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in Menden ungeschickter wiedergegeben, dieselbe schöne und
kräftige Form zu Grunde, die ein wenig fleischig ist, denn die
Biegung der Finger, die bei schlanken Händen die Knöchel her-
vortreten läßt, bildet hier kleine Grübchen. Und auch der
Kopf der Mendener Jungfrau, so plump er ist, so schematisch
und langweilig die Haarmassen, die ihn einrahmen, läßt noch
einen Nachklang der Kunst, die in der Darsow-Madonna lebt,
verspüren *.
Es ist durchaus unwahrscheinlich, daß der Verfertiger der
Madonna von Menden die Darsow-Madonna gekannt und als
Vorbild benutzt habe. Wieder mag die Verwandtschaft viel-
mehr auf Anregungen aus gemeinsamer Quelle zurückzuführen
sein. Aus den Händen eines bedeutenden Meisters ließen sie
ein Kunstwerk hohen Ranges hervorgehen, der mittelmäßige
Bildschnitzer brachte es mit ihrer Hilfe zu einer Gestalt, die
zwar an sich ein besonderes Interesse kaum rechtfertigt, doch
aber für den kunstgeschichtlichen Zusammenhang Bedeutung
besitzt1 2.
In demselben Verhältnis wie die Figuren des Iserlohner
Schreins zu dem Burgkircbenzyklus, wie die Madonna von
Menden zur Darsow-Madonna, ließen sich auch die Arbeiten
des Gaukirchenmeisters zu den- Reliefs von Anklam, Ratze-
burg, Schwartau und Schwerin denken : sie wurzeln in dem
gleichen Boden, wir haben ihn für unseren Meister nach-
1 Man verwende hei dem Vergleich die Abb. bei Dehio und von Be-
zold, die Denkmäler der deutsch. Bildhauerkunst 15. Jahrh. Taf. 1, 3.
Die meisten anderen Abbildungen gehen auf eine ältere Aufnahme zurück,
die die Madonna noch an ihrem früheren Platz außen am erneuten West-
portal der Kirche aufgestellt, zeigt. Die tiefen schwarzen Schatten unter
den Augen führen bei diesen Abbildungen irre. Es wird durch sie etwas
Modern-Sentimentales in den Ausdruck hineingetragen, das in Wirklich-
keit nicht vorhanden ist.
2 Eine ähnlich weitgehende Uebereinstimmung mit der Darsow-
Madonna zeigt die Schnitzfigur (Eichenholz) der Maria mit Kind aus der
Kirche in Groß-Mettling, jetzt im Schweriner Museum, die V. C. Habicht
(Deutsche Monatshefte XV, 1915, S. 406) abgebildct und besprochen hat.

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