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Monatsblätter für christliche Kunst, praktische Kunstfragen und kirchliches Kunsthandcverk
III. Jahrgang, 7. Heft, April 1911
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, München. — Preis des Jahrgangs inkl. Frankozustellung M3.—

DIE LITHOGRAPHIE
enefelder verdankte seine Erfindung, die
Lithographie (Steinzeichnung), einem gün-
stigen Zufall; sie hat sich bis in unsere Tage
erfolgreich behauptet, trotz aller Bemühungen
auf dem Gebiete ein- und mehrfarbiger Repro-
duktionstechnik. Die guten, alten lithogra-
phischen Blätter bildeten, wie Stahl- und Kupfer-
stich, von jeher ein beliebtes Sammelobjekt.
Als sich jedoch die Industrie der Technik
bemächtigte und mit den sogenannten Chromos
den Markt überschwemmte, da geriet das litho-
graphische Produkt allmählich arg in Miss-
kredit und wurde lange Zeit fast nur noch
handwerksmässig betrieben. Erst mit dem
Aufschwung unserer angewandten Kunst wurde
auch diesem verdienstvollen Zweige der Druck-
technik wieder die gebührende Achtung und
Pflege zuteil.
Die Aufgabe, die beim Holzschnitte dem
Holzstock und bei der Zinkographie (vergl.
den „Pionier“ I. Jahrgang, 2. und 7. Heft)
der Zinkplatte zufällt, erfüllt bei der Litho-
graphie der Stein; das Druckverfahren selbst
gehört wie der Lichtdruck in die Gattung des
Flachdrucks. Während nun der Holzschnitt
(späterhin die Zinkographie) seinem ganzen
Wesen nach ausgesprochen den Typus der
strengen Zeichnung vertritt, vereinigt die Litho-
graphie in sich sowohl den Stil der scharfen
Form (Federzeichnung, und Gravur), wie auch

die malerischen Qualitäten mit toniger Weich-
heit (Kreide, Spritzton, Springschaber). Der
Name (seiner Herkunft nach aus dem Grie-
chischen) weist schon auf die charakteristische
Eigenart der Reproduktion: Zeichnung auf
Stein hin, wobei in neuester Zeit auch hier
die Photographie nicht unwesentlich in Tätig-
keit tritt, soweit es sich um die Uebertragung
der Zeichnung vom Original auf den Stein
handelt. Bayern birgt mit den Steinbrüchen
von Solnhofen die eigentliche Heimat des
Lithographiesteins, von München aus unter-
nahm Senefelders Erfindung ihren Siegeszug
über die gesamte Kulturwelt.
Die wertvollsten Schöpfungen erblicken wir
in der sogenannten Originallithographie, jener
Steinzeichnung, die vom Künstler, dem Ur-
heber des Originals, selbst gefertigt wird.
Die weitaus grösste Mehrzahl aller litho-
graphierten Blätter, insbesondere die unab-
sehbare Fülle der vielfarbigen, wird hand-
werksmässig hergestellt, ebenso wie bei der
Xylographie der Holzschnitt.
Dem Zeichner bietet sich bei der Stein-
zeichnung ein gleichgeartetes Material wie bei
seinem Original, nämlich lithographischeKreide,
in der Wirkung wie Bleistift oder Zeichen-
kreide, und Tusche. Und da es dem Schöpfer
einer Vorlage mit einfachen Mitteln möglich
ist, auch selbständiger Graphiker zu sein, so
möge er es nicht unterlassen, sich darin zu
versuchen. Denn einerseits hat es grossen
 
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