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J. Sieveking, Zum sog. Altar des Cn. Domitius Ahenobarbus
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Brennloch zu sehen) verrät in den Stil der späteren,
westlichen Koroplastik übertragene ältere Formen. Der
hohe Polos, darunter die wohlgeordneten Stirnlöck-
chen, das streng geschnittene Gesicht, die herab-
wallenden Locken, die steifen, parallelen Gewand-
falten, die straff an den Körper gepreßten Arme
sind der archaischen Plastik entlehnte Motive,
während die Ausführung des Ganzen, der verhält-
nißmäßig große Kopf, der kurze, gedrungene Hals,
die behäbigen und doch flachen, leblosen Formen
der sizilischen Tonplastik eigentümlich sind. Die Art,
wie die Gestalt den Rocken an sich gedrückt hält,
ist von der Darstellung der Fortuna mit dem Füllhorn
übernommen und weist auf römischen Einfluß.
Was uns an der Statuette hauptsächlich in-
teressiert ist die deutliche plastische Darstellung des
am Rocken aufgewickelten Vorgarnes, dessen sich
schräg kreuzende Schichten unten durch eine hori-
zontal gelegte Wollschicht abgeschlossen sind. Auf
diese Weise konnte der Rocken mit dem aufge-
wickelten Vorgarn lange in den großen Arbeitskörben
aufgehoben werden, ohne daß die Wolle daran in
Unordnung geriet.
Daß die auf das ξαίνειν bezüglichen Darstellungen
verhältnismäßig selten sind, darf nicht verleiten, diese
besondere Phase der Wollarbeit in Frage zu stellen,
wie denn ja auch die Prozeduren des Reinigens der
Wolle, des Krempelns usw. bildlicher Belege ent-
behren. Diese gröberen Arbeiten wurden wohl zu-
meist außerhalb der Gynaikonitis in den Gemächern
der Dienerschaft verrichtet und die hergerichtete
Wolle in Körben zur eigentlichen Verarbeitung her-
eingebracht. Der Onos (Epinetron), an dem zumeist
nur das feinere Glätten des Fadens vorgenommen
wurde, scheint .dagegen durchaus salonfähig gewesen
zu sein, wie das hübsche Bild des Onos Έφ. άρχ.
1892 Taf. XIII zeigt7), wo die elegante Dame des
Hauses, inmitten ihrer Dienerinnen sitzend und selbst
den Faden ziehend, dargestellt ist.
Budapest. MARGARETE LÄNG
Zum sog. Altar des Cn. Domitius Ahenobarbus.
(Nachtrag zu S. 95 ff.)
Eine erneute, von Wolters, Fiechter und mir
vorgenommene Untersuchung an dem in der Glypto-
thekswand verborgenen oberen Abschluß des Münch-
ner Poseidonfrieses hat ergeben, daß, entgegen meiner
oben S. 99 wiedergegebenen Annahme, auch diese
Vorderseite des Denkmals die für die Schmalseiten
festgestellte vorspringende obere Leiste enthielt.
Einzelheiten darüber wird der Text in den Antiken
Denkmälern bringen. Ich hatte eine derartige Lösung
von vorneherein angenommen, während der Kor-
rektur meines Aufsatzes aber auf Grund einer erst-
maligen Untersuchung am Original in diesem Punkt
meine Meinung wieder geändert. Die Leiste fehlt
also nur auf der Pariser Rückseite.
Fiechter, der, wie er mir mitteilt, auch seinerseits
bei dem Denkmal nie an einen Altar hat glauben
wollen und jetzt ebenfalls eine Basis in ihm ver-
mutet, hält auch bei dieser ein oberes Simaglied für
wahrscheinlich, das ich S. ioo Anm. 10 geleugnet habe.
München. JOHANNES SIEVEKING
J Μ. Läng, Die Bestimmung des Onos oder Epinetron.
J. Sieveking, Zum sog. Altar des Cn. Domitius Ahenobarbus
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Brennloch zu sehen) verrät in den Stil der späteren,
westlichen Koroplastik übertragene ältere Formen. Der
hohe Polos, darunter die wohlgeordneten Stirnlöck-
chen, das streng geschnittene Gesicht, die herab-
wallenden Locken, die steifen, parallelen Gewand-
falten, die straff an den Körper gepreßten Arme
sind der archaischen Plastik entlehnte Motive,
während die Ausführung des Ganzen, der verhält-
nißmäßig große Kopf, der kurze, gedrungene Hals,
die behäbigen und doch flachen, leblosen Formen
der sizilischen Tonplastik eigentümlich sind. Die Art,
wie die Gestalt den Rocken an sich gedrückt hält,
ist von der Darstellung der Fortuna mit dem Füllhorn
übernommen und weist auf römischen Einfluß.
Was uns an der Statuette hauptsächlich in-
teressiert ist die deutliche plastische Darstellung des
am Rocken aufgewickelten Vorgarnes, dessen sich
schräg kreuzende Schichten unten durch eine hori-
zontal gelegte Wollschicht abgeschlossen sind. Auf
diese Weise konnte der Rocken mit dem aufge-
wickelten Vorgarn lange in den großen Arbeitskörben
aufgehoben werden, ohne daß die Wolle daran in
Unordnung geriet.
Daß die auf das ξαίνειν bezüglichen Darstellungen
verhältnismäßig selten sind, darf nicht verleiten, diese
besondere Phase der Wollarbeit in Frage zu stellen,
wie denn ja auch die Prozeduren des Reinigens der
Wolle, des Krempelns usw. bildlicher Belege ent-
behren. Diese gröberen Arbeiten wurden wohl zu-
meist außerhalb der Gynaikonitis in den Gemächern
der Dienerschaft verrichtet und die hergerichtete
Wolle in Körben zur eigentlichen Verarbeitung her-
eingebracht. Der Onos (Epinetron), an dem zumeist
nur das feinere Glätten des Fadens vorgenommen
wurde, scheint .dagegen durchaus salonfähig gewesen
zu sein, wie das hübsche Bild des Onos Έφ. άρχ.
1892 Taf. XIII zeigt7), wo die elegante Dame des
Hauses, inmitten ihrer Dienerinnen sitzend und selbst
den Faden ziehend, dargestellt ist.
Budapest. MARGARETE LÄNG
Zum sog. Altar des Cn. Domitius Ahenobarbus.
(Nachtrag zu S. 95 ff.)
Eine erneute, von Wolters, Fiechter und mir
vorgenommene Untersuchung an dem in der Glypto-
thekswand verborgenen oberen Abschluß des Münch-
ner Poseidonfrieses hat ergeben, daß, entgegen meiner
oben S. 99 wiedergegebenen Annahme, auch diese
Vorderseite des Denkmals die für die Schmalseiten
festgestellte vorspringende obere Leiste enthielt.
Einzelheiten darüber wird der Text in den Antiken
Denkmälern bringen. Ich hatte eine derartige Lösung
von vorneherein angenommen, während der Kor-
rektur meines Aufsatzes aber auf Grund einer erst-
maligen Untersuchung am Original in diesem Punkt
meine Meinung wieder geändert. Die Leiste fehlt
also nur auf der Pariser Rückseite.
Fiechter, der, wie er mir mitteilt, auch seinerseits
bei dem Denkmal nie an einen Altar hat glauben
wollen und jetzt ebenfalls eine Basis in ihm ver-
mutet, hält auch bei dieser ein oberes Simaglied für
wahrscheinlich, das ich S. ioo Anm. 10 geleugnet habe.
München. JOHANNES SIEVEKING
J Μ. Läng, Die Bestimmung des Onos oder Epinetron.