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Monatsblätter für christliche Kunst, praktische Kunstfragen und kirchliches Kunsthandwerk
VL Jahrgang, 7. Heft, April 1914
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, München. — Preis des uollständigen Jahrgangs Mark 3 —

KIRCHLICHE KUNST ANSTALTEN
Schon des öfteren ward an dieser Stelle
das Geschäftsgebaren der sogenannten
kirchlichen Kunstanstalten abfällig kritisiert,
und leider mit Recht. Jedoch sollen nicht alle
über einen Kamm geschoren werden. Mit
vollem Recht wehren sich Künstler gegen jene
Unternehmer, welche beispielsweise die Restau-
ration von Kirchen oder die Neuausstattung
solcher im ganzen übernehmen und dann die
einzelnen Aufträge an jene „Künstler“ oder
Handwerker vergeben, welche — Qualität
Nebensache— den Quadratmeter „Kunst“ am
billigsten liefern, damit dem Unternehmer mög-
lichst viel in den Taschen bleibt; wehren sich
mit Recht gegen jene, welche gute alte Altäre
und Figuren um ein Spottgeld kaufen — viel,
fach unter der unwahren Vorspiegelung, dass
diese, weil zu ruinös, nicht mehr zu restau-
rieren seien —, um selbe dann, gleichviel an
wen und zu welchem künftigen Zweck, teuer
weiter zu verschachern und für teures Geld neue
Pseudokunstwerke zu liefern nach dem Grund-
satz: „doppelt genäht hält besser“. Zu be
kämpfen ist es sicher, wenn, wie kürzlich be-
richtet wurde, einer für eine Kirche Bayerns
einen neuen Reliefkreuzweg für ca. 4000 Mark
lieferte, den er selbst für etwa 600 Mark ge-
kauft hatte. Aber es gibt, Gott sei Dank,
auch noch ehrlich strebende Meister unter den
Inhabern von Firmen, die sich mit Restaura-

tion oder Neuausschmückung von Kirchen be-
fassen Ob diese nun ihr Geschäft „kirchliche
Kunstanstalten“, Werkstätte für kirchliche
Kunst oder sonstwie nennen, ist meines Er-
achtens im Effekt gleichgültig, jedenfalls viel
gleichgültiger, als wenn beispielsweise der
Tüncher oder Anstreicher sich Malermeister
nennt. Die Hauptsache ist jedenfalls, dass
der Inhaber und Meister selbst etwas Tüchtiges
gelernt und den guten Willen hat, in ehrlichem
Streben immer nur sein Bestes zu leisten und
in den Dienst der kirchlichen Kunst zu stellen.
Aber dessen guter Wille wird auch manchmal auf
eine harte Probe gestellt. Gerade mit diesem
wird manchmal ein Feilschen und Handeln be-
liebt, und auch von Personen, welche dazu
berufen wären, gegen ein solches Gebaren zu
kämpfen und dies mit Redensarten auch tun, was
dem gewissenhaften Meister sein ehrliches
Streben verleiden muss und zur verwerflichsten
Profithascherei geradezu herausfordert. So ist es
z. B. nicht selten, dass anlässlich der Restau-
ration oder Neuausstattung einer Kirche eine
Anzahl von Bewerbern eingeladen werden,
„ohne Verbindlichkeit“ Skizzen und Voran-
schläge, die dem Hersteller doch auch geistige
und materielle Opfer kosten, einzureichen, und
dass bei jedem die Meinung erweckt wird,
dass nur er allein in Frage kommen werde,
wenn er in Anbetracht des umfangreichen Ge-
samtauftrages recht wohlfeil ist. Ist dann eine
Anzahl von recht billigen Offerten eingelaufen,
 
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