Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 2.1885

DOI Heft:
Nr. 8 (15. August 1885)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29787#0063
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
63

Lage konnte dann allerdings der im Testament vorgesehene Fall
eintreten, wornach, wenn einer der weltlichen Söhne seine Pflichten
vergessen und die getroffene Anordnung nicht halten sollte, nicht
blos die sürstliche Familie und deren Räte, sondern auch sämt-
liche Bedienstete und Unterthancn aller Treue und Eide gegen
denselben entbunden und zugleich angewiesen waren, sich an den
gehorsamen Sohn, als ihre wahre Obrigkeit, anzuschließen, und
diesen als den alleinigen Herrn anznerkcnnen. Zur Durchführung
einer solchen Maßregel schien es notwendig, den Pfalzgrafen
Caspar unschädlich zu machen, was durch eine lebenslängliche
Gefangenhaltung erreicht werden sollte.
Faßt man aber diese sämtlichen Umstände ins Auge, so
dürften sie zu dem Schluffe führen, daß Herzog Caspar doch
ein milderes Urtheil verdiene, als ihm durch spätere Geschicht-
schreiber zuteil ward, welch letztere vielfach aus Furcht, nach
oben zu mißfallen, den tiefer liegenden Grund der Sache nicht
unbefangen und frei genug zu würdigen vermochten. Daß Caspar
schlechterdings untauglich zur Regierung gewesen sei, auch selbst
nicht unter Beihilfe von Räten, ist mit nichts erwiesen. Sein
obiges Auftreten, sein Bcrkehr mit lochstehenden Persönlichkeiten
spricht dagegen. Ja, wir finden sogar, daß ihm das Zeugnis
eines vortrefflichen Fürsten (grineftw gegeben wird. *)
Daß er eine gesunde Körperbeschaffenheit gehabt haben müsse,
geht auch daraus hervor, daß er bei langjähriger Entbehrung
von freier Bewegung und Lust dennoch ein Alter von fast 70
Jahren erreichte. **) Allein Caspar scheint als Opfer einer da-
mals noch in Gährung befindlichen, unentschiedenen politischen
Idee gefallen zu sein. Bon dem hergebrachten Brauche der Erb-
teilungen wollte man sich zwar trennen, die Idee des Erstge-
burtsrechtes, wie sie später fürstliches Hausrecht wurde, war
jedoch noch zu neu und hatte ihren bestimmten Ausdruck rechtlich
noch nicht gesunden; für die Teilnahme an einer complicierten
Doppelrcgierung war der Sinn eines Caspar aber nicht ge-
schaffen. Auch läßt sich das gleich anfangs gegen ihn versuchte,
auffallende Verfahren, ihm die bereits längere Zeit übertragene
Regierung unter dem Vorwand, daß solche mit dem Tode seiner
Ehefrau hinfällig geworden sei, wieder zu nehmen, mit der einem
Fürsten zustehenden Würde doch schwer vereinigen. Von diesem
Standpunkte ans kann daher das Schicksal des im Beginn eines
kräftigen Manncsalters stehenden Fürsten, der in der Blüte
seines Daseins und erst 22 Jahre alt, auf Lebenszeit seine
Freiheit cinbüßen mnßte, nur eiu höchst tragisches genannt
werden.
Nicht gänzlich außer Zusammerhang damit dürfte daher
auch ein Ereignis stehen, welches die Ncgiernngszeit Alexanders,
der von nun an das Fürstentum Zweibrücken allein beherrschte,
in ganz- besonderer Weise kennzeichnet nnd auf welches wir nun
kommen werden, nämlich dessen Pilgerfahrt nach dem heiligen
Lande und nach Jerusalem. Es ist zwar richtig, daß solche
Reisen den Anschauungen und Bedürfnissen jener Zeit sehr nahe
lagen, und daß unser jugendlicher Fürst, dessen Gemüt, wie sein
Verhalten auf der Reise darthut, tief religiös angelegt war,
eines weiteren äußeren Impulses nicht bedurfte. Treten wir

Spener, LzüloZs Aenealo^ioa M Nach ihm gibt Reusner
dem Pfalzgrafen ein günstiges Zeugnis in folgenden Versen:
ÜN xistas, et sanets, üäes et eonsoin virtus
Nrwelpi8 kAi-kAii noinen vavere äectit.
Bachmann a. a. O. Seite 57.

aber den damaligen Verhältnissen etwas näher, erwägen wir,
daß es sich hier um die gewaltsame Entsetzung eines legitimen
Fürsten handelte, über deren Verlauf seltsamer Weise nicht die
geringsten näheren Nachrichten zu uns gelangt sind, bedenken
wir ferner, daß dieses mysteriöse Dunkel an der Thürschwelle
des fürstlichen Cabinets beginnt, in welchem die herzoglichen
Räte versammelt waren, und von da diejenigen Beschlüsse und
Befehle zur Ausführung des ungewöhnlichen Planes erließen,
welche sie für alle Zeiten mit dem dichtesten Schleier zn ver-
hüllen wußten, ziehen wir endlich noch in Betracht die jugend-
liche Thatkrast Caspars, welcher nicht ohne mächtige Freunde
war, und sich dem ihm drohenden Gewaltakte seiner Festnahme
in Kirkel, seinem Transport nach Nohfelden und seiner Ge-
fangenhaltung daselbst ohne Zweifel mit allen Kräften wider-
setzt haben wird, so dürfen wir gewiß zu der Ueberzeugung ge-
langen, daß cs sich hier um einen furchtbaren Kampf handelte,
einen Kampf, der das innere Familienleben des Zweibrücker
Fürstenhauses tief aufwühlte, und die ersten Regierungsjahre
unseres Pfalzgrafen schmerzlich verbitterte? Denn, wenn auch
Caspar in der Folgezeit, durch Alter und Schwäche gebeugt,
allmälig seinem Schicksal sich ruhig ergab, so wird dies dagegen
in den ersten Jahren seines Aufenthaltes hinter den ihn um-
schließenden Mauern, wo seinem Trotze noch Kraft zur Seite
stand, wohl sicher nicht der Fall gewesen sein. Für Alexander
mußte daher iu der immer noch frischen Erinnerung an den von
seiner Seite hinweggerissenen Bruder, der machtlos an der Pforte
seines Kerkers rüttelte, der volle Ernst einer über seine Familie
hereingebrochenen Katastrophe liegen, welche so ganz geeignet
war, Gedanken der Sühne in seinem Herzen aufkeimen zu lassen
und ihn zum Antritt einer mit großen Opfern und Gefahren
verbundenen Reise nach Palästina zu bestimmen.

Anträge zu einem Mützer Idiotikon.
Von Ul-, pbil. L. W. Faber, Mülhausen i/E.
II.
Es gheit mich d. h. es ärgert mich. Gheien ist noch
vollständig erhalten im oberelsüssischen Dialekt und Zwar in
doppelter Bedeutung: I) transitiv: werfen, Z. B. gheis Zum
fcnster üse, d. i. Wirf es Zum Fenster hinaus; 2) intransitiv:
fallen, daz buch iß vom tisch abeghcit, d. i. Das Buch ist vom
Tische heruntergefallen.
Von der transitiven Bedeutung „werfen" ist der Ausdruck
„es gheit mich" übrig gebliebeu.
Daß übrigens früher das Wort gheie in der Pfalz auch
außer dieser Redensart üblich war, beweist eine Priamel, die
ich oft ans dein Munde meiner Großmutter, einer gebornen
Neustadterin gehört habe. Sie lautet:
Wers Brot frisch anschneidt,
Wers Heu oberuuter gheit,
Wers Holz grüu verbreuut,
Bei dem hats Haushalte bald eu End.
Also auch hier ist gheie transitiv.
Es gheit mich heißt demnach wörtlich: es wirft mich, es
bringt mich aus der Fassung, und dann erst: es ärgert mich.
Mauchen oder Mauken: Obst im Heu oder Stroh
Weiterreisen lassen, von mühhan ohd, verstecken, heimlich halten,
 
Annotationen