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Monatsblätter für christliche Kunst I. Jahrgang, 4. Heft, Januar 1909
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst. Preis für den Jahrgang inkl. Frankozustellung M 3.-—

SEIT WANN SIND DIE FENSTER
VERGLAST?
Von MAX HASAK, Grünewald bei Berlin.
(Schluss.)
Was die Glasmalerei betrifft, so fliessen
die Quellen spärlicher, doch lässt sich
zeigen, dass schon vor dem Jahre 1000 die-
selbe bekannt und geübt war. In der 2. Lebens-
beschreibung des hl. Ludger, Bischofs von
Münster, welcher 809 stirbt, wird erzählt, wie
eine Blinde während des Nachtgottesdienstes
sehend wird. (Die Lebensbeschreibung be-
findet sich in der Kgl. Bibliothek zu Berlin
fol. 28. b, und ist kurz nach 864 abgefasst.)1)
„Et primo quidem se posse candelas cernere
ardentes laetabunda exclamavit, postmodum
aurora jam rubescente at luce paulatim
per fenestras irradiante imagines in eas
factas monstrare digito cepit.“
(Und zuerst nämlich rief sie freudenvoll aus,
sie könne die brennenden Lichter sehen; dar-
auf, als die Morgenröte schon leuchtete und
das Licht allmählich durch die Fenster
strahlte, fing sie an mit ihrem Finger die
Bilder in ihnen zu zeigen.)
Von Adalbero, einem Erzbischof von Rheims,
968—89 berichtet Richer:
»Quam fenestris diversas continenti-
bus historias dilucidatam, campanis mugi-
entibus acsi tonantem dedit.“2)
’) Repertorium für Kunstwissenschaft. 1880. (Abhand-
lung von Nordhoff.) S. 461.
2) RicheriHistoriarum quat.libri. Reims. 1855. lib.III. c.23.

(.. . die er durch Fenster, welche ver-
schiedene Geschichten enthielten, er-
leuchtet hatte, machte er durch dröhnende
Glocken wie donnernd.)
Aus Dijon berichtet das Chron. s. Benigni
Divion. zum Jahr 1001 :
„s. Pascasia virgo . . . Cumque immobilis
in fide Christi persisteret primo carceris af-
flicta squalore: postea pro confessione Dei-
tatis sententia fuit multata capitali; ut quaedam
vitrea antiquitus facta et usque ad nostra
perdurans tempora eleganti praemonstrabat
pictura.*)
(Die hl. Paschasia ... Da sie fest im Glauben
Christi beharrte, wurde sie zuerst mit dem
Schmutz des Gefängnisses gepeinigt, später
wegen des Bekenntnisses der Gottheit zur
Enthauptung verurteilt, wie es ein Glas-
fenster, in alter Zeit gemacht und bis auf
unsere Zeiten überdauernd, in schöner
Malerei zeigte.)
Aus Tegernsee hat sich um das Jahr 1000
folgendes Dankesschreiben erhalten:2)
„Dignissimo Comiti Arnoldo, gloria mul-
timodarum virtutum ubique diffamato Abbas,
Gozbertus fratrumque sibi subjectorum con-
ventus sedulitatem precaminum et salutem in
Domino. Fidelissimae devotionis exercitia, quae
tarn longi temporis nobis ac nostris a vobis
infatigabiliter diversitate laborum magnitudine-
’) D’Achery spicilegium. Paris 1723, II, S. 383.
“) Pez und Hüber. Codex diplomatico-historico. Wien
und Graz. 1729, Bd. 6, Teil 1, S. 122.
 
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