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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 2.1885

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Nr. 5 (15. Mai 1885)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29787#0035
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Da hieug er wieder, der blecherne Unhold, nnd alles kam,
sah und staunte.
Brnder Studio aber saß obeu im Erkerfenster und schaute
herab auf die gaffende Menge, als wisse er gar nicht, nm
was es sich handle. Seine Blicke galten nämlich nicht mehr
dem Handschnh, in dem er nur noch den nnfreiwilligen postUIon
ck'amour verehrte. In den letzten Tagen war eine gewaltige
Veränderung in ihm vorgegangeu — der Handschuhränber mußte
seinen Frevel mit seinem Herzen bezahlen, und — er that es
gerne. Wie so oft, hatte sich der Scherz in Ernst verkehrt.
Die holde Agnes war es, die es dem lustigen Musensohn an-
gethan hatte. So oft es nur anging, suchte er ihre Nähe,
und je öfter er Gelegenheit sand, mit ihr zu sprechen, um so
mehr schloß er sie in sein Herz. Es war ein einfaches, an-
spruchsloses, in ihrer Schüchternheit aber um so reizenderes
Wesen, von dem sich Fritz eine vorzügliche Hansfrau versprach.
Das sehnliche Verlangen, die Geliebte so bald als möglich
sein eigen nennen zu dürfen, war in der Folge ein Sporn zu
eifrigen! Studium. Und als nun vollends eines Abends bei
einem gemeinsamen Spaziergang mit der Familie Schuackelmeier
plötzliches Regeuwetter eintrat und Fritz unter dem ausge-
spanntcn Regenschirm Gelegenheit fand, Agnes ganz allein zu
sprechen, da ging ihm der Mund über, wovon sein Herz schon
längst voll war, und sie gelobten sich beide alles, was sich zwei
Liebende in solchen Augenblicken zn geloben Pflegen.
Hiermit war aber für Holm auch der Moment gekommen,
wo er seinen erstaunten Eommilitonen den Beweis lieferte, daß
„Schnurreufritz" trotzdem nnd alledem ein „ganzer Kerl" sei,
der durchzusetzen wisse, was er sich einmal ernstlich vorgenommen:
mit Glanz bestand er sein Examen, und nicht lange daranf er-
hielt er ein Amt, das es ihm ermöglichte, Agnes als wohlbe-
stellte Gattin heimzuführen.
Schuackelmeier war nicht wenig stolz, einen „Herrn Doktor"
als Schwiegersohn umarmen Zu könueu. Ein solches Uebermaß
von Glück aber stumm in seinen Busen zu schließen, das ging
über seine Kräfte. Wer hätte es ihm verargen mögen, daß er
beim Hochzeitsmale in einer wohlcinstndierten Rede seinen Ge-
fühlen Luft schaffte und dabei au den Ursprung seiner Bekannt-
schaft mit dem Doktor, an die leidige Handschuh-Affaire, erinnerte?
Jedermann hatte das Abenteuer noch im Gedächtnis, aber
niemand kannte den wahren inneren Zusammenhang desselben.
Man kann sich daher vorstellen, welch ein Halloh entstand, als
Doktor Holm in dankbarer Erwiderung des von seinem Schwieger-
vater ihm dargebrachten Toastes das volle Glas ergriff und sich
ungefähr so vernehmen ließ:
„Verehrte Anwesende! Freunde und Festgenossen! Ans
dem Munde meines lieben, verehrungswürdigen Schwicgerpapas
haben Sie soeben gehört, daß es eigentlich kein Geringerer
war, als jener feuerrote, stadtbekannte Blechhandschuh, welcher
uns zusammenführte. Für diese Eigenschaft bin ich dem roten
Vagabnuden noch heute von Herzen dankbar. — Herr Schnackel-
meier hat aber eines nicht erwähnt, woran ich hier erinnern
muß. Damals nämlich, als das blecherne Wahrzeichen znm
zweiten mal unserem braven Papa das Herzeleid machte, spnrlos
über Nacht auf und davon zu gehen, da brach sich sein gerechter
Zorn in den Worten Bahn: „Ich schwör's euch, erwische ich den,
der mir diesen Schabernack gespielt, so mache ich ihm den
Garaus!" Nun, ein ächter Mann hält sein Wort, und auch

Papa Schuackelmeier hat getreulich Wort gehalten, denn, meine
Herrschaften — hier steht er vor Ihnen, der Missethäter, der
als übermütiger Student das Versteckenspiel mit dem roten
Handschnh trieb. Ich rechne ans Ihrer aller Verzeihung um so
mehr, als Papa Schuackelmeier die angelobte Sühne bereits
vollzogen hat. Indem er mich mit der Hand meiner geliebten
Agnes beglückte, machte er dem übermütigen Bruder Studio,
dein haltlos uniherflatternden Junggesellen Fritz Holm, den
Garans für immer nnd schuf aus ihn: einen Mann, der nun
zwar auf so manchen losen Streich zurückblickt, jedoch auf keinen,
der ihm so zur Freude und zum Segen ausgeschlagen wäre, wie
die Entführung des roten Handschuhs. Er mitsamt seinem
Herrn und Gebieter, sie leben hoch! .. .."
Unter fröhlichem Gelächter klangen die Gläser aneinander.
Der gefeierte Schwiegerpapa war von der plötzlichen Lösung des
Rätsels nicht wenig überrascht. Sich eine Thräne der Rührung
ans dem Bart wischend, sagte er, indem er sein Glas zum An-
stoßen emporhob:
„Nu sühn Se, häru Se, was en unnersähens nich alles
bassirn kann! Ei Härr Jeses!"

NrchäoNgisches.

i.
Die Ausgrabungen bei Kirchheim a. Eck.
Aus der Pfalz, im März. Zu Kirchheim a. Eck, 2
Stunden nördlich von Dürkheim, fanden sich jüngst dicht neben
der Stätte des bekannten Kirchheimer Skeletfnndes zwei uralte
Schädel aus neolithischer Zeit. Der eine gut erhalten, gehört
einer Frau au, hat enge, niedrige Stirn, und ist stark brachy-
cephal; der andere ist stark lädiert, scheint jedoch gleichfalls ein
Kurzkopf zu sein. Beim ersten Schädel lagen rohe, dickwandige
Gefäßstücke mit Leistenornameut, und feinere, mit Blattmotiveu
geschmückte Gefäßstücke, außerdem zwei hübsch gearbeitete Steiu-
meisel von 6 und 4 em Länge und M/2 resp. 1 em Breite ans
Serpentin. In derselben Schicht lagerten bei der Leiche mehrere
aufgeschlagcue Tierknochcn, welche vom Urochs oder Hirsch her-
zurühreu scheinen. Nach dein Gesamtbesund hat man hier die
Neste eines Friedhofes vor sich aus der Steinzeit, der au archäo-
logischer Bedeutung dem Monsheimer, von Lindenschmit explo-
rierten Grabselde am nächsten kommt. — Die Funde kamen in
die Pollichia.
II.
Die Ausgrabungen bei Obrigheim.
Die bei Obrigheim an der Eis vom historischen Verein
vorgenommenen Ausgrabungen eines fränkischen Leichenfeldes
sind im März wieder ausgenommen worden. Bis jetzt wurden
gegen 30 neue Gräber blosgelegt. Nach Westen zu enthalten
die teilweise von Platten umgebenen Neihengräber wenig wert-
volle Beigaben, höchstens einen Ring von Bronze, einen eisernen
Halsring, eine Urne oder ein Messer. Die besser situierten
Gräber liegen nach Osten zu iu der Richtung auf die Gebäude
des jetzigen Dorfes Obrigheim. Ein Grab von diesen letzteren
 
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