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baut hatte, geriet in Flammen und brannte bis auf den Grund
weg und dergleichen mehr).
Hiermit endigt das angebliche Schreiben des Turpinus an
den Leoprandus.
Auch hier ist gut seiu.
Von Karl Deppisch.
ch habe manche großartige Gegend würdig des Pinsels
eines Claude Lorrain, Jakob Ruisdael oder Salvator
Rosa gesehen. Da bin ich nun kürzlich im engeren
Vaterlande, in der „schönen Pfalz", wieder einmal auf
ein kleines Paradies gestoßen, dem ich eine kurze Schil-
derung widmen möchte. Es ist die Umgebung von Bergzabern.
Freilich muß ich Lokalkundige um Verzeihung bitten, wenn ich
zu skizzenhaft referiere und meine Darstellung Lücken aufweist.
Ich bin eben nur wie im Fluge durchgekommen und da bleibt
natürlich nicht alles am Gedächtnisse haften, manches wird so-
gar übersehen. Bergzabern mag sich mir gegenüber eben trösten
mit Karlsbad, das eine ähnliche Lage hat und von nur in dem
jedenfalls sehr kurzen Zeiträume einer Stunde flüchtig in Augen-
schein genommen wurde.
Bergzabern ist mit der großen Welt verbunden durch ein
kleines Bähnchen („Zwergbähnel", wie der Urpfälzer dies nennt),
das bei Station Winden in die Schienenlinien mündet, welche
aus der Pfalz nach Elsaß und über den Rhein führen. Man
könnte diese Bahn mit jener vergleichen, welche Pforzheim und
Wildbad im Schwarzbalde verbindet, wenn die Bahn nach
Bergzabern auf beiden Seiten von Hügeln umgeben wäre, was
allerdings nicht der Fall ist. Man fährt durch die Ebene, ein-
mal auch durch ein Wäldchen, berührt die sehr anspruchslosen
Stationen Barbelroth — Oberhausen und Kapellen — Niederhor-
bach, nähert sich immer mehr dem Gebirge, an dessen Abhängen
Rebengelände und Wingertshäuschen einen freundlichen Anblick
gewähren und erreicht endlich die niedliche Station Bergzabern,
die jedoch keineswegs unkomfortabel ist.
Als ich hier den Zug verließ, empfingen mich zwei alte
treue Universitätsfreunde, die jetzt an der Bergzaberner Latein-
schule wirken. Bald warf ich einen Blick in den Hof des ehe-
maligen herzoglich zweibrückischen Schlosses, dessen Portal mit
den zwei gebückten Riesen teilweise verbaut ist, während im
Innern Privatwohnungen eingerichtet find und das Kasino ein
Heim gefunden hat. Eine kolossal lange Inschrift an der
Innenwand über genanntem Thoreingange gibt Zeugnis von
der zu Herzogszeiten herrschenden Weisheit. Wie werden hier-
an Herzog Wolfgang erinnert, der anno 1561 den Bau be-
gonnen hat. Herzog Johann I. hat ihn um das Jahr 1579
mittels Ausführung des zweiten Stockes und Ausstellung des
Uhrwerkes vollendet. Herzog Gustav Samuel aber, der in Nom
am 8. September 1696 katholisch geworden, stellte das im Jahre
1676 von den Franzosen niedergebrannte Schloß in den Jahren
1719—1725 wiederher, woselbst er auch eine Kapelle Herrichten
ließ.*) Das Schloß diente gewöhnlich Zweibrücker Herzoginnen
zum Witwensitz. Am längsten residierte hier die mit dem Pfalz-
Die Kapelle soll sich in einem der zwei geräumigen Türme be-
funden haben. Herzog Gustav Samuel erbaute auch im Schlosse zu
Zweibrücken eine Kapelle sowie mehrere Kirchen, zu welchen jene von
Obermoschel und Schönau gehören. Den drei christlichen Konfessionen
gab er völlige Religionsfreiheit, welche vorher nicht bestanden hatte.
grafen Christian 1U. von Birkenfeld-Zweibrücken vermählte
Herzogin Karoline, geborene Prinzessin von Nassau-Saarbrücken,
welche nach dem am 3. Februar 1735 erfolgten Tode ihres
Gemahles das Herzogtum selber sechsthalb Jahre geleitet hatte
bis zum Regierungsantritte ihres ältesten Sohnes Christian IV., !
der ebenfalls (im Jahre 1758) katholisch wurde. Genannte
Herzogin soll sehr wohlthätig gewesen sein. Hier wuchs heran
Prinzessin Karoline Henriette, Göthes „aroße Landgräfin", die
später in Darmstadt schaltete und von Friedrich dem Großen
hoch geschätzt wurde. Sie war die Großmutter der russischen
Kaiser Alexander und Nikolaus 1.
In der französischen Revolution wurde das Schloß aber-
mals ruiniert. Nur das Hauptgebäude ist restauriert.
Einer meiner an der ursprünglich von Herzog Wolfgang
gegründeten Lateinschule wirkenden Freundo hat, wie ich durch
eigene Besichtigung erfahren, in seiner noch im Bereiche des
Schlosses gelegenen Wohnung ein Pensionat für Studenten ein-
gerichtet, das alle Empfehlung verdient. Die jungen Leute,
welche ohnehin an der isolierten, nicht übermäßig besetzten und
unter einem ausgezeichneten Subrektor stehenden Lateinschule ge-
wissenhaft instruiert und in beständiger Aktivität erhalten wer-
den, finden in der betreffenden Professorensamilie liebevolle Pflege
und strenge Aussicht. Knaben aus allen Konfessionen können
sich da einlogieren und werden, wenn sie es an gutem Willen
nicht fehlen lassen, diesen Aufenthalt zeitlebens nicht zu be-
reuen haben.
Doch nun zu den Spaziergängen von Bergzabern. Vor-
über an einem alten, mit Erker versehenen, stattlichen Gebäude
(dem „Engel") sowie an verschiedenen anderen hübschen Woh-
nungen gewinnen wir das Freie und erblicken beim Thalein-
gange verschiedene zierliche Villen wie die S. Excellenz des
Herrn Generals Frhr. v. Gumppenberg, vernehmen auch, daß
hoch zu unserer Rechten der Frauenberger Hof liegt, welchen
Herr Regierungseat von Maillot bewohnt, müssen uns aber
leider bei der Kürze unserer Zeit den Genuß versagen, dem-
selben näher zu treten. Nicht genug kann ich dagegen den
hübschen Weg bewundern, welchen der eifrige Verschönerungs-
verein hier angelegt hat. Ebenso verdienen die einfachen, aber
Praktischen Ruhebänke hervorgehoben zu werden, welche sich
häusft in der Nähe des Weges finden, aber in richtiger Würdi-
gung der Wünsche der Passanten wie der Ausruhenden so postiert
sind, daß kein Teil belästigt wird. Ja, dieser Weg am Berges-
hang im Kastanienwalde hat seine Reize, die ihm niemand ab-
sprechen wird. Einmal sah ich mich einer hohen, bewaldeten
Gebirgswand gegenüler. Das war ganz alpenmäßig und man
konnte einen Augenblick glauben, mau wandere in der Nähe des
Klosters Georgenberg in Nordtirol.
Dann zeigt sich wieder ein hübscher Aussichtspunkt über
das Thal und unten auf mäßiger Erhöhung, von saftigem Grün
umgeben, eine allerliebste, nagelneue Villa mit Veranda und
Türmchen.
In dieser Gegend spielt auch eine Sage — wo spielt sie
nicht? — Die Sage lautet: Eine Fürstentochter namens Petro-
nella wurde von einem Ritter entführt und auf den jetzt noch
„Peternell" genannten, tannenbesetzten Berg gebracht, wo sie in
einer von unbehauenen Steinen zusammengesetzten Wohnung j
lebte, bis die Entdeckung stattfand. Der Ritter fiel nun in
Verteidigung der Prinzessin, diese aber tötete sich und ihre beiden
baut hatte, geriet in Flammen und brannte bis auf den Grund
weg und dergleichen mehr).
Hiermit endigt das angebliche Schreiben des Turpinus an
den Leoprandus.
Auch hier ist gut seiu.
Von Karl Deppisch.
ch habe manche großartige Gegend würdig des Pinsels
eines Claude Lorrain, Jakob Ruisdael oder Salvator
Rosa gesehen. Da bin ich nun kürzlich im engeren
Vaterlande, in der „schönen Pfalz", wieder einmal auf
ein kleines Paradies gestoßen, dem ich eine kurze Schil-
derung widmen möchte. Es ist die Umgebung von Bergzabern.
Freilich muß ich Lokalkundige um Verzeihung bitten, wenn ich
zu skizzenhaft referiere und meine Darstellung Lücken aufweist.
Ich bin eben nur wie im Fluge durchgekommen und da bleibt
natürlich nicht alles am Gedächtnisse haften, manches wird so-
gar übersehen. Bergzabern mag sich mir gegenüber eben trösten
mit Karlsbad, das eine ähnliche Lage hat und von nur in dem
jedenfalls sehr kurzen Zeiträume einer Stunde flüchtig in Augen-
schein genommen wurde.
Bergzabern ist mit der großen Welt verbunden durch ein
kleines Bähnchen („Zwergbähnel", wie der Urpfälzer dies nennt),
das bei Station Winden in die Schienenlinien mündet, welche
aus der Pfalz nach Elsaß und über den Rhein führen. Man
könnte diese Bahn mit jener vergleichen, welche Pforzheim und
Wildbad im Schwarzbalde verbindet, wenn die Bahn nach
Bergzabern auf beiden Seiten von Hügeln umgeben wäre, was
allerdings nicht der Fall ist. Man fährt durch die Ebene, ein-
mal auch durch ein Wäldchen, berührt die sehr anspruchslosen
Stationen Barbelroth — Oberhausen und Kapellen — Niederhor-
bach, nähert sich immer mehr dem Gebirge, an dessen Abhängen
Rebengelände und Wingertshäuschen einen freundlichen Anblick
gewähren und erreicht endlich die niedliche Station Bergzabern,
die jedoch keineswegs unkomfortabel ist.
Als ich hier den Zug verließ, empfingen mich zwei alte
treue Universitätsfreunde, die jetzt an der Bergzaberner Latein-
schule wirken. Bald warf ich einen Blick in den Hof des ehe-
maligen herzoglich zweibrückischen Schlosses, dessen Portal mit
den zwei gebückten Riesen teilweise verbaut ist, während im
Innern Privatwohnungen eingerichtet find und das Kasino ein
Heim gefunden hat. Eine kolossal lange Inschrift an der
Innenwand über genanntem Thoreingange gibt Zeugnis von
der zu Herzogszeiten herrschenden Weisheit. Wie werden hier-
an Herzog Wolfgang erinnert, der anno 1561 den Bau be-
gonnen hat. Herzog Johann I. hat ihn um das Jahr 1579
mittels Ausführung des zweiten Stockes und Ausstellung des
Uhrwerkes vollendet. Herzog Gustav Samuel aber, der in Nom
am 8. September 1696 katholisch geworden, stellte das im Jahre
1676 von den Franzosen niedergebrannte Schloß in den Jahren
1719—1725 wiederher, woselbst er auch eine Kapelle Herrichten
ließ.*) Das Schloß diente gewöhnlich Zweibrücker Herzoginnen
zum Witwensitz. Am längsten residierte hier die mit dem Pfalz-
Die Kapelle soll sich in einem der zwei geräumigen Türme be-
funden haben. Herzog Gustav Samuel erbaute auch im Schlosse zu
Zweibrücken eine Kapelle sowie mehrere Kirchen, zu welchen jene von
Obermoschel und Schönau gehören. Den drei christlichen Konfessionen
gab er völlige Religionsfreiheit, welche vorher nicht bestanden hatte.
grafen Christian 1U. von Birkenfeld-Zweibrücken vermählte
Herzogin Karoline, geborene Prinzessin von Nassau-Saarbrücken,
welche nach dem am 3. Februar 1735 erfolgten Tode ihres
Gemahles das Herzogtum selber sechsthalb Jahre geleitet hatte
bis zum Regierungsantritte ihres ältesten Sohnes Christian IV., !
der ebenfalls (im Jahre 1758) katholisch wurde. Genannte
Herzogin soll sehr wohlthätig gewesen sein. Hier wuchs heran
Prinzessin Karoline Henriette, Göthes „aroße Landgräfin", die
später in Darmstadt schaltete und von Friedrich dem Großen
hoch geschätzt wurde. Sie war die Großmutter der russischen
Kaiser Alexander und Nikolaus 1.
In der französischen Revolution wurde das Schloß aber-
mals ruiniert. Nur das Hauptgebäude ist restauriert.
Einer meiner an der ursprünglich von Herzog Wolfgang
gegründeten Lateinschule wirkenden Freundo hat, wie ich durch
eigene Besichtigung erfahren, in seiner noch im Bereiche des
Schlosses gelegenen Wohnung ein Pensionat für Studenten ein-
gerichtet, das alle Empfehlung verdient. Die jungen Leute,
welche ohnehin an der isolierten, nicht übermäßig besetzten und
unter einem ausgezeichneten Subrektor stehenden Lateinschule ge-
wissenhaft instruiert und in beständiger Aktivität erhalten wer-
den, finden in der betreffenden Professorensamilie liebevolle Pflege
und strenge Aussicht. Knaben aus allen Konfessionen können
sich da einlogieren und werden, wenn sie es an gutem Willen
nicht fehlen lassen, diesen Aufenthalt zeitlebens nicht zu be-
reuen haben.
Doch nun zu den Spaziergängen von Bergzabern. Vor-
über an einem alten, mit Erker versehenen, stattlichen Gebäude
(dem „Engel") sowie an verschiedenen anderen hübschen Woh-
nungen gewinnen wir das Freie und erblicken beim Thalein-
gange verschiedene zierliche Villen wie die S. Excellenz des
Herrn Generals Frhr. v. Gumppenberg, vernehmen auch, daß
hoch zu unserer Rechten der Frauenberger Hof liegt, welchen
Herr Regierungseat von Maillot bewohnt, müssen uns aber
leider bei der Kürze unserer Zeit den Genuß versagen, dem-
selben näher zu treten. Nicht genug kann ich dagegen den
hübschen Weg bewundern, welchen der eifrige Verschönerungs-
verein hier angelegt hat. Ebenso verdienen die einfachen, aber
Praktischen Ruhebänke hervorgehoben zu werden, welche sich
häusft in der Nähe des Weges finden, aber in richtiger Würdi-
gung der Wünsche der Passanten wie der Ausruhenden so postiert
sind, daß kein Teil belästigt wird. Ja, dieser Weg am Berges-
hang im Kastanienwalde hat seine Reize, die ihm niemand ab-
sprechen wird. Einmal sah ich mich einer hohen, bewaldeten
Gebirgswand gegenüler. Das war ganz alpenmäßig und man
konnte einen Augenblick glauben, mau wandere in der Nähe des
Klosters Georgenberg in Nordtirol.
Dann zeigt sich wieder ein hübscher Aussichtspunkt über
das Thal und unten auf mäßiger Erhöhung, von saftigem Grün
umgeben, eine allerliebste, nagelneue Villa mit Veranda und
Türmchen.
In dieser Gegend spielt auch eine Sage — wo spielt sie
nicht? — Die Sage lautet: Eine Fürstentochter namens Petro-
nella wurde von einem Ritter entführt und auf den jetzt noch
„Peternell" genannten, tannenbesetzten Berg gebracht, wo sie in
einer von unbehauenen Steinen zusammengesetzten Wohnung j
lebte, bis die Entdeckung stattfand. Der Ritter fiel nun in
Verteidigung der Prinzessin, diese aber tötete sich und ihre beiden