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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 2.1885

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Nr. 9 (15. September 1885)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29787#0071
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Landes-Archiv (Kurpf. Generalien, Religion, Kirchendienst Nr. 4369)
befindlichen Aktenstück, betitelt Utnt present clss Luises re-
torines VnUonss äans le Untutinnt vom Jahr 1724 geht hervor,
daß sich damals in Frankenthal nur noch folgende ausländische
Familien befanden: Wallonen 6; französische Schweizer 3;
französische Flüchtlinge 6. Uebrigens hatten sich indessen wieder
neue fremdländische, insbesondere französische Kolonien auf
pfälzischem Boden gegründet. Es war bekanntlich eine der an-
gelegentlichsten Bemühungen des Kurfürsten Karl Ludwig, des
„Wiederherstellers der Pfalz," sein entvölkertes Land mit
fremden Kolonisten zu bevölkern. So hatten sich Wallonen
und französische Flüchtlinge in namhafter Anzahl namentlich in
Billigheim, Mörlheim (Alsheim bei Gronau?) angesiedelt; aber
auch diese hatten sich infolge der empfindlichen Bedrückungen
seitens der Franzosen, welche bekanntlich die Reformierten des
Oberamts Germersheim besonders schwer trafen, seit 1699 wieder
nach und nach entfernt. So waren im genannten Jahre 25
wallonische Familien aus Billigheim und Mörlheim, welche aus
der Gegeud von Loewen in Brabant stammten, nach Baden ge-
wandert, wo ihnen Markgraf Friedrich VII. von Baden-Durlach
ein Stück Land schenkte und hatten im Jahr 1700 das Dors
Friedrichsthal gegründet. (Es ist eine eigentümliche Fügung,
daß der jetzige Pfarrer von Friedrichsthal ein geborener Billig-
heimer ist.) Uebrigens waren nach dem oben erwähnten Etat
im Jahr 1724 noch 137 wallonische, 34 französisch-schweizerische
und 19 Hugenotten in Billigheim vorhanden, die jedoch nach
und nach anch meist alle auswanderten.
Kehren wir nun zu den Kolonisten in Pfalz-Zweibrücken
zurück.
Wir erinnern uns, daß bereits in den dreißiger Jahren
des 16. Jahrhunderts eine Kolonisten-Gemeinde in Annw eiler
bestand. Dieselbe erhielt einen mächtigen Zuwachs, nachdem im
Jahre 1593 Herzog Johann I., der bekanntlich seit etwa 1580
das lutherische Bekenntnis mit dem reformierten vertauscht hatte,
den französischen Emigranten hier eine Zufluchtsstätte eröffnet
und diesen die Bildung einer eigenen (Kirchen-) Gemeinde mit
einem französischen Prediger gestattet, ja sogar denselben eine
eigene Kirche (Spital-Kirche) eingeräumt hatte. Diese Gemeinde
erhielt sich neben der deutsch-reformierten bis zum Jahr 1688,
nachdem sie inzwischen auch von anderen pfälzischen Kolonien,
namentlich von Otterberg und Lambrecht, nicht unbedeutenden
Zuwachs erhalten hatte.
Ferner hatte sich unter Herzog Johannes II. von Zwei-
brücken zu Anfang des 17. Jahrhunderts eine Anzahl Hugenotten,
welche unter Kardinal Richelieu aus ihrer Heimat vertrieben
worden war, in Zweibrücken gesammelt und hier Schutz, Unter-
stützung und Gewissensfreiheit gefunden, (cf. Heinz, Alex-Kirche,
S. 142.) Aber der Bestand dieser Gemeinde war nur von kurzer
Dauer, da der dreißigjährige Krieg auch hier, wie iu der Kur-
pfalz, die junge Gemeinde vernichtete. Bereits unter dem
Pastorate des französischen Pfarrers Adam Preuel (1636—1645)
waren die meisten hier wohnenden Hugenotten gestorben, und
, was übrig war, hatte sich mit der deutschen Gemeinde vermischt.
Später jedoch, unter der schwedischen Regierung (1700) siedelten
sich abermals französische Kolonisten hier an, und diese erhielten
sogar 1736 eine eigene Kirche und hatten ihren eigenen Prediger-
bis zum Anfang der französischen Revolutiou. Und noch einmal,
als der Präfect des Donnersberges, Lnron cis 8t. Vnärs, um die
französische Sprache in Zweibrückeu auszubreiten, einen franzö-

sischen Prediger (Peter Techard) anstellte, konnte man von einer
französischen Kolonie reden, doch hatte auch diese Einrichtung
nur einen sehr kurzen Bestand und wurde durch die mit dem
Jahre 1815 eintretendeu ueuen Verhältnisse aufgehoben.

Archäologisches.
Von vr. C. Mehlis.

IV.
Ein neuer Skelettfund von Kirchheim a. d Eck.
In der Pfalz wurde abermals ein für die germanische
Urgeschichte wichtiger Fund gemacht, und zwar zu Kirchheim
a. d. Eck zwischen Dürkheim und Grünstadt. Ungefähr 80 in
östlich von dem vor mehreren Jahren aufgefundeneu Skelett aus
der Steinzeit sand sich beim Lehmgraben ein Zweites Skelett iu
hockender Stellung. Dasselbe saß iu einell Tiefe von 1,40 bis
1,70 m im Lehm iu der Richtung von Ostnordost nach Westsüd-
west, und zwar zusammengekauert auf eine Länge von 80 ein.
Die einzelnen Knochen, besonders der Schädel, sind dank der
Aufmerksamkeit des Einnehmers Leonhard meist wohl erhalten.
Der große Schädel zeigt dolichokephale Formen (Länge 18,2 ein,
Breite 13,3 ein, Höhe snach VirchowZ 13,6 em). Das Hinter-
haupt ist stark entwickelt, die Stirne schmal und niedrig. Nach
den Unterschenkel-Knochen (Tibia — 30 <nn Länge) hatte das
Skelett eine Größe von nur 5 Fuß und war nach den Becken-
knochen wahrscheinlich weiblichen Geschlechts. Der Typus gleicht
dem des ersten Kirchhcimer Skeletts bis ins Detail (vergl.
Mehlis: .„Studien zur ältesten Geschichte der Rheiulande."
V. Abteilung). Dabei lagen dicke, rohgebraunte Gefäßteile mit
angesetzten Henkeln versehen. Außerdem eine Reibplatte zum
Mahlen des Getreides. Dieselbe hat eine Länge von 28 ein
bei einer Breite von 24 ein und einer Dicke von 2,5 em, ist iu
der Mitte ausgehöhlt und besteht aus feinem, gelbem, guarzit-
ähnlichem Sandstein. Drei Meter von der Leiche entfernt lag
in gleicher Höhe ein hübsch gearbeiteter, geschliffener Steinmeisel.
Derselbe ist vorn abgekantet, hat eine Länge von 4,7 cnn bei
einer Breite von 3,3 cm und besteht aus Dioritschiefer, der zu-
nächst im Hunsrück lagerhaft vorkommt. Dieser Skelettfuud
aus der neolithischen Periode ist um so wichtiger, da er als er-
gänzendes Pendant die aus dem ersten Skelettfuude gezogenen
wissenschaftlichen Schlüsse vollauf bestätigt und das anthropo-
logische Material für die rheinischen Urbewohner wesentlich ver-
vollständigt. Nach der Bestimmung des Grubenbesitzers Oswald
kam der ganze Fund in die Sammlungen der „Pollichia" nach
Dürkheim, wo sich bereits das erste Skelett befindet.

pfälzische Literatur.

F. Kuby, König Dagobert und die Haingeraiden. Erster
Teil. König Dagobert und seine Zeit. Edenkoben, Mietens
1885. 71 S.
Oberamtsrichter Kuby in Edenkoben hat unter Benützung guter
Quellen ein populär gehaltenes, recht lesenswertes Schriftchen über den
„guten König Dagobert" ') verfaßt, welcher bei dem pfälzischen Volke
populärer geworden als irgend ein anderer Fürst der alten und der neuen

1) S. Aug. Becker, die Pfalz und die Pfälzer. Leipzig, I. I. Weber 1858 , S. 27
und S. Zi8 ff.
 
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