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Monafsblätter für christliche Kunst, praktische Kunstfragen und kirchliches Kunsthandiuerk
VI. Jahrgang, 11. Heft, August 1914
Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, München. — Preis des uollständigen Jahrgangs Mark 3.—

DIE HYGIENE DES BEICHT-
STUHLES
Man sollte glauben, dass ein seit Jahr-
hunderten eingefiihrtes Kirchengeräte,
wie der Beichtstuhl, im Laufe dieser Zeiten in
allen Teilen vervollkommnet worden wäre.
Betrachtet man aber unsere alten und neuen
Beichtstühle und untersucht dieselben in Bezug
auf Bequemlichkeit, Benützbarkeit und in ge-
sundheitlicher Hinsicht, so wird man mit Ueber-
raschung gewahr werden, dass die Abmes-
sungen derselben oft in gar keinem Verhältnisse
zum menschlichen Körper stehen, dass es meist
enge, dumpfe Kästen sind, manchmal sogar
an feuchten Ecken stehend — kurz ein Mar-
tyrium für den Priester — ein unbequemer
Aufenthalt für den Pönitenten, der in gedul-
diger Ergebung einen Teil seiner Busse hierin
erblicken mag.
Meist ist mangelndes Können des Verfer-
tigers oder die Stellung des Beichtstuhles in
der Kirche zu den übrigen Geräten die Ver-
anlassung dieser Missstände; oft steht der
Beichtstuhl unter der Kanzel, eingezwängt zwi-
schen Seitenaltar, Kommunionbank und Kanzel,
oder er steht in den engen Fensternischen,
oder in einer Ecke, unter der Emporentreppe u. a.
Leider trägt aber auch oft die unsinnige Rück-
sicht auf die Architektur des Beichtstuhles zur
Unbequemlichkeit bei, spitze Verkröpfungen
der Gesimse mit weiten Ausladungen, an denen

man sich Kopf und Kniee anstösst, eckige
Kästen u. a. mehr.
Amerika, England, auch Holland sind"uns
Deutschen in der Anlage praktischer Beicht-
räume — den Confessiones — voraus.
Diese Anlagen verdienen eher die Bezeich-
nung Beichtkammer — Beichthäuschen, so ge-
räumig sind dieselben angelegt. In Deutschland
finden sich ähnliche Anlagen meist nur in Klö-
stern in direkter Anlehnung an obige Beispiele.
Der geräumige etwas überhöhte Mittelraum
ermöglicht einen bequemen Sitz und Stehen,
ist gut belichtet und durchlüftet und hat oft
eine kleine Heizvorrichtung. Die Pönitenten-
räume schliessen sich in gleicher Ausstattung
beiderseits an und sind abgeschlossen, meist
durch Glastüren.
Diese Beichtkammern sind ohne Frage ge-
eigneter als unsere offenen, von den Pönitenten
oft dicht umlagerten Beichtstühle, bei denen
die Gefahr einer unfreiwilligen fractio sigilli
nicht ausgeschlossen ist. Gleichwohl konnten
sich die Confessiones bei uns nicht einbürgern
und der offene Beichtstuhl mit seiner Drei-
teilung bildet die Regel.
Bei der Anlage eines neuen Beichtstuhles
oder der Umänderung eines alten Beichtstuhles
sind zunächst die kirchlichen Bestimmungen
der einzelnen Diözesen massgebend bzw. das
Rituale Romanum, welches vorschreibt:
Habeat sacerdos in ecclesia sedem con-
fessionalem, in qua sacras Confessiones ex-
 
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