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Monafsblätter für christliche Kunst I. Jahrgang, 10. Heft, Juli 1909
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst. Preis für den Jahrgang in kl. Frankozustellung M 3.—

KIRCHENHEIZUNG, EIN ERFOR-
DERNIS UNSERER ZEIT!
Von HUGO STEFFEN, Architekt, München
Zahlreich dürften Jahr für Jahr die Er-
krankungen sein, welche sich Andächtige
wie Geistliche, und nicht nur die älteren, in
den Wintermonaten durch Aufenthalt in un-
geheizten Kirchen zuziehen. Darum sollte in
unserer Zeit der modernen Technik bei Er-
bauung neuer Gotteshäuser unbedingt eine
gute Heizung vorgesehen werden, die man,
wenn auch nicht immer, so doch wenigstens
bei allen längere Zeit in Anspruch nehmenden
gottesdienstlichen Handlungen in Funktion
treten lassen kann.
Oftmals freilich scheut man nicht nur die
Kosten für Anlage wie Betrieb, sondern fürchtet
auch hier und da in den tagsüber geöffneten
Kirchen den Andrang von Wärmesuchenden,
welche nicht immer die erwünschten und
frömmsten Kirchenbesucher sind. Aber letzteres
kleine Bedenken dürfte wahrlich nicht stich-
haltig gegen den grossen Vorteil einer ge-
heizten Kirche sein.
Doppelte Überkleider nebst entsprechendem
Schuhwerk, desgleichen die Wärmflasche, die
man namentlich früher in die Kirchen mitnahm,
auch ein Belegen des steinernen Fussbodens
mit Holz als Schutz gegen kalte Füsse sind
alles doch nur dürftige Notbehelfe und geringe
Abwehr der oft geradezu grimmigen Winter-
kälte. Und doch hat unsere hochentwickelte

Technik für zweckmässige, treffliche Kirchen-
heizung Sorge getragen, welche aber selbst in
den neuesten Kirchen, hauptsächlich der Kosten
wegen, nur ganz selten eingeführt ist. Es
kommen übrigens hierbei fast ausnahmslos die
alten wie neuen katholischen Gotteshäuser in
Frage, denn in beinahe allen protestantischen
Kirchen, die ja nur stundenweise geöffnet sind,
ist die Heizung schon längst durchgeführt; es
kann sich bei diesen also nur um eine even-
tuelle Verbesserung der alten Heizmethode
handeln.
Ein jedes Theater, alle Konzertsäle, Eisen-
bahnwägen, ja selbst Trambahnen sind für den
Winter gut heizungsfähig gemacht, nur unseren
meisten Gotteshäusern fehlt diese Wohltat.
Selbst in den neuerbauten Münchener Kirchen
zu St. Paul, St. Maximilian, St. Rupertus usw.
kam keine Heizanlage zur Ausführung. Es ist
daher nicht genug anzuerkennen, dass Stadt-
pfarrer Gerhauser bei seiner aus mittelalter-
licher Zeit stammenden, später barockisierten
Heiligengeistkirche zu München gelegentlich
einer notwendigen und umfassenden Restau-
rierung auch der Kirchenheizung gedachte und
dieselbe trotz mancher Unannehmlichkeiten
zur Durchführung brachte!
In den letzten Jahren erst fing man über-
haupt an, den ehrwürdigen alten wie neuen
katholischen Gotteshäusern die Aufmerksam-
keit bezüglich der Anlage von Heizungen zu-
zuwenden. Es ist ja doch eine notwendige
Forderung, auch den Aufenthalt in Kirchen
 
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