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Rödel, Volker [Hrsg.]
Die Französische Revolution und die Oberrheinlande: (1789 - 1798) — Oberrheinische Studien, Band 9: Sigmaringen: Thorbecke, 1991

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Dumont, Franz: Von Mainz nach Hambach? Kontinuität und Wandel im Lebensweg rheinischer und pfälzischer Jakobiner
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https://doi.org/10.11588/diglit.52727#0218

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FRANZ DUMONT

fehlen sie unter den Höchstbesteuerten des Departements fast ganz. Jedoch kann man unter
den 64 von Dufraisse erfaßten grands notables du departement du Mont-Tonnerre immer noch
16 »Jakobiner« ausmachen, was diese freilich meist ihrer administrativen Spitzenstellung zu
verdanken hatten26. Immer mehr in den Vordergrund traten aber jene Großbürger, die dann
unter bayerischer und hessischer Herrschaft in Mainz, Kaiserslautern oder Speyer, natürlich
auch bei Initiativen in München oder Darmstadt den Ton angaben.
4. Die Justiz gilt als das »Kernstück« der rheinischen Institutionen, und der Anteil der
Advokaten an den »Hambachern« wurde schon 1832 sehr hoch eingeschätzt. Tatsächlich war
das Rechtswesen jener Bereich, in dem es die größte personelle Kontinuität zwischen »Mainz«
und »Hambach« gab. Rebmanns Übernahme in die bayerische Justiz27 ist wohl der spektaku-
lärste Fall, aber sicher nur die Spitze eines Eisbergs. Denn besonders bei den mittleren und
unteren Chargen, vor allem bei der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wird deutlich, wie breit die
Gruppe der »Jakobiner« war. Bei den Notariaten und Friedensgerichten bevorzugten die
Franzosen nämlich 1798 ganz eindeutig solche Männer, die sich bisher irgendwie für die
Revolution engagiert hatten. Eine billige Versorgungsmöglichkeit gewiß, doch ist auffallend,
daß in Rudlers Vorschlagslisten die fachliche Qualifikation (bon instruit) meist hinter der
politischen (patriote pur) rangierte28. Auffallend viele Mitglieder des Mainzer, Wormser oder
Speyerer Jakobinerklubs wurden 1798/99 Notare oder Friedensrichter - und blieben es
während der ganzen Franzosenzeit. Ein zweiter Schub von ihnen kam 1800 in die Justiz des
Departements, als das zwei Jahre vorher eingeführte Amt des Regierungskommissars bei den
Kantonsverwaltungen abgeschafft wurde und seine Inhaber versorgt werden mußten: Das
waren meist Patrioten, die als Kommissare den Vollzug der gouvernementalen Revolution vor
Ort zu überwachen hatten29. Als ordentliche Richter, als Notare oder Friedensrichter
desgleichen der Kaiserslauterer Unternehmer Franz Daniel Karcher (1759-1818) sowie der pfälzi-
sche Industrielle Ludwig von Gienanth (1767-1848).
26 Dies waren: Rudolph Eickemeyer, Anton Gugel, Philipp Jakob Heimberger, Friedrich Lehne,
Franz Konrad Macke, Johann Dominik Meuth, Ludwig Meyenfeld, August Moßdorff, Karl
Ludwig Petersen, Georg Jakob Retzer, Joseph Schlemmer, Peter Nikolaus Theyer und Konrad von
Winkelmann; vgl. Dufraisse, Notables (wie Anm. 19) passim.
27 K. G. Faber, Die Übernahme von A. G. F. Rebmann in den bayerischen Dienst. Ein Beitrag zur
Geschichte der bayerischen Personalpolitik in der Pfalz 1814-1816, in: MittHistVPfalz 53 (1958)
S. 137-157; vgl. K.G. Faber, Johann Andreas Georg Friedrich Rebmann, in: K. Baumann (Hg.),
Pfälzer Lebensbilder 1, Speyer 1964, S. 191-217; Haan, Kontinuität (wie Anm. 12) S. 301 f.;
R. Kawa, Georg Friedrich Rebmann (1768-1824). Studien zu Leben und Werk eines deutschen
Jakobiners, Bonn 1980, S. 412-416. In einem Nachruf auf Rebmann hieß es später: Der eifrige
Republikaner Rebmann ist als Herr von Rebmann gestorben; allein Rebmann war darum doch stets
der Alte geblieben, indem seine Grundsätze der Art waren, daß keine Regierungsform ihrer
Befolgung im Wege stand, und er nie den Wahlspruch vergaß, Nichts zu sagen, was er nicht dachte,
aber auch nicht alles zu sagen, was er dachte. (Knapp, Andreas Georg Friedrich von Rebmann
*23.11.1768, f 16.9.1824, in: F.A. Schmidt (Hg.), Neuer Nekrolog der Deutschen2, 1824,
2. Heft, Ilmenau 1826, S. 885-900, hier S. 900).
28 Vgl. Hansen (wie Anm. 8) S. 550f.; W. Weisweiler, Geschichte des rheinpreußischen Notaria-
tes!: Die französische Zeit, Essen 1916, S. 88-106.
29 Laut dem Etat des Services... (Stadtarchiv Mainz, 60) waren 1800 im Donnersbergdepartement
noch folgende Jakobiner als Regierungskommissare bei den Kantonsverwaltungen bzw. den
Gerichten tätig: Ph. J. Heimberger (Mainz), Hermann Josef Faber (Bingen), Mathias Joseph Hagen
 
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