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Verein Historisches Museum der Pfalz [Editor]; Historischer Verein der Pfalz [Editor]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 15.1898

DOI issue:
Nr. 7 (1. Juli 1898)
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https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/pfaelzisches_museum1898/0102
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Vor allem war Schönlaub jetzt bemüht/ seine Begnadigung zu erlangen. In
seinem bisherigen Leben war er zu sehr mit der Stadt Landau verwachsen gewesen/
als daß er nicht darnach gestrebt hätte/ dort seine Thätigkeit wieder entfalten zu
dürfen. Er besaß in der Stadt noch das große herrschaftliche Haus/ das er von
seinem Vater ererbt hatte/ sowie auch das Häuschen mit der Goldschmiede und
einige Weingärten. Einmal wieder in der Stadt/ war ihm die Möglichkeit gegeben/
sich eine lohnende Thätigkeit zu sichern/ indem er sich dem Geschäftsleben zuwandte.
Vielleicht gelänge es ihm sogar/ sich mit der Zeit wieder das eine oder andere
seiner ehemaligen Aemter zu erobern.
Von Rhodt aus hatte sich Schönlaub endlich mit seinem Freunde/ dem General-
sekretär des Kardinals und Premierministers Fleury/ in Verbindung setzen können
und dieser war alsbald beim Kardinal selbst für ihn eingetreten. Es fehlte wenig/
so wäre sogar Minister d'Angevillers darüber in Ungnade gefallen. Der General-
sekretär hatte vor allem bedauert/ daß er so spät von seiner Provinzbereisung
zurückgekehrt war/ um die Verurteilung des Bürgermeisters zu verhindern/ oder
noch besser/ die ganze Anklage zu unterdrücken. Er verstand es jetzt/ dem Kardinal
die erfolgreiche Thätigkeit Schönlaubs um die Verwischung des deutschen Gepräges
der jüngsten Stadt Frankreichs ins volle Licht zu stellen. Er forderte de Valorst
den ehemaligen Königslieutenant von Landau und späteren Intendanten des Nieder-
Elsaß zum Zeugen für Schönlaub auf. Valorst der bei dieser Gelegenheit wieder
zu Gnaden kany berichtete natürlich nur rühmliches vom Bürgermeister und diesem
amtlichen Zeugnis fügte der Generalsekretär auf Grund persönlicher Bekanntschaft
mündlich ein hohes Lob hinzu: Es sei ja am Ende richtig/ daß man Schönlaub
bei der Verwaltung der Stadt manche Ungehörigkeit nachgewiesen hätte/ aber eine
überreichliche Sühne wäre erfolgt und nun könnte man wieder Gnade walten lassen/
um sich später einmal Schönlaubs Talente und tüchtige Arbeitskraft zum Wohl
des Staates und zur Befestigung der neu erworbenen deutschen Gebietsteile nutz-
bar zu machen. So lauteten die Vorstellungen/ die der Generalsekretär bei Seiner-
Eminenz zu Gunsten Schönlaubs erhob/ und wirklich drang er damit durch/ denn
nach einigem Erwägen sprach der Kardinal: „Der König kann bestrafen/ aber auch
wieder Gnade walten lassen/ ich werde Seine Majestät bitten/ die Verbannung
des abgesetzten Bürgermeisters aufzuheben/ du dieser Verdienste um Frankreich auf-
weisen kann". Damit entließ Seine Eminenz huldvoll deu Generalsekretär/ der
sich eigens iu dieser Angelegenheit die Privataudienz erbeten hatte.
Das Begnadigungsdekret wurde wirklich bald ausgefertigt und vom König
selbst unterzeichnet. Oar tot ost i^otrs pluisir! — so lautete wie bei allen könig-
lichen Erlassen die Schlußphrase in der Pergamentschrift/ die mit dem großen
Jnsiegel des Königs versehe«/ dem Begnadigten zugefertigt wurde. Die Ehre des
verbrecherischen Richters/ des Diebes von Witwen- und Waisengeldern/ war damit
von amtswegen rein und fleckenlos wiederhergestellt. Der König hatte es befohlen
und so war die Ehrbarkeit des Begnadigten nun auch unumstößliche Thatsache.
Der Spruch/ den Juvenal einem römischen Kaiser in den Mund legt: „So will
ich, so befehle ich/ statt der Vernunft setz' ich den Willen" spiegelre sich wieder in
der stolzen Formel des französischen Königs: „Denn so gefällt es Uns!"
Eines Tages vernahm man in der Stadt Landau die Kunde/ daß der ver-
bannte Bürgermeister Schönlaub begnadigt worden sei. Und wirklich waren kaum
zwei Tage ins Land gegangen/ so kam der Herr Nachmittags zwei Uhr in einer
Karosse zur Stadt hereingefahren/ begleitet von einer berittene«/ militärischen
Ehrenwache/ die ihn, vier Mann hoch/ vor dem deutschen Thor erwartet hatte.
Langsam durchfuhr Schönlaub in der offenen Karosse die belebtesten Straßen und
Plätze der Stadt/ um sich allenthalben sehen zu lassen und so darzuthun/ daß die
Verbannung ihr frühzeitiges Ende erreicht habe. Ungescheut durfte er sich wieder
in Landau zeigen/ denn die Gewährung einer Ehrenwache mußte jedermaun offen-
 
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