»... ä l’exception du Prince de Loewenstein-Wertheim...«
Konfrontation eines mindermächtigen Reichsstandes
mit der Französischen Revolution
VON VOLKER RÖDEL
Über der Fülle von Studien zum deutsch-französischen Verhältnis während der Revolutions-
zeit, zu tatsächlichen, nicht selten aber auch nur vermeintlichen Einwirkungen der neuen
Ideen und daraus abgeleiteten politischen Verhaltensmustern wurde bisher, wenn nicht
übersehen, so doch in der Forschung unberücksichtigt gelassen, daß es einen Reichsstand
gegeben hat, dessen weitgestreuter Besitz und dessen politische Interessenlage am Vorabend
der Revolution ihn zwangen, deutsche und französische Verhältnisse gleichermaßen zu
berücksichtigen. An seinem Beispiel sollten' mithin die jeweils einseitigen deutschen oder
französischen Sehweisen der Forschung überspielbar sein. Es handelt sich um den Fürsten zu
Löwenstein-Wertheim-Rochefort.
Der Abstammung des Hauses Löwenstein1 von Kurfürst Friedrich dem Siegreichen von
der Pfalz (1425-1476) aus dessen Verbindung mit Klara Dett entsprang ein seither nie
erloschenes dynastisches Anspruchsdenken, das bei den verschiedenen Wittelsbacher Erbfäl-
len als Diversionspotential zur Verfügung stand, aber nie hatte recht zum Einsatz gebracht
werden können. Ursprünglich ausgestattet mit der von Kurpfalz lehnrührigen Herrschaft
Scharfeneck2 und der Grafschaft Löwenstein3, erlangte das Haus eine reichsunmittelbare
Stellung erst durch den Erwerb der Grafschaft Wertheim4, die nach dem Tod des letzten
Grafen 1556 über dessen Schwiegervater, Graf Ludwig von Stolberg, von dessen jüngstem
(postumen) Schwager, Graf Ludwig III. von Löwenstein, hatte - freilich beträchtlich verklei-
nert - behauptet werden können. Aus der Erbteilung in der nächsten Generation gingen
schließlich die ältere, evangelisch gebliebene Linie Löwenstein-Wertheim-Virneburg und die
jüngere, seit 1621 katholische Linie Löwenstein-Wertheim-Rochefort hervor, beide zube-
nannt nach linksrheinisch gelegenen Grafschaften, deren Anfall das Haus Stolberg direkt oder
indirekt vermittelt hatte.
Von den in den Ardennen gelegenen Besitzungen - ursprünglich Lehen der Grafschaft
Luxemburg und des Hochstifts Lüttich - mit dem Schwerpunkt in der Grafschaft Roche-
1 H.Ehmer, Artikel Löwenstein, Grafen und Fürsten zu, in: NDB 15 (1987) S. 96-98.
2 Ein ursprünglich reichsministerialisches Kleinterritorium des Trifels-Umkreises um die Burg
(Neu-)Scharfeneck nordwestlich Landau in der Pfalz, das die Pfalzgrafen hatten an sich bringen
können.
3 Östlich Heilbronn; 1505 hatte die Lehenshoheit des Herzogs von Württemberg über die
Grafschaft hingenommen werden müssen.
4 Dazu jetzt H.Ehmer, Geschichte der Grafschaft Wertheim, Wertheim 1989.
Konfrontation eines mindermächtigen Reichsstandes
mit der Französischen Revolution
VON VOLKER RÖDEL
Über der Fülle von Studien zum deutsch-französischen Verhältnis während der Revolutions-
zeit, zu tatsächlichen, nicht selten aber auch nur vermeintlichen Einwirkungen der neuen
Ideen und daraus abgeleiteten politischen Verhaltensmustern wurde bisher, wenn nicht
übersehen, so doch in der Forschung unberücksichtigt gelassen, daß es einen Reichsstand
gegeben hat, dessen weitgestreuter Besitz und dessen politische Interessenlage am Vorabend
der Revolution ihn zwangen, deutsche und französische Verhältnisse gleichermaßen zu
berücksichtigen. An seinem Beispiel sollten' mithin die jeweils einseitigen deutschen oder
französischen Sehweisen der Forschung überspielbar sein. Es handelt sich um den Fürsten zu
Löwenstein-Wertheim-Rochefort.
Der Abstammung des Hauses Löwenstein1 von Kurfürst Friedrich dem Siegreichen von
der Pfalz (1425-1476) aus dessen Verbindung mit Klara Dett entsprang ein seither nie
erloschenes dynastisches Anspruchsdenken, das bei den verschiedenen Wittelsbacher Erbfäl-
len als Diversionspotential zur Verfügung stand, aber nie hatte recht zum Einsatz gebracht
werden können. Ursprünglich ausgestattet mit der von Kurpfalz lehnrührigen Herrschaft
Scharfeneck2 und der Grafschaft Löwenstein3, erlangte das Haus eine reichsunmittelbare
Stellung erst durch den Erwerb der Grafschaft Wertheim4, die nach dem Tod des letzten
Grafen 1556 über dessen Schwiegervater, Graf Ludwig von Stolberg, von dessen jüngstem
(postumen) Schwager, Graf Ludwig III. von Löwenstein, hatte - freilich beträchtlich verklei-
nert - behauptet werden können. Aus der Erbteilung in der nächsten Generation gingen
schließlich die ältere, evangelisch gebliebene Linie Löwenstein-Wertheim-Virneburg und die
jüngere, seit 1621 katholische Linie Löwenstein-Wertheim-Rochefort hervor, beide zube-
nannt nach linksrheinisch gelegenen Grafschaften, deren Anfall das Haus Stolberg direkt oder
indirekt vermittelt hatte.
Von den in den Ardennen gelegenen Besitzungen - ursprünglich Lehen der Grafschaft
Luxemburg und des Hochstifts Lüttich - mit dem Schwerpunkt in der Grafschaft Roche-
1 H.Ehmer, Artikel Löwenstein, Grafen und Fürsten zu, in: NDB 15 (1987) S. 96-98.
2 Ein ursprünglich reichsministerialisches Kleinterritorium des Trifels-Umkreises um die Burg
(Neu-)Scharfeneck nordwestlich Landau in der Pfalz, das die Pfalzgrafen hatten an sich bringen
können.
3 Östlich Heilbronn; 1505 hatte die Lehenshoheit des Herzogs von Württemberg über die
Grafschaft hingenommen werden müssen.
4 Dazu jetzt H.Ehmer, Geschichte der Grafschaft Wertheim, Wertheim 1989.