DOI Kapitel:
Dumont, Franz: Von Mainz nach Hambach? Kontinuität und Wandel im Lebensweg rheinischer und pfälzischer Jakobiner
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.52727#0212
206
FRANZ DUMONT
Vormärz. Ganz bewußt wurde die durch Walter Grab geprägte Formulierung »von Mainz
nach Hambach«3 hier mit einem Fragezeichen versehen - nicht, um sie von vorneherein
negativ zu beantworten, sondern um sie einmal daraufhin zu überprüfen, ob die meisten der in
»Mainz« 1792 eingeschlagenen Wege auch im »Hambach« von 1832 endeten oder wenigstens
dorthin führten. Fragezeichen könnte man auch hinter den Begriff »Jakobiner«4 setzen, doch
scheint er mir gerade für die Pfalz und Rheinhessen sinnvoll, denn hier gab es tatsächlich
Deutsche, die sich nicht nur an der »Zweiten Französischen Revolution« vom August 1792,
sondern auch (in Organisation und Ideologie) ganz eng an den Pariser Jakobinern orientierten
und viel von deren revolutionär-rigoristischen Elementen übernahmen. Als »Jakobiner« sind
hier freilich auch jene Deutschen gemeint, die sich bis Anfang 1798 in die Dienste Frankreichs
stellten, um damit die Realisierung der Revolution am Rhein mitzutragen.
II
Wenden wir uns nun zuerst den wichtigsten Etappen des Weges von »Mainz nach Hambach«
zu. Schon diese Formel zeigt, daß für die (südlichen) Rheinlande nicht 1789, sondern 1792 das
entscheidende Epochenjahr im Revolutionszeitalter wurde. Denn erst nach drei Jahren
indirekter Beeinflussung (Propaganda, Emigranten, Unruhen, Elsässische Frage) griff die
Französische Revolution direkt an den Rhein aus. Für uns sind deshalb die sechs beziehungs-
weise neun Monate der Mainzer Republik mit ihrer Verbindung französischer Okkupation
und ideologischer Durchdringung der Ausgangspunkt5. Die starke politische Komponente
trat jedoch seit Frühjahr 1793 bis Ende 1797, also vier Jahre lang, hinter der militärischen
zurück, ein Geschehen, das im »Plünderwinter« von 1793/94 und in den Kämpfen um Mainz
3 W. Grab, Von Mainz nach Hambach. Zur Kontinuität revolutionärer Bewegungen und ihrer
Repression 1792-1832, in: Deutschland in der Weltpolitik des 19. und 20.Jahrhunderts. Fritz
Fischer zum 65. Geburtstag, hg. von J. Geiss und B. J. Wendt, Düsseldorf 1973, S. 50-69. Vgl. auch
K. Baumann, Die Kontinuität der revolutionären Bewegung in der Pfalz von 1792 bis 1849, in:
GeschichtlLdKde 1, Wiesbaden 1964, S. 1-19.
4 W. Grab, Zur Definition des mitteleuropäischen Jakobinismus (mit Diskussionsbericht von
M. Wölk), in: Die demokratische Bewegung in Mitteleuropa im ausgehenden 18. und frühen
19. Jahrhundert, hg. von O. Büsch und W. Grab, Berlin (West) 1980, S. 3-39; W. Kreutz, Von der
»deutschen« zur »europäischen« Perspektive. Neuerscheinungen zu den Auswirkungen der Fran-
zösischen Revolution in Deutschland und der Habsburger Monarchie, in: Neue Politische Litera-
tur31/3 (1986) S. 415-441; H. Reinalter, Der Jakobinismus in Mitteleuropa. Eine Einführung,
Stuttgart, Berlin (West), Köln und Mainz 1981, S. 17-26; M. Kossok, Der Begriff des Jakobinis-
mus - Wesen und Erscheinungsformen, in: H. Reinalter (Hg.), Die demokratische Bewegung in
Mitteleuropa von der Spätaufklärung bis zur Revolution 1848/49, Innsbruck 1988, S. 54-64.
5 H. Scheel, Die Mainzer Republik. 3Bde. 1: Protokolle des Jakobinerklubs; 2: Protokolle des
Rheinisch-deutschen Nationalkonvents mit Quellen zu seiner Vorgeschichte. 3: Die erste bürger-
lich-demokratische Republik auf deutschem Boden (Darstellung und Einzelstudien), Berlin (Ost)
1975, 1981, 1989; K. Tervooren, Die Mainzer Republik 1792/93. Bedingungen, Leistungen und
Grenzen eines bürgerlich-demokratischen Experiments in Deutschland. Frankfurt am Main/Bern
1982; F. Dumont, Die Mainzer Republik von 1792/93. Studien zur Revolutionierung in Rheinhes-
sen und der Pfalz (AlzeyGBll, Sonderheft 9), Alzey 1982, 2. Aufl. 1991.
FRANZ DUMONT
Vormärz. Ganz bewußt wurde die durch Walter Grab geprägte Formulierung »von Mainz
nach Hambach«3 hier mit einem Fragezeichen versehen - nicht, um sie von vorneherein
negativ zu beantworten, sondern um sie einmal daraufhin zu überprüfen, ob die meisten der in
»Mainz« 1792 eingeschlagenen Wege auch im »Hambach« von 1832 endeten oder wenigstens
dorthin führten. Fragezeichen könnte man auch hinter den Begriff »Jakobiner«4 setzen, doch
scheint er mir gerade für die Pfalz und Rheinhessen sinnvoll, denn hier gab es tatsächlich
Deutsche, die sich nicht nur an der »Zweiten Französischen Revolution« vom August 1792,
sondern auch (in Organisation und Ideologie) ganz eng an den Pariser Jakobinern orientierten
und viel von deren revolutionär-rigoristischen Elementen übernahmen. Als »Jakobiner« sind
hier freilich auch jene Deutschen gemeint, die sich bis Anfang 1798 in die Dienste Frankreichs
stellten, um damit die Realisierung der Revolution am Rhein mitzutragen.
II
Wenden wir uns nun zuerst den wichtigsten Etappen des Weges von »Mainz nach Hambach«
zu. Schon diese Formel zeigt, daß für die (südlichen) Rheinlande nicht 1789, sondern 1792 das
entscheidende Epochenjahr im Revolutionszeitalter wurde. Denn erst nach drei Jahren
indirekter Beeinflussung (Propaganda, Emigranten, Unruhen, Elsässische Frage) griff die
Französische Revolution direkt an den Rhein aus. Für uns sind deshalb die sechs beziehungs-
weise neun Monate der Mainzer Republik mit ihrer Verbindung französischer Okkupation
und ideologischer Durchdringung der Ausgangspunkt5. Die starke politische Komponente
trat jedoch seit Frühjahr 1793 bis Ende 1797, also vier Jahre lang, hinter der militärischen
zurück, ein Geschehen, das im »Plünderwinter« von 1793/94 und in den Kämpfen um Mainz
3 W. Grab, Von Mainz nach Hambach. Zur Kontinuität revolutionärer Bewegungen und ihrer
Repression 1792-1832, in: Deutschland in der Weltpolitik des 19. und 20.Jahrhunderts. Fritz
Fischer zum 65. Geburtstag, hg. von J. Geiss und B. J. Wendt, Düsseldorf 1973, S. 50-69. Vgl. auch
K. Baumann, Die Kontinuität der revolutionären Bewegung in der Pfalz von 1792 bis 1849, in:
GeschichtlLdKde 1, Wiesbaden 1964, S. 1-19.
4 W. Grab, Zur Definition des mitteleuropäischen Jakobinismus (mit Diskussionsbericht von
M. Wölk), in: Die demokratische Bewegung in Mitteleuropa im ausgehenden 18. und frühen
19. Jahrhundert, hg. von O. Büsch und W. Grab, Berlin (West) 1980, S. 3-39; W. Kreutz, Von der
»deutschen« zur »europäischen« Perspektive. Neuerscheinungen zu den Auswirkungen der Fran-
zösischen Revolution in Deutschland und der Habsburger Monarchie, in: Neue Politische Litera-
tur31/3 (1986) S. 415-441; H. Reinalter, Der Jakobinismus in Mitteleuropa. Eine Einführung,
Stuttgart, Berlin (West), Köln und Mainz 1981, S. 17-26; M. Kossok, Der Begriff des Jakobinis-
mus - Wesen und Erscheinungsformen, in: H. Reinalter (Hg.), Die demokratische Bewegung in
Mitteleuropa von der Spätaufklärung bis zur Revolution 1848/49, Innsbruck 1988, S. 54-64.
5 H. Scheel, Die Mainzer Republik. 3Bde. 1: Protokolle des Jakobinerklubs; 2: Protokolle des
Rheinisch-deutschen Nationalkonvents mit Quellen zu seiner Vorgeschichte. 3: Die erste bürger-
lich-demokratische Republik auf deutschem Boden (Darstellung und Einzelstudien), Berlin (Ost)
1975, 1981, 1989; K. Tervooren, Die Mainzer Republik 1792/93. Bedingungen, Leistungen und
Grenzen eines bürgerlich-demokratischen Experiments in Deutschland. Frankfurt am Main/Bern
1982; F. Dumont, Die Mainzer Republik von 1792/93. Studien zur Revolutionierung in Rheinhes-
sen und der Pfalz (AlzeyGBll, Sonderheft 9), Alzey 1982, 2. Aufl. 1991.