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bildung zweifeln, ob denn die Iserlohner Altarfiguren unbedingt
zeitlich voranstehen, wenn sie auch in das frühe 15. Jahrhun-
dert gehören1. Das müßten sie doch, wenn sie oder Skulp-
turen ihrer Art den in ihnen lebendigen mittelrheinischen Ein-
fluß erst «westfälisch verarbeitet» der Ostseestadt weitergegeben
hätten. Ich wäre geneigt, in ihnen eher eine Art Paralleler-
scheinung zu erblicken und das beiden Figurenreihen Gemein-
same nicht durch Abhängigkeit, sondern aus der gleichen Be-
einflussung, der gleichen künstlerischen Herkunft ihrer Urheber
zu erklären.
Beredter noch mag vielleicht eine andere Parallele sprechen,
auf die ich für die wundervolle Darsow-Madonna2 hinweisen
kann, die Madonna von Menden in Westfalen3. Hier han-
delt es sich sicher um eine der lübischen zeitlich nachfolgende
Schöpfung, das geht schon aus den scharf gebrochenen Falten
hervor. Allerdings steht sie der Lübecker Maria an Qualität
so weit nach, daß es fast vermessen erschiene, sie mit dieser
schönsten Madonna, zu der die lübische Kunst sich jemals auf-
geschwungen hat, nur in einem Atem zu nennen, wenn nicht
das Kind wäre, dieser merkwürdige kleine Zwillingsbruder des
Jesuskindes vom Darsow-Altar, der in Haltung und Bewegung,
in jedem Glied, jedem Zug des Gesichts, jedem Löckchen" mit
jenem übereinstimmt4. Ebenso liegt der Hand Mariae, wiewohl
Hartlaub empfing die Kunst der drei Hansestädte, «zunächst nur durch
westfälische Vermittlung westliche, kölnische,gmittel- und auch
niederrheinische Einflüsse» (a. a. 0. S. 130).
1 Vgl. die Datierung von Lübke, mittelalterl. Kunst in Westfalen
S. 388/89 und Dehio, Handbuch V, S. 228. Das Inventar begnügt sich mit
der allgemeinen Feststellung «spätgotisch, 15. Jahrh.»
2 Vgl. Goldschmidt, a. a. 0. Taf. 11 ; Bau- undJKunstdenkmäler von
Lübeck II, S. 305, Fr. Knorr, a. a. 0., Hartlaub a. a. 0. (Zeitschrift f. bild.
Kunst) S. 131.
3 A. Ludorff, a. a. 0. Kr. Iserlohn S. 56, Abb. Taf. 30, 1. Im Gegen-
satz zur Darsow-Madonna ist die Mendener ein WerkjderdH o 1 z plastik.
4 Nur ist jetzt in Menden das Kinderkörperchen durchj Ueberkleben
mit Leinwand verunstaltet.

P.

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