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Der sogenannte Altar des Cn. Domitius Ahenobarbus.
Furtwängler hat durch die glückliche Vereinigung- des Münchner Poseidon-
frieses mit dem Suovetauriliarelief im Louvre1) ein Monument wiederhergestellt,
das dank der Möglichkeit einer genauen Datierung an das Ende der dreißiger
Jahre des letzten vorchristlichen Jahrhunderts bereits ein fester Baustein in der
Geschichte der griechisch-römischen Kunst geworden ist. Es gilt als Werk des
ausgehenden Hellenismus, an der Schwelle der augusteischen Kunst stehend,
zu der von ihm aus schon eine Brücke geschlagen ist durch das Nebeneinander
mythisch-allegorischer und historischer Szenen, das in gleicher Weise, das heißt
in reinlicher architektonischer Scheidung, bald darauf an der Ara Pacis wiederkehrt.
Immer stark betont wird neuerdings sehr mit Recht an den Domitiusreliefs
die flaue, unfeine Ausführung, die Furtwängfler sogar roh nennt2), daneben aber
auch das große dekorative Geschick und die Lebendigkeit in der Anordnung, vor
allem in der historischen Szene, die nicht wie die mythische mit überkommenen
festen Typen arbeitet. Denn daß solche in den Figuren der Tritonen und Nereiden
mit ihren Seetieren vorliegen, ist v. Wahl3) und Furtwängler4) unbedenklich
zuzugeben, trotz des Widerspruches von Klein5), der merkwürdigerweise hier
keine klassizistischen Einflüsse wahr haben will, sondern, mir nicht verständlich,
„den Stil der vollendetsten antiken Barocke“ in dem Poseidonfries erkennt. Dem-
gegenüber möchte ich auf die enge stilistische Verwandtschaft dieser Meerwesen
mit Relieffiguren neuattischer Marmorvasen hinweisen. Ein besonders gutes Ver-
gleichsbeispiel ist der borghesische Krater im Louvre0) (Fig. 54 u. 55), der in den
Köpfen der Satyrn und Mänaden, in den Gewändern der letzteren und in den
Körperdrehungen der einzelnen Figuren die genauesten Analogien zu dem Münchner
Fries liefert, nur daß die Ausführung an dem Luxusgefäß eine bedeutend feinere
ist. Aber auch das Dekorationsprinzip der Figurenanordnung ist das gleiche, Auf-
lösung des ganzen Friesthemas in geschlossene Einzelgruppen, ein Hauptreiz der
römischen Opferszene, wie des bacchischen Thiasos auf dem Pariser Krater.
Das Aufreihen von Gruppen bildet ein Hauptcharakteristikum der von
Hauser aufgestellten zweiten neuattischen Reliefgattung, bei deren Beurteilung
x) Intermezzi 35 ff. s) Griech. Kunstgesch. III 355.
2) Beschreibung der Glyptothek 239. 6) Clarac 131, 143; Hauser, Neuattische Reliefs
3) Quomodo monstra marina artifices Graeci 84. In unserer Abbildung wiedergegeben nach den
finxerint. Bonn 1896. neuen Photographien von Alinari. Sehr gute Detail-
4) A. a. O. S. 240; 2. Aufl. S. 251. aufnahmen der einzelnen Figuren bei Giraudon.
Der sogenannte Altar des Cn. Domitius Ahenobarbus.
Furtwängler hat durch die glückliche Vereinigung- des Münchner Poseidon-
frieses mit dem Suovetauriliarelief im Louvre1) ein Monument wiederhergestellt,
das dank der Möglichkeit einer genauen Datierung an das Ende der dreißiger
Jahre des letzten vorchristlichen Jahrhunderts bereits ein fester Baustein in der
Geschichte der griechisch-römischen Kunst geworden ist. Es gilt als Werk des
ausgehenden Hellenismus, an der Schwelle der augusteischen Kunst stehend,
zu der von ihm aus schon eine Brücke geschlagen ist durch das Nebeneinander
mythisch-allegorischer und historischer Szenen, das in gleicher Weise, das heißt
in reinlicher architektonischer Scheidung, bald darauf an der Ara Pacis wiederkehrt.
Immer stark betont wird neuerdings sehr mit Recht an den Domitiusreliefs
die flaue, unfeine Ausführung, die Furtwängfler sogar roh nennt2), daneben aber
auch das große dekorative Geschick und die Lebendigkeit in der Anordnung, vor
allem in der historischen Szene, die nicht wie die mythische mit überkommenen
festen Typen arbeitet. Denn daß solche in den Figuren der Tritonen und Nereiden
mit ihren Seetieren vorliegen, ist v. Wahl3) und Furtwängler4) unbedenklich
zuzugeben, trotz des Widerspruches von Klein5), der merkwürdigerweise hier
keine klassizistischen Einflüsse wahr haben will, sondern, mir nicht verständlich,
„den Stil der vollendetsten antiken Barocke“ in dem Poseidonfries erkennt. Dem-
gegenüber möchte ich auf die enge stilistische Verwandtschaft dieser Meerwesen
mit Relieffiguren neuattischer Marmorvasen hinweisen. Ein besonders gutes Ver-
gleichsbeispiel ist der borghesische Krater im Louvre0) (Fig. 54 u. 55), der in den
Köpfen der Satyrn und Mänaden, in den Gewändern der letzteren und in den
Körperdrehungen der einzelnen Figuren die genauesten Analogien zu dem Münchner
Fries liefert, nur daß die Ausführung an dem Luxusgefäß eine bedeutend feinere
ist. Aber auch das Dekorationsprinzip der Figurenanordnung ist das gleiche, Auf-
lösung des ganzen Friesthemas in geschlossene Einzelgruppen, ein Hauptreiz der
römischen Opferszene, wie des bacchischen Thiasos auf dem Pariser Krater.
Das Aufreihen von Gruppen bildet ein Hauptcharakteristikum der von
Hauser aufgestellten zweiten neuattischen Reliefgattung, bei deren Beurteilung
x) Intermezzi 35 ff. s) Griech. Kunstgesch. III 355.
2) Beschreibung der Glyptothek 239. 6) Clarac 131, 143; Hauser, Neuattische Reliefs
3) Quomodo monstra marina artifices Graeci 84. In unserer Abbildung wiedergegeben nach den
finxerint. Bonn 1896. neuen Photographien von Alinari. Sehr gute Detail-
4) A. a. O. S. 240; 2. Aufl. S. 251. aufnahmen der einzelnen Figuren bei Giraudon.