DIE KURPFALZ IM ZEICHEN DER FRANZÖSISCHEN REVOLUTION
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pfälzische Neutralität wurde 1793 ein geflügeltes Wort, so daß Cotta für die Schrift Kor-
respondenz zwischen Franz von Habsburg und August Schlettwein und Friedrich Cotta<
als fingierten Verlag notierte Mannheim in der Neutralitätsbuchhandlung™.
Wurmser ging dann Ende März bei Ketsch über den Rhein. Preußische Truppen setz-
ten bei Oppenheim über; die bislang von französischen Truppen besetzten Gebiete
gelangten außer der eingeschlossenen Festung Mainz rasch in die Hände der Koalitionsar-
meen. Die Einnahme der lange belagerten Festung Mainz am 23. Juli 1793 hat scheinbar
wieder die alten Verhältnisse hergestellt. Die Verfolgung der Patrioten, wie die deutschen
Revolutionsanhänger damals auch genannt wurden, erfaßte ebenfalls die Kurpfalz. Das
Mannheimer Zuchthaus war im Herbst 1793 zu klein, um die mit dem Freiheitsschwindel
angesteckten Pfälzer unterzubringen. Andere Patrioten saßen in der Festung Dilsberg.
Dabei scheinen die inneren kurpfälzischen Verhältnisse bewirkt zu haben, daß die von
der Verwaltung benachteiligten Protestanten den Patrioten näherstanden als die Katholi-
ken80 81.
Im Pariser Konvent wurde am 15. September 1793 beschlossen, an Stelle von Befrei-
ungskriegen Eroberungskriege zu führen, das heißt im eroberten feindlichen Gebiet alle
brauchbaren Güter zu konfiszieren82. Zwar betraf diese Entscheidung momentan nicht
den kurpfälzischen Raum, aber trotz des preußischen Sieges bei Kaiserslautern im
Dezember kamen um die Wende 1793/94 die Revolutionsheere ins Linksrheinische
zurück. Und nun gab es seitens der Franzosen keine Rücksicht mehr auf eine kurpfälzi-
sche Neutralität. Die Gebiete wurden entsprechend der im September erstellten Maxime
»gleichmäßig« behandelt, das heißt im Plünderwinter waren alle Bewohner der linken
Rheinseite gleichermaßen den französischen Exzessen ausgeliefert. Darüber haben mehrere
Zeitgenossen83 sowie die Historiker Remling und Springer84 ausführlich berichtet, und
auch in der Weinbaugeschichte von Bassermann-Jordan finden sich eindrucksvolle Zeug-
nisse zu diesem Problem85, so daß hier die Sache nur noch im großen Zusammenhang
angesprochen werden soll. Sicher ist, daß in Neustadt der Kommissar Rougemaitre ein
Schreckensregiment geführt hat - Girtanner nennt ihn einen Kommissar der Hölle. Über
die Exzesse dieses Rougemaitre gibt es auch zeitgenössisches Bildmaterial86.
Während Custine im Herbst 1792 weitgehend noch über Linientruppen verfügte, die
in Disziplin gehalten werden konnten, handelte es sich jetzt vielfach um Freiwillige, bei
denen kaum Disziplin herrschte87. General Hoche zum Beispiel ließ 2000 Wagen
80 Scheel (wie Anm. 4) 1, S. 671.
81 Dumont (wie Anm. 44) S. 467, Anm. 33, sowie Schneider (wie Anm. 5) S. 125f., 140f.
82 Hansen (wie Anm. 8) 2, S. 904. R. Merlin, Merlin de Thionville, 2Bde., Paris 1927, 2, S. 595.
83 A. W. Iffland, Briefe an seine Schwester, 1, Berlin 1905, S. 50f.; Ch. Girtanner, Die Franzo-
sen am Rheinstrom, o. O. 1795, S. 160ff.; G. Biundo (Hg.), Ph. C. Heintz, Kriegstagebuch aus
dem französischen Revolutionskrieg 1792-1800, Pirmasens 1928, S. 15-34; G. Vogelsang,
Tagebuch 1794, in: Leininger GBl 1910; Hansen (wie Anm. 8) 3, S. 9, 14.
84 Remling (wie Anm. 1); Springer (wie Anm. 1) S. 61. Siehe auch H. G. Haasis, Morgenröte der
Republik. Die linksrheinischen deutschen Demokraten 1789-1849, Frankfurt 1984, S. 101-105.
85 F. von Bassermann-Jordan, Geschichte des Weinbaus, Frankfurt 1923, S. 503 ff.
86 Girtanner (wie Anm. 83) S. 237; Dufraisse (wie Anm. 69) S. 225. Siehe auch Schneider (wie
Anm. 5) S. 170-176 (mit Abbildungen).
87 E. C. d’Ornano, Hoche, sa vie, sa correspondance, Paris 1892, S. 87.
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pfälzische Neutralität wurde 1793 ein geflügeltes Wort, so daß Cotta für die Schrift Kor-
respondenz zwischen Franz von Habsburg und August Schlettwein und Friedrich Cotta<
als fingierten Verlag notierte Mannheim in der Neutralitätsbuchhandlung™.
Wurmser ging dann Ende März bei Ketsch über den Rhein. Preußische Truppen setz-
ten bei Oppenheim über; die bislang von französischen Truppen besetzten Gebiete
gelangten außer der eingeschlossenen Festung Mainz rasch in die Hände der Koalitionsar-
meen. Die Einnahme der lange belagerten Festung Mainz am 23. Juli 1793 hat scheinbar
wieder die alten Verhältnisse hergestellt. Die Verfolgung der Patrioten, wie die deutschen
Revolutionsanhänger damals auch genannt wurden, erfaßte ebenfalls die Kurpfalz. Das
Mannheimer Zuchthaus war im Herbst 1793 zu klein, um die mit dem Freiheitsschwindel
angesteckten Pfälzer unterzubringen. Andere Patrioten saßen in der Festung Dilsberg.
Dabei scheinen die inneren kurpfälzischen Verhältnisse bewirkt zu haben, daß die von
der Verwaltung benachteiligten Protestanten den Patrioten näherstanden als die Katholi-
ken80 81.
Im Pariser Konvent wurde am 15. September 1793 beschlossen, an Stelle von Befrei-
ungskriegen Eroberungskriege zu führen, das heißt im eroberten feindlichen Gebiet alle
brauchbaren Güter zu konfiszieren82. Zwar betraf diese Entscheidung momentan nicht
den kurpfälzischen Raum, aber trotz des preußischen Sieges bei Kaiserslautern im
Dezember kamen um die Wende 1793/94 die Revolutionsheere ins Linksrheinische
zurück. Und nun gab es seitens der Franzosen keine Rücksicht mehr auf eine kurpfälzi-
sche Neutralität. Die Gebiete wurden entsprechend der im September erstellten Maxime
»gleichmäßig« behandelt, das heißt im Plünderwinter waren alle Bewohner der linken
Rheinseite gleichermaßen den französischen Exzessen ausgeliefert. Darüber haben mehrere
Zeitgenossen83 sowie die Historiker Remling und Springer84 ausführlich berichtet, und
auch in der Weinbaugeschichte von Bassermann-Jordan finden sich eindrucksvolle Zeug-
nisse zu diesem Problem85, so daß hier die Sache nur noch im großen Zusammenhang
angesprochen werden soll. Sicher ist, daß in Neustadt der Kommissar Rougemaitre ein
Schreckensregiment geführt hat - Girtanner nennt ihn einen Kommissar der Hölle. Über
die Exzesse dieses Rougemaitre gibt es auch zeitgenössisches Bildmaterial86.
Während Custine im Herbst 1792 weitgehend noch über Linientruppen verfügte, die
in Disziplin gehalten werden konnten, handelte es sich jetzt vielfach um Freiwillige, bei
denen kaum Disziplin herrschte87. General Hoche zum Beispiel ließ 2000 Wagen
80 Scheel (wie Anm. 4) 1, S. 671.
81 Dumont (wie Anm. 44) S. 467, Anm. 33, sowie Schneider (wie Anm. 5) S. 125f., 140f.
82 Hansen (wie Anm. 8) 2, S. 904. R. Merlin, Merlin de Thionville, 2Bde., Paris 1927, 2, S. 595.
83 A. W. Iffland, Briefe an seine Schwester, 1, Berlin 1905, S. 50f.; Ch. Girtanner, Die Franzo-
sen am Rheinstrom, o. O. 1795, S. 160ff.; G. Biundo (Hg.), Ph. C. Heintz, Kriegstagebuch aus
dem französischen Revolutionskrieg 1792-1800, Pirmasens 1928, S. 15-34; G. Vogelsang,
Tagebuch 1794, in: Leininger GBl 1910; Hansen (wie Anm. 8) 3, S. 9, 14.
84 Remling (wie Anm. 1); Springer (wie Anm. 1) S. 61. Siehe auch H. G. Haasis, Morgenröte der
Republik. Die linksrheinischen deutschen Demokraten 1789-1849, Frankfurt 1984, S. 101-105.
85 F. von Bassermann-Jordan, Geschichte des Weinbaus, Frankfurt 1923, S. 503 ff.
86 Girtanner (wie Anm. 83) S. 237; Dufraisse (wie Anm. 69) S. 225. Siehe auch Schneider (wie
Anm. 5) S. 170-176 (mit Abbildungen).
87 E. C. d’Ornano, Hoche, sa vie, sa correspondance, Paris 1892, S. 87.