gott des Schlafs , und eine andere
«n den Vulcan verheyrathet hatte. Man stellete nicht weniger diese Göt-
tinnen
12) An verschiedenen Orten in Griechen-
land hatte man vier dieser Göttinnen, wel-
che man mtt den vier Jahrszeiten verwech-
selte. Man stellete deßwegen die erste mit
Blumen gekrönet, vor; die zweyte mit Ach,
ren; die dritte mit Weinreben oder Trauben,
und die vierte mit einem Oel- oder sonst ei-
nem Zweig von solchen Baumen, die bis in
den Winter grün bleiben. Aus eben dieser
Ursache, sah man den Apollo in der rechten
Hand kleine Bilder der vier Gracien hal-
ten.
-) Iliaä, lüb. 14- Dlledaiä. ä) in Ueeot.
Uib. 2, /) los. eir.
selbe an-
fangs vor-
gebildet
worden.
; 16 l. Buch, allgem. Reistgesch. vm. Hauptst. von rem
Die Thalia wird zwar gemeiniglich für eine der Musen gehalten : allein es ist
nichts ungereimtes, daß eine Muse und eine Gracie einerlei) Namen sichre-
ren. Einige Poeten haben noch eine Gracie unter dem Namen Pasithea be-
rühmt gemacht -) iL).
Dieses ist das gewisseste, was uns das Merthum von der Zahl dieser
Göttinnen ausgezeichnet hinterlassen hat. Es heißt zwar , daß die Gracien
Hundertweise um die Cydippe herum geflogen ; daß, wenn Hero nur gelächelt,
man mehr als hundert derselben blos in ihren Augen wahrgenommen hätte;
und daß dem Bacchus nicht weniger als dreyhundert derselben nackgefolget
wären : allein dieses sind nur übertriebene Ausdrückungen; denn man wollte
dadurch nichts anders anzeigen, als eine Verdoppelung und auserordemlichs
Menge der Annehmlichkeiten. Einige Schriftsteller setzen die Göttin der Ue-
berredung mit in die Zahl der Gracien ^), und wollen dadurch lehren, daß
das grose Geheimniß zu überreden, in der Kunst zu rühren und zu gefallen
bestehe.
§. L?. Anfangs stellte man diese Göttinnen nur durch schlechte und un-
behauene Steine vor ; dergleichen, wie schon gemeldet worden, in den alte-
sten Zeiten alle Bildseulen waren. Hier hatten also die Gracien selbst noch
nichts annehmliches. Man gab ihnen aber gar bald eine menschliche Gestalt:
man bekleidete sie zu erst mit einem feinen und durchsichtigen Gewand, nach-
gehends stellte man sie ganz nackend vor; es ist aber unbekannt, zu wel-
cher Zeit man ihnen die Kleidung wieder abgenommen /). Man bildete sie
deßwegen nackend ab, um damit zu verstehen zu geben, daß nichts liebenswür-
diger sey, als die Natur an sich selbst. Ihre ungekünstelte um den Leib ge-
schlungene Kleidung, lehrte, daß, wenn man ja manchmal die Kunst mit der
Natur verbinden wolle, man die fremde Zierrathen nur mäsig, und ohne allen
Zwang dabey gebrauchen sollte. Man mahlte sie jung ab, weil man die An-
muthigkeiten jederzeit als eine besondere Eigenschaft der unschuldigen Jugend an-
gesehen hat. Man hielt durchgängig davor, daß sie Jungfrauen gewesen,
wiewohl Homerus eine derselben an den Gott des Schlafs , und eine andere
«n den Vulcan verheyrathet hatte. Man stellete nicht weniger diese Göt-
tinnen
12) An verschiedenen Orten in Griechen-
land hatte man vier dieser Göttinnen, wel-
che man mtt den vier Jahrszeiten verwech-
selte. Man stellete deßwegen die erste mit
Blumen gekrönet, vor; die zweyte mit Ach,
ren; die dritte mit Weinreben oder Trauben,
und die vierte mit einem Oel- oder sonst ei-
nem Zweig von solchen Baumen, die bis in
den Winter grün bleiben. Aus eben dieser
Ursache, sah man den Apollo in der rechten
Hand kleine Bilder der vier Gracien hal-
ten.
-) Iliaä, lüb. 14- Dlledaiä. ä) in Ueeot.
Uib. 2, /) los. eir.