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ung gemacht. Er steht nicht mehr mit ihm in einer Ebene
sondern rechtwinklig zu ihm, die linke Schulter nach vorn
dem Beschauer zugekehrt, sein zurückgenommener rechter Fuß
von dem vorgestellten linken des Hauptmanns überschnitten.
Dieses Beispiel ist außerordentlich bezeichnend für die Art der
Entwicklung in unseren Reliefs. Immer lockerer ist die Anord-
nung geworden, bis im Schweriner das Wort «Relief» allein
für den rückwärtigen Teil der Darstellung recht eigentlich mehr
zutreffend ist. Die Gestalten des Vordergrundes, in mehreren
Schichten hintereinander rund herausgearbeitet, daß die Luft
sie frei umspielen kann, gleichen einer vollplastischen Gruppe.
Nur durch den gemeinsamen Grund, auf dem sie stehen, sind
sie miteinander verwachsen, ein letzter Anklang an ein Relief
im engeren Sinne1.
Damit dieser Höhepunkt erreicht werde, mußte die tech-
nische Entwicklung mit der künstlerischen Schritt halten. Und
so ist in der Tat auch in technischer Hinsicht das Schweriner
Relief die Erfüllung dessen, was die Reliefs von Anklam und
Ratzeburg ahnen lassen, das von Schwartau teilweise verwirk-
licht. Jede Schwierigkeit in der Beherrschung des spröden
Materials ist nun überwunden. Immer tiefer ist in die Tiefe
gebohrt worden. Die Englein, anfangs knapp als Halbfiguren
gebildet, entsteigen in Schwerin etwa von den Knieen an dem
Grunde. Das Kreuz, in Anklam der Hinterwand aufliegend, hat
sich allmählich von ihr gelöst und ist in Schwerin beträchtlich
vorgerückt. Nicht nur vor und neben ihm drängt sich jetzt
die Menschenmasse. Mitten in sie hinein scheint es gestellt
durch dieses einfache Kunstmittel. Oben setzen die Flügel des
kleinen Engels, der das Blut aus der Seitenwunde Christi auf-
fängt, sich hinter dem Querbalken des Kreuzes fort, wodurch
wieder eine Raumillusion, die Vorstellung, als schwebe er aus
der Tiefe hinter dem Kreuz hervor, sehr glücklich hervorge-
rufen wird.
1 Vgl. die Beschreibung Bodes a. a. 0. S. 106.
p. 49
 
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