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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 2.1885

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Nr. 7 (15. Juli 1885)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29787#0051
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lesen, so daß sie in dieser Beziehung mehr wußte als manches
vornehme Fräulein.
Der Schulmeister hatte sich kaum auf der harten Holz-
bauk zurecht gelegt, um eiu Schläfchen zu machen, als die Thüre
aufgerissen wurde und schwere Tritte das Zimmer erbeben
machten. Der Schulmeister erhob sich ärgerlich und sah vor sich
den Gemeindediener, einen auffallend großen Mann, hinter welche m
seine Frau mit ängstlichem Gesichte sich nachdrängte.
„Er soll diesen Nachmittag nach der Schule zum Herrn
Oberfchultheißeu kommen!" begann die obrigkeitliche Person,
ohne auch nur zu grüßen.
„Er soll kommen? Wen meint Er damit?'' fragte Rohn
mit blitzenden Augen.
„Wen werde ich meinen! Ihn meine ich, den Schul-
meister Karl Henrich Röhn!" rief der Gemeindediener trotzig.
„Dann weiß Er offenbar nicht, wie Er mich anzusprechen
hat. Ich muß bitten, daß Er sich größeren Respekts mir
gegenüber befleißigt," sagte das kleine Männlein, indem es sich
in die Brust warf und, soviel es ihm möglich war, in die Höhe
reckte. Doch er erreichte kaum die Schulter des vor ihm stehendcu
Riesen.
„Ha, ha, ha! Da schau' einer her! Seit wann ist Er
denn eine solche Respektsperson geworden, daß man ihn wie
einen Herrn behandeln soll? Was sür ein Unterschied besteht
denn eigentlich zwischen uns beiden? Ich bin Gemetnded i e n er,
Er ist Schuldiener. Also, wir beide sind Diener," sagte der
Niese mit unveränderter Kaltblütigkeit.
„Ja, es besteht ein Unterschied zwischen uns!" schrie der
Schulmeister, welchen die sich gleich bleibende Kälte seines
Gegners immer mehr erhitzte. „Ich habe etwas gelernt, habe
mich Zu vervollkommnen gesucht, Er ist der alte Dummian und
Grobian geblieben!"
„Ich ein Grobian?" sagte der Kaltblütige. „Nein, das
ist doch zu arg. Wenn Er einen Grobian sehen will, dann schau'
Er dort in jenes Stückchen Spiegel! Doch", fuhr er höhnend
fort, „warum denn Feindschaft zwischen uns? Wir sind ja von
früher her eigentlich nahe Kollegen: Er war Schneider, ich
Schuhmacher, Er war Kleiderkünstler, ich Fußbekleidungskünstler.
Da sollten wir ja doch Freundschaft schließen, ha, ha, ha!"
„Pack' Er sich aus meiuem Hause! Soll ich mich auch
noch in meinen vier Wänden von einem solchen Menschen
insultieren lassen?" schrie der Schulmeister außer sich vor
Zorn. Seine Frau, welche neben ihm stand, hatte ihn schon
verschiedene Male am Rocke gezupft und zur Ruhe ermahnt;
doch er hatte jedesmal ihre Hand zurückgestoßen.
„Aus Seinem Hause soll ich mich packen? Ha, ha, ha!"
rief der Gemeindcdiener lachend. „Aus Seinem Hause! Das
ist doch zu spaßig. Als ob Ihn dieses Haus etwas augingc.
Das Haus gehört der Stadt und Ihn läßt mau nur so aus
Gnad' und Barmherzigkeit darin wohnen. Und auch das wird
nicht lauge mehr dauern, das will ich Ihm nur sagen!"
„Was soll das heißen?" schrie Röhn.
„Nun, daß Er nicht mehr lauge Schulmeister sein wird.
Meint Er, die Gemeinde kann einen Schuldiener brauchen, der
die Kinder halb tot prügelt und die Bürger hochmütig und
trotzig behandelt? Bald hat Er wieder Gelegenheit, mit ge-
kreuzten Beinen auf dem Schneidertisch zu sitzen und die Nadel
zu schwingen. So, jetzt kann ich gehen, nun habe ich alles ge-
sagt. Also, nach der Sckmle zum Herrn Oberschultheißen!
Lebet wohl, Herr Schulmeister!"

Damit machte der Genwindediener ein spöttisches Kompli-
ment und entfernte sich. Es war höchste Zeit, daß er ging.
Wer weiß, was es gegeben hätte, wenn er noch länger geblieben
wäre. Der Schulmeister war nicht mehr imstande, eine Ant-
wort zu geben, eine solche Höhe hatte sein Zorn erreicht. Er
rannte im Zimmer hin und her, gefolgt von seiner Frau, die
ibn zu beruhigen suchte. Doch diese Versuche hatten keinen
Erfolg. Nur ganz allmählich legten sich die Wogen seiner an
Wut grenzenden Aufregung, und nun erhielt er auch seine
Sprache wieder; eine ganze Flut von Schimpfwörtern, so derb
und schwerwiegend, wie sie schwerlich in einem Wörterbuche ge-
funden werden dürften, ergoß sich von seinen Lippen. Und
diese Flut schien auch seinen innern Grimm wcgzuschwemmen.
Als die Zeit gekommen war, wo er zur Schule gehen mußte,
Nmt er wieder ruhig und über sich selbst ärgerlich, daß er sich
von jenem ung^ogeueu Menschen — wie er sagte — zum Zorne
hatte hiurcißen lapSn.
(Fortsetzung folgt.)
AranzölNche Kamikiennamen in dec Hstakzw

v.
Teils durch eigne weitere Nachforschungen, teils durch
anderweitige*) **) Mitteilungen bin ich instand gesetzt, folgende
Nachträge zu meinem vorjährigen Anfsatz über den obenge-
nannten Gegenstand zu veröffentlichen.
Der Name Avril findet sich außer in den früher genannten
Orten auch in Offenbach bei Landau uud in Ungstein, Bardon
noch in Zeiskain, Brossard in Oppau, Burgcy in Dunzweiler,
Eajar hieß ein früherer Lehrer in Dürkheim, der Schwieger-
vater G. Baabs, wahrscheinlich aus Barbelroth stammend,
Firmery ist in Homburg und St. Ingbert (Stadtschreiber dieses
Namens daselbst), sowie in Rohrbach bei Bitsch (Lothringen)
und war früher in Edesheim vertreten, wo in den sechziger
Jahren ein sehr alter und angesehener Pfarrer dieses Namens
starb. Tie Namen Mandery sür Niederschlettenbach und
Schollt) (ans franz. Joly oder Jolly umgedeutscht) sür Ober-
otterbach sind gleichfalls noch einmal zu erwähnen.
Neu sind folgende mir inzwischen bekannt gewordene
Namen: Barlang-Dahn (vielleicht nur abweichende Schreibung
sür Berleong-Weilerbach), Bally in Burrweiler uud Feilbiugert,
Beaufort-Dürkheim, Bickar-Reinheim (wahrscheinlich entstellt aus
Picard, d. i. einer aus der Pikardie), Bonnet-Neukastler Hof
bei Leinsweiler, Borelle-Landau, iu der Schreibung Borel, früher
in Kirrweiler vertreten durch eineu Einnehmer, dessen Sohn
gegenwärtig praktischer Arzt ist, Bouchon-Zweibrücken. Der '
Großoheim des praktischen Arztes Herrn De. Boys in Kirchheim-
bolanden war unter Kaiser Napoleon I. französischer Kavallerie-
general und eine Zeit lang Gouverneur einer Provinz Spaniens;
ans seinem Nachlasse besitzt der genannte Herr einen kostbaren
Ehrensäbel und eine fein damascierte Flinte, die jenem zum
Geschenk gemacht worden waren. Mit Boyö hängt wohl
zusammen der Name Boy, der bis vor einigen Jahren in Landau
vertreten war. Auch Bös, Name eines katlwl. Pfarrers von

*) Vcrgl. „Pf. Museum" 188^ Nr. 5, 7, 8, 9.
Für ihre gütigen diesbezüglichen Notizen fei bestens gedankt den
Herren: Subrektor Or. Schmitt zu Edenkoben, Lehrer Schneider zn Mußbach,
Einnehmerei-Kaudidat Siegel zn Kandel.
 
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