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Monatsblätter für christliche Kunst I, Jahrgang, 6. Heft, März 1909
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst. Preis für den Jahrgang inkl. Frankozustellung M 3.—

KÜNSTLERISCHER BUCH-
SCHMUCK IM MITTELALTER
Von Dr. SEB. HUBER (Freising)
(Dazu die Abbildungen dieses Heftes)
Die Bücher mit Bildern zu schmücken, ist
kein Brauch von heute oder gestern.
Besonders verstand sich das ganze Mittelalter,
freilich nicht in allen Jahrhunderten gleich
gut, vortrefflich darauf. Der Buchschmuck des
Mittelalters bildet einen eigenen Kunstzweig,
dessen Werke mit Recht die Aufmerksamkeit
aller Kunstfreunde auf sich ziehen. Nicht bloss
Spezialforscher geben sich mit demselben ab,
auch die Kenner der allgemeinen Kunst-
geschichte wenden sich mit Freuden dem-
selben zu, weil in den kleinen verborgenen
Bildchen der Bücher oftmals die Lösung für
Rätsel gefunden wird, welche die Entwicklung
der monumentalen Malerei auferlegt. — Der
Schmuck, den das Mittelalter seinen Büchern
gab, bestand zum Teil in Federzeichnungen,
zum Teil in Miniaturen.
Die Federzeichnungen geben die Figuren
nur im Umriss in Schwarz oder Rot, hin und
wieder wurde etwas Farbe angewandt, aber
verhältnismässig selten, z. B. gerne von den
Irländern. Die Figuren bleiben lange Zeit in
der Fläche, erst im 14. Jahrhundert kommt
es langsam und schüchtern zur’Modellierung
mittelst Schattengebung. Solche Federzeich-
nungen finden sich schon gegen Ende des
1. Jahrtausends, besonders bei den Irländern,

dann in St. Gallen, im höheren Mittelalter
sehr häufig in den bayerischen Klöstern, deren
Tätigkeit eine kontinuierliche Entfaltung auf-
weist. Bei aller Einfachheit dieser Art die
Bücher zu schmücken, hat sie doch einen
nicht zu unterschätzenden künstlerischen Wert.
So unvollkommen, ja unrichtig die Zeich-
nungen der Figuren lange Zeit hindurch
blieben, es kam in ihnen doch schon von
Anfang an das individuelle Empfinden des
Künstlers gut zum Ausdruck und das Ver-
ständnis für den Anschluss an die Natur rasch
selbständig zur Entfaltung. Angewendet wurde
die Federzeichnung hauptsächlich in Büchern,
die nicht liturgischen Zwecken, sondern mehr
dem Unterrichte des Volkes dienten, wie in
den Armenbibeln, in den Weltchroniken usw.
Die Miniaturen bilden die malerische Zier
der liturgischen und religiösen Bücher: der
Bibel, des Psalters, der Evangeliarien, Sakra-
mentarien, Breviarien, Horarien, Bibelüber-
setzungen, aber auch, wenn zwar seltener, von
Büchern profanen oder gemischten Inhaltes,
wie von Liedersammlungen, von Übersetzungen
antiker Klassiker usw. usw. Die Miniaturen
haben ihren Namen von minium, Mennig, dem
Zinnoberrot, das bei ihrer Herstellung vor allem
in Anwendung kam; doch bediente man sich
aller Farben, besonders gern des Blau, Gelb,
Grün. Gold wurde häufig zur Herstellung des
Hintergrundes verwendet, solange dieser neutral
blieb, aber auch zur Bildung des Faltenwurfes.
Die Farben wurden auf dem mit Kreidegrund
 
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