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Verein Historisches Museum der Pfalz [Editor]; Historischer Verein der Pfalz [Editor]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 15.1898

DOI issue:
[Nr. 1] [1. Januar 1898]
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https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/pfaelzisches_museum1898/0017
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heiten kennen; denn die Bestallungen der Beamten und Diener, die ihrem ganzen umständlichen
Wortlaut nach den Inhalt der Kopialbücher bilden, enthalten genaue Anweisungen, was eines
jeden Amt und Aufgabe war Ls gab eine Hof-Mühle, -Bäckerei, j-Schlächterei, -Bierbrauerei,
-Gärtnerei. -Hellerei u. s. w, und zwar in ausschließlichem Sinn, nicht wie solche hoftitel nach
heutigen Verhältnissen aufmfassen wären. Über den Betrieb in diesen Gewerben wird in den
Bestallungen die beste Auskunst erteilt. Richt minder geschieht dies über Verwaltung und Rechts-
pflege, Forstwesen und Jagd, über Reltwesen, Bergbau, Geldwährung, Geldwert, Münzwesen,
Maste und Gewichte sowie über Gehaltsverhältnisse und Naturalverpflegung der Beamten und
Diener wie eigenartig fühlen wir uns z. B angemute', dast ein Bestandteil des Gehalts der
Beamten, von den höchsten bis zu den niedersten, ein Stück Sommer- oder Winterhoftuch bildete,
dast vielen der Etaatsdiener Getreide und wein als Teil der Besoldung geliefert wurden, ferner
wie es durchaus üblich war, dast die Unterthanen den Beamten Geschenke machten und die
Beamten sie anzunehmen hatten, wobei diese allerdings nicht mehr behalten durften, als was
über emen Kapaun, eine Gans oder ein viertel (Ghm> wein nicht hinausging, Den Ueberschust
halten sie einzusenden oder zu verrechnen und dann abzuwarten, was ihnen der Landesherr nach
trä stich noch davon überliest. Leim Lergbauwesen gewinnen wir die wichtigsten Einblicke in
umfangreiche Bergwerksanlagen; denn der pfälzische Boden gab fiüher beträchtliche Mengen von
Edelmetallen her, so namenilich Silber und Ouecksilber. Man erfährt, dast Steinkohlen schon
seit 1Z46 m der Gemarkung der damals Zweibrückischen Ortschaften Duchrod-Gberhausen ge-
fördert wurden und daß die herzogliche Samstie durch Kuxe an diesen und andern Bergwerks-
betrieben beteiligt war. Richt von geringerer Wichtigkeit ist das, was durch Lids Arbeit über
die Landesverteidigung bekannt wird: Ls gab ein Berufsheer und ferner ein Beamtenheer, das
gewissermaßen dre Reserve darstellte Im Berufsheer waren neben denen, die dem eigentlichen
Soldatenhandwerk anoehörten, die außer Dienst befindlichen Zivilbeamten eingereiht Die ganze
Mannschaft des Berufsheeres führte die Bezeichnung „Reistge'^von Haus aus". Das Beamten-
heer dagegen umfaßte die Reisigen Diener"; es setzte sich zusammen aus den Zivilbeamten des
Landes, adelichen und bürgerlichen, hohen und medern, soweit sie nur einigermaßen die Waffen
zu führen vermochten, herzogliche Räte, Kanzler, Vögte, Amtsknechte, Zollaufseher u. s. w.
zählten zu diesem Reserveheer. „Reisige Diener" blieben die Beamten auch dann noch, wenn sie
aus ihrem Zivilamt ausschieden. Sür Beamte im Ruhestand bildete dann ihre militärische Ligen-
schaft eine Einnahmequelle, denn sie ei hielten eine kleine Bezahlung, sowie das Sutter für Pferde,
die «sie erst im Kriegsfall zu stellen hatten Den breitesten Raum im Lidschen Werk nimmt die
namentliche Aufzählung der Beamten und Diener mit je daran anschließendem Auszug aus ihrer
Bestallung ein, wobei auch gleich Tag der Anstellung oder des Ausscheidens aus dem Dienst und
ähnliches vermerkt ist. Beimr Durchlesen der in den Bestallungen fast immer enthaltenen Dienst-
anweisungen, die in einzelnen Sällen wörtlich wiedergegeben sind, unterrichtet man sich vortrefflich
über alle Hof- und Staatseinrichtungen. Man macht Bekanntschaft mit der Hofkanzlei, der
Hofkapelle und Hofschule wie die Prinzen erzogen werden sollten, erfährt man aus den Dienst-
verträgen, die mit den Lehrmeistern abgeschlossen wurden, und ein wichtiges Gebiet, Hofhaushalt
samt Hofküche, lernt man auf ähnliche weise kennen; namentlich die vollständig abgedruckte
Anweisung für einen hofkrüchenmelster (vom Jahre 1Z99) liefert zugleich ein Bild vom Herzog
lichen Privathaushalt: Das Siühstück bei Hofe bestand aus Suppe, die im Sommerhalbjahr
um 7 Uhr, im Winterhalbjahr um 8 Uhr aufgetragen wurde. Dann folgten um 10 Uhr der
„Morgenimbs", um 1 Uhr (im Sommer), nm 2 Uhr (im Winter) die „Untertränke" und zuletzt
um Z Uhr der „Rachtimbs". wer zu spät kam, dein hatte der Küchenmeister nichts zu verab-
reichen Ls wird ferner berichtet, daß der Unterkeller (der Küfer) des herzoglichen Hofs keine
Geschenke, auch keine Dpuschen nehmen dürfe. (S. 67). hinter das wort'Druschen ist ein (?)
gesetzt. Lid hatte also keine Erklärung für das veraltete Wort. Ich wußte auch keine, aber
ich langte, ohne mich darum von mernem Schreibtisch erheben zu müssen, nach dem mittelhoch'
deutschen Taschenwoiterbuch von Matthias Lexer und fand darin sofort): llrusvns ürumns, ärussn-
Lodensatz. Da haben wir also den Ausdiuck „Draschen"; er bezeichnete den Trübwein, dec dem
Küfer denn Abfüllen des Weins übrig blieb. Der Unterkeller durfte die Draschen nicht zum
eigenen Vorteil verwerten, sondern hatte sie wahrscheinlich unter den Gesiudeweui zu mengen
 
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