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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 2.1885

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Nr. 9 (15. September 1885)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29787#0072
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Zeit. Gilt er ja doch wohl nicht ganz mit Unrecht als der Geschenkgeber
der Haingeraiden, d. i. der Waldbezirke im Hartgebirge, welche die
Gemeinden noch hente als Eigentum besitzen. Auch der Historiker von Fach
wird die Schrift Kuby's mit Nutzen lesen; denn die hier entwickelten An-
sichten über jene frühest'N Zeiten fränkischer Ansiedelung in der Pfalz geben
viel zu denken, und noch lange ist nicht alles geklärt und gar manche schwierige
Frage ist noch Zu lösen, und es ist deshalb jeder Beitrag zur Geschichte
jener dunkeln Zeit erwünscht.
Ueber König Dagobert besitzen wir bereits eine Schrift von Oe. Albers
in Metz (König Dagobert in Geschichte, Legende und Sage. 1. Anfl. 1882.
2. Ausl. 1881. Verlag von H. Kayser, Kaiserslautern), doch bedurfte gerade
der pfälzische Dagobert einer genaueren Untersuchung.
Der Verfasser gibt zunächst eine allgemeine Einleitung, er spricht
seine Ansicht aus über die bekannte an Sagen und kuriosen Einfällen reiche
Chronik von BeyerlinZ) die endlich einmal gedruckt werden sollte, ^)
weil man in Haingeraidesachen und bei gar vielen Lokalgeschichten in dieser
Chronik nachsehen muß, auf welche als auf ein zuverlässiges Dokument die
Geraidebanern und selbst die Regierungen sich beriefen. °) D e r h ist orische
Verein der Pfalz würde sich ein neues Verdienst erwerben, wenn er
einen Abdruck der Chronik nach den besten Handschriften veranstaltete (mein
weit geschriebenes Manuskript hat nur 99 Seiten). Sodann ergeht sich Kuby
über die ältere Geschichte der Rh ein lau de im allgemeinen nach
Beyerlin's mythischen Vorstellungen und nach der Geschichte, er schildert die
Sitten der alten Deutschen, hierauf die Zeit der Römer und der Frankenkönige
und kommt alsdann zu den 3 Königen mit dem Namen Dagobert. Im
Z 7 (S. 47—54) handelt er von den Sitten und Gesetzen zur Zeit der
Merovinger; an einen Punkt möchte ich hier eine Bemerkung anknüpfen.
Kuby sagt nämlich auf S. 51: „Die lex Znlwa wurde für das westliche
Frankenreich, die lex UtpnariornM. für Australien ausgezeichnet." Diesem
widerspricht Rn dH art, der auf S. 629 seiner „Nettesten Geschichte
Bayerns" also schreibt: „Wir schließen aus späteren Urkunden auf eine sehr
zahlreiche Bevölkerung vom edelsten Stamme der Franken, vom salischen,
auf den Gebrauch der salischen Gesetze im h e u t i g e n Rhein-
bayer n."
Im Z 8 behandelt Kuby 5 Dagobertsagen und knüpft hieran die
pfälzische Tradition (über Dagoberts Traum, Stiftungen, Gerechtigkeit,
Bedrängnis und Errettung, Testament). Im Z 9 wird der König Dagobert
der Geschichte und der Sage (S. 63—70) verglichen und stimmen wir
hier Kuby vollständig zu, wenn er den Dagobert der pfälzischen Sage dem
Dagobert II. der Geschichte am nächsten kommen läßt. Dagobert II.
wurde von der Kirche heilig gesprochen (im Kalender ist Dagobert am
23. Dezember), und hatte die Geistlichkeit daher nichts dagegen, wenn
St atu eil von Dagobert in Bildstöcken an der Straße aufgestellt wurden;
doch verehrte das Volk in Dagobert nicht den „Heiligen", sondern seinen
großen Wohlthüter, den Geschenkgebcr der Haingeraiden. In der Nefor-
mations- und Revolutionszeit mögen manche dieser Statuen beseitigt worden
sein, so auch das von Dörr in Burrweiler Herrn Kuby überlassene Stand-
bild, welches „noch im Anfänge unseres Jahrhunderts in dem Gehäuse eines
Bildstockes hinter Weyher am Eingang in die 3. Haingeraidewaldungen ge-
standen" haben soll. Wenn nicht ganz zuverlässige Nachrichten das Gegenteil
besagen, so möchte ich glauben, daß schon in den 90er Jahren das Stand-
bild von Dagobert aus dem Bildstocke genommen wurde, vielleicht sogar
von einem frommen Manne, nm es zu retten; denn die Jakobiner bewahrten
solche Statuen nicht, sondern zerschlugen sie am liebsten. Unter Napoleon I.
war man bereits weniger gcwaltthätig, wenn man auch solchen „Heiligen"
nicht hold war, auf welche sich das Volk mit seinen Rechten berief; denn
bekanntlich wollte Napoleon sogar die Gemeinden der Haingeraiden berauben.
Im 8 10 (Dagoberts Waldschenknngen) verweist Kuby auf
den demnächst erscheinenden II. Theil seiner Arbeit, und wollen wir daher
mit unserer Ansicht über die Haingeraiden noch zurückhalten.

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Möge das Büchlein des Herrn Oberamtsrichters Kuby recht viele
Leser finden, niemand wird es unbefriedigt aus der Hand legen. Das Er-
freulichste aber wäre, wenn das Büchlein bewirkte, daß ein berufener
Geschichtschreiber für die Haingeraiden sich fände:'die Arbeit ist
sehr mühevoll und hat bisher alle abgeschreckt; man weiß bisher kaum das
Allgemeine und nnr wenige Einzelheiten über die Geraiden, das meiste liegt
noch in den Akten verborgen und zerstreut und harret des kundigen Forschers.
Edenkoben. Oe. HchmM.

A t t e r t e i.

Ein dramatischer Dichter erklärte jüngst den Inhalt seines Stückes
und sagte: „Die Scene ist im Kamerunlande; Sie müssen sich in dieses
Land versetzen, und in den Charakter der Bevölkerung eingehen." „Können
Sie uns auch die Versicherung geben", versetzte ein Anwesender, „daß Ihr
Stück die Reisekosten deckt?"
Kein Wunder, wenn wir Deutschen im Geruch der Trunkliebe stehen!
Singt ja doch Florentins Schilling im Jahre 1597 :
Nach des Seneca Latein
Heißet Sterben nicht mehr sein.
Doch dem Deutschen will's bedünken,
Sterben heiße: nicht mehr trinken!

pfälzischer Schriststellerverem.
Die Jahresversammlung des Vereins fand am 7. September
zu Neustadt a/H. statt. Der Bericht des Rechners, Herrn Volkmar in
Billigheim, ergab für 1884 eine Einnahme von 191 Mk. 87 Pfg. und eine
Ausgabe von 158 Mk. 48 Pfg., bleibt demnach in der Kasse ein Nest von
33 Mk. 39 Pfg. Die Generalversammlung beschloß, damit der Kassier nach
Ablauf des Jahres seine Rechnung abschließen kann, daß die Vereinsbei-
träge (2 Mark jährlich) schon im Januar fällig seien und längstens im
Dezember für das laufende Jahr bezahlt sein müssen, widrigensalls der
Rechner nach vorheriger Mahnung ermächtigt ist, den Beitrag durch Post-
mandat zu erheben. Von den 34 Veceinsmitgliedern haben erst acht für
1885 ihren Beitrag geleistet, die übrigen Herren werden ersucht, den Jahres-
beitrag nunmehr auch einzusenden. — Herr Krebs referierte über den
Stand des „Museums," welcher ein ziemlich befriedigender ist. Da der
historische Verein der Pfalz seine „Mitteilungen" nnr einmal im Jahre er-
scheinen läßt, so ist unsere Monatsschrift eine Wohlthat für die pfälzischen
Historiker, welche um öftere, weitere gebildete Kreise interessierenden,
nicht allzu lange Beiträge ersucht werden; für größere Abhand-
lungen sind die „Mitteilungen" des historischen Vereins der Pfalz das
geeignete Organ. Mögen unsere Freunde in ihren Kreisen für möglichste
Verbreitung des „Museums" Sorge tragen!

Ariefk a st e n.
Herrn L. M. in H- Gelangt nächstens zum Abdruck.
Herrn vr. B. in Pf. Zu gelegentlicher Verwendung mit Dank
zurückgelegt.
Herrn B- in E. Ihre Widerlegung m einer Redaktionsbemerknngen
in No. 6 des Museums eignet sich doch nicht wohl zur Aufnahme. Einmal
ist sic durchaus keine sachliche und zum andern gestehen Sie ja selbst in
der Hauptsache ihre gemachten Irrtümer ein. Zudem stehen die darin vor-
kommenden Citate von Frey zum großen Teile in direktem Widerspruche
mit Ihren Deduktionen im Eingänge Ihres eigentlichen Elaborates. Sparen
wir also den Raum für etwas Besseres.
Johannes M.

1) Ich schreibe Beyerlin nicht Bayerlin, da in dem mir gehörigen Manuskript, welches
zu den besten vorhandenen gehört, Beverlin geschrieben steht. Vgl. auch Becker a. a. O. S. 319.
2) Herrn Kuby lag ein Teil zu „Hahn hoffen (d. i. Hanhofen bei Speier, aber
nicht Hannover, wie ein gelehrter Herr meinte, der sich dorthin, um die Druckschrift zu erhalten,
natürlich vergeblich wandte) bcy Georg Paul Hoof" gedruckten Chronik vor (S. 7 Anm. i)
aber solche gedruckte Exemplare find äußerst selten. Auch sind dieselben wegen ihrer vielen
Druckfehler nicht brauchbar.
3) S. S. 8 und Kuby, Duttweilers Waldrechte in der 5. Haingeraide, im Pfäl-
zischen Museum 188S, Nr. 5, S. 37.
Herausgcgeben und verlegt vom Verein pfälzischer Schriftsteller.
Für die Redaktion veraniwortlich: Johannes Hüll, Neustadt a. d. H.

Druck und Expedition: Aktiendruckerei Neustadt a. d. H.
 
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