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Monatsblätter für christliche Kunst I. Jahrgang; 11. Heft; August 1909
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst. Preis für den Jahrgang inkl. Frankozustellung M 3.—

AUS DER EHEMALIGEN NICOLAI-
KIRCHE IN MÜNCHEN-SCHWABING
Von Architekt Theodor DOMBART
So modern unsere Zeit ist, so widmet sie
doch besondere Beachtung auch der Ver-
gangenheit. Das ist zu begrüssen, und diese
Zeitströmung muss man ausnützen, um da und
dort zusammenzustellen und aufzubewahren,
was sonst leicht der Zerstreuung und Ver-
gessenheit anheimfallen würde.
Da fühle ich mich verpflichtet, solch einen
Liebesdienst auch einem Kirchlein zu erweisen,
dem schweres Unrecht angetan wurde dadurch,
dass man es der Stadterweiterung und Speku-
lation zum Opfer fallen liess und obendrein
es nicht einmal für der Mühe wert fand, vor
dem Abbruch Grundriss, Schnitt, Innen- und
Detailaufnahmen herzustellen. Es handelt sich
um die ehemalige Nikolaikirche in München-
Schwabing.
Soweit es io Jahre nach dem Verschwinden
dieses idyllischen, traulichen Gotteshauses noch
möglich war, suchte ich zu sammeln, was sich
auftreiben liess, und es war gerade noch nicht
zu spät.
Die ursprüngliche Anlage zeigte gotische
Formen; es war ein langgestrecktes Schiff
mit eingezogenem (d. h. schmälerem) Chor.
Seine spätere Gestalt, die unsere Abbildungen
zeigen, erhielt das Kirchlein zu Anfang des
17. Jahrhunderts: 1624 wurde es erweitert, er-
hielt also wohl den südlichen Seitenbau und

die Vorhalle. Die Erweiterung des Chors er-
folgte 1663 und mit dieser Arbeit wurde eine
Renovierung der älteren Teile verbunden. Vor
der Verzopfung hatte das Kirchlein einen Spitz-
turm.1) (Vgl. die Abb. S. 84, 86, 87.)
Von der ursprünglich gotischen Kirche be-
wahrt das Münchener Nationalmuseum noch
ein Lindenholzhochrelief (1,34X1,15) nach-
weislich aus dem ehemaligen Altarschrein, das
Maria am Pfingstfest von den Aposteln um-
ringt zeigt und, eine gute deutsche Arbeit, vom
Ende des 15. Jahrhunderts sein wird.
Aus ungefähr derselben Zeit waren die
grossen Holzskulpturen der 14 Nothelfer, die
früher viel Verehrung genossen hatten, aber
zur Zeit der Renaissanceepidemie auf den
Dachboden wandern mussten, um ihren zeit-
gemässeren Nachfolgern Platz zu machen.
Diese neuen 14 Nothelfer waren entzückend-
zierliche Holzstatuetten von durchschnittlich
32 cm Grösse, lebendig in Pose und gut in
Form und Farbe. Sie standen auf einem
Postament vor einer architektonisch umrahmten
Nische der Südwand, zu den Füssen einer
85 cm grossen, guten Muttergottesfigur, die
das Jesuskind auf dem Arm hatte. Eine In-
schrift an dem ganzen Schmuckstück besagte:
„Der heiligen Jungfrau Maria zu Ehr hat
Augustin Schmid seines Alters bei 80 Jahr, so
30 Jahr in dem Haus (Leprosenhaus) gewesen
Ausführliches über das Architektonische und Ge-
schichtliche vergleiche „Süddeutsche Bauzeitung“ Nr. 21.
22. Mai 1909.
 
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