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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 2.1885

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Nr. 12 (15. Dezember 1885)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29787#0093
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heißen, und — kam nicht wieder an die Oeffentlichkeit — das
heißt vorläufig nicht. Der Schulrektor hatte Befehl, den jungen
Italiener, der wie es in der Kabinetsordre hieß — ein sehr
anschlägiger Kopf fei, aber leider eine bedenkliche Neigung zu
losen Streichen entwickle, vorläufig bei sich zu behalten und
auszubilden, uni ihn zur späteren Ausfüllung eines Staats-
amtes geschickt zu machen. Der König selbst war es, der dies
angeordnet hatte. Es geschah, Primi fügte sich und — fünf
Jahre später erschien er in der Würde eines Abbe wieder bei
Hofe, wo er sich die Gunst des Königs immer mehr zu erwerben
wußte und bald eine große Rolle spielte.
Wie wenig übrigens die Gunst eines Könige wie die
Ludwigs XIV. zu bedeuten hatte, wenn die eigenen Interessen
desselben ins Spiel kamen, das sollte auch Abbe Primi au sich
erfahren, der, vom König zu einer diplomatischen Maliee gegen
England benutzt, im Jahre 1682 sich sogar in die Bastille setzen
lassen mußte. Ties geschah im Juli, im Dezember wurde er
dann mit einen: ansehnlichen Schmerzensgeld wieder entlassen.
Nach diesem Abenteuer änderte aber Primi seinen Namen und
ließ sich Visconti, Graf v. Saint-Mayol nennen, bis er auch
dies nicht mehr vorteilhaft sand und unter dem einfachen Namen
Ammonio in die bürgerliche Gesellschaft zurücktrat, den geistlichen
Stand quittierte und die Tochter des berühmten Buchdruckers
Frederic Leonard heiratete.
Ohne den gewagten Scherz im Postwagen wäre er aber
wahrscheinlich nie so weit gekommen.
König Iricbnch Williel'm II. von ^reichen
auf der Kartenlmrg.
In der Voß'schen Zeitung vom 24. August 1793 findet
sich nachstehender Artikel:
„Tpvenhcim, 11. August 1793. Gestern Abend um 5 Uhr
fuhren Se. Majestät der König von Preußen von Türkheim
nach dem Bergschloß Hartenbnrg, welches das alte Fürstlich
Leiuingische Stammhaus ist. Bei der Annäherung des Mo-
narchen ertönte eine frohe Musik, und das durch ihn gerettete
und von Deutschlands Feinden befreite Volk bezeugte ihm seine
Freude durch allgemeines Vivatrufen. Am Fuße des Berges
wurde der huldreiche König von dein Fürsten bewillkommt, und
der neugeborene kleine Prinz*) überreichte Ihm einen Lorbeer-
kranz. Tie Güte, mit welcher Friedrich Wilhelm den Tank
der Nachkommenschaft empfing, rührte alle Anwesenden, und
Ihm flössen überall dankbare Thränen. Der Monarch besah
hierauf das ganze Schloß, besonders die merkwürdigen alten
Rittergefängnisse und fuhr hierauf wieder nach Türkheim."
Zur näheren Erklärung diene folgendes: Nachdem Custine
im Herbst 1792 mit einem französischen Heere die ganze Haardt
entlang gezogen war und sich der Städte Speyer, Worms und
Mainz bemächtigt hatte, wurde letzteres bei Ausbruch des ersten
Koalitionskrieges anfangs 1793 von einem preußischen Heere
cerniert; Fouragierungeu und Recognoscierungen der Preußen
gingen bereits am 6. und 7. März 1793 bis in die Grünstadt-
Türkheimer Gegend und nach Altleiningen. Die Franzosen
marschierten am 19. März aus Mainz ab und über Kreuznach-
Alzey-Worms-Pfeddersheim längs des Gebirges nach Landau.
V Damals M/z Monate alt.

Zsst .. i
Am 30. (oder 31.?) März plünderten sie Altleiningen, und
zogen am 1. April morgens aus Dürkheim ab, während die
Preußen nachmittags bereits in diese Stadt einrückteu.
Da durch sie die Gegeud von den Franzosen gesäubert
wurde, uud uoch überdies am 22. Juli 1793 Maiuz sich den
Preußen übergeben hatte, begreift man, warum König Friedrich
Wilhelm II. am 10. Augnst als „Retter" und „Befreier" be-
grüßt wurde.
Leider war dieser Feldzug trotz aller preußischen Siege
von Pirmasens (14. September 1793) und von Kaiserslautern
(22. Mai 1794) erfolglos, da sich die Oesterreicher aus Belgien
zurückzogen, was auch die Preußeu nötigte, aufs rechte Rheinufer
zurückzugehen. Tie Folge war, daß das linke Rheinufer — die
arme Pfalz — wieder in die Hände der Franzosen, der alten
Mordbrenner, fiel (Friede zu Basel 1795).
Anfang 1794 kamen sie wieder nach Dürkheim und ver-
brannten am 29. März die Hartenburg — 7 Monate nach jenem
Besuche König Friedrich Wilhelms.
Der oben genannte Fürst war der Fürst Emich Karl zu
Leiniugeup derselbe war geboren am 27. September 1763, ver-
mählt 1) mit Sophie Henriette, Gräfin Reuß-Lobeustciu, uud
2) mit Marie Louise Viktoria, Prinzessin von Sachsen-Coburg
(nachmaligen Mutter der jetzigen Königin Viktoria von England)
und starb 4. Juli 1814; der erwähnte kleine Prinz ist der da-
malige Erbprinz Friedrich Karl Heinrich Ludwig Emich gewesen,
der jedoch, 1. März 1793 geboren, schon wieder am 22. Februar
1800 verstarb.
Cassel, Oktober 1885.
<rcm Gmich Graf m rtlNMM-Mkervura,
Premier-Licut. im 11. Husar.-Rgt.

Kistorilcher herein.
lieber die letzte Sitzung desselben vom 4. November be-
richtet uns der Sekretär Professor Ur. Harstep folgendes:
„Tie letzte Ausschußsitzung des historischen Vereins der !
Pfalz darf wohl zn den denkwürdigsten gezählt werden, die der-
selbe seit seiner Neubegründnng im Jahre 1869 gesehen hat.
Galt sie doch der Vollendung eines Werkes, das fortan be-
stimmt ist, jeder auf die Geschichte unserer engeren Heimat be-
züglichen Forschung als Grundlage zu dienen, des Urkunden-
buches der Stadt Spei er. Dasselbe, bei Trübner in
Straßburg in glänzender Ausstattung erschienen, umfaßt nicht
weniger als 72^ Bogen in Quartformat, abgesehen von den :
bis ins einzelnste getreuen Abbildungen einiger der wichtigsten
Urkunden. Die Gesamtzahl dieser selbst beträgt 536, welche sich
auf einen Zeitraum von nahezu 700 Jahren verteilen, von der
Urkunde Siegberts II- , Königs der Franken, von circa 653,
worin der Speierer Kirche unter dem Bischöfe Principins dem
herrschaftliche Zehnten im Speier-Gau bestätigt wird, bis zum
Verzicht der Speierer Hausgenossen auf die Besetzung der Hälfte
des Rates und die meisten anderen ihrer bisherigen Vorrechte
im Jahre 1349. Daran schließen sich 8 umfangreiche, haupt-
sächlich auf die Regimentsverfassnng bezüglichen Anhänge und
zuletzt eiu 59 Seiten umfassendes Namensregister, ans dem
wohl am besten die fast unübersehbare Fülle neuen Stoffes zu
erkennen ist, welcher in diesem Werke keineswegs allein für die
Geschichte der Stadt Spcier oder selbst der Pfalz, sondern eines
 
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