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Zeichnungen einen so wichtigen und zugleich einen auch heute noch künstlerisch ganz
besonders interessanten und wirkungsvollen Theil seines Werkes ausmachen. * *) Sehr früh
auch erkennt Dürer und er bleibt dem Grundsatz dann durchs Leben getreu, dass strenges
Naturstudium der einzige Weg zu dem ersehnten Ziel sei. Daneben beobachtet Dürer
aber auch, wie andere Künstler es gemacht, um an ihnen zu lernen und dies führt ihn
schon in den neunziger Jahren des 15. Jahrhunderts wiederholt zum Studium italienischer
Kunstwerke, deren formale Ueberlegenheit ihm ja entschieden imponieren musste, deren
Anregungen er aber stets sehr selbständig verarbeitete.
Bald jedoch genügt es Dürer's forschendem Geist nicht mehr die Erscheinung des
menschlichen Körpers äusserlich zu beobachten, sondern er strebt ihn zu verstehen, die
Gesetzmässigkeit seines Baues sich klar zu machen, was ihn zu den Proportionsstudien führt.
Nirgends aber fand Dürer zu diesen Studien Rath und Hülfe, nur der Venetianer
Jacopo de' Barbari zeigte ihm Mann und Weib, die er aus dem Maass gemacht, verweigerte
ihm aber zu sagen, wie und warum er es so gemacht, wesshalb sich Dürer gezwungen
sah, weiterhin ganz seinen eigenen Weg zu gehen, nur die paar Körnlein, die er bei Vitruv
findet,geben ihm noch einige Anregung und Jacopo verdankt er, wie er selbst klar und
deutlich sagt, nur einen weiteren Sporn zu selbständigem Forschen.
Wie Dürer alles aus sich selbst schöpft, mühsam seinen eigenen Weg geht, auf diesem
aber rasch und stetig fortschreitet, dafür ist eines der interessantesten Denkmale der herr-
liche Stich mit Adam und Eva von 1504*) namentlich im Zusammenhalt mit der Studie
in der Albertina, auf deren Rückseite die Proportionen eingezeichnet sindA) die, was höchst
wichtig, schon mit den Gesetzen übereinstimmen, die Dürer's Proportionslehre bringt. D
Die italienische Reise von 1505 bis 1507 förderte Dürer erheblich in diesen Studien,
jedoch nur durch ganz allgemeine Anregungen, denn seine Form wird durchaus nicht
italienisierend, wie die seiner Nachfolger. Das zeigt die Grösse und fest ausgeprägte Eigenart
Dürer's, es weist aber auch auf die Grenze, bis zu der er der folgenden Richtung entgegen-
kommen konnte. Die venezianische Kunst steigert lediglich Dürer's Sinn für Anmuth und
Schönheit der Form, den er übrigens in Adam und Eva von 1504 schon glänzend bethätigte
und sie regt ihn an zu dem Problem lebensgrosser Aktstudien, was zu den bedeutenden

0 Hier und im Folgenden für Dürers Zeichnungen vor allem: Frdr. Lippmann: Zeichnungen von
A. Dürer in Nachbildungen herausgegeben. Berlin 1886 u. If. Ephrussi: A. Dürer et ses dessins. Paris 1882.
3) Es handelt sich hier um die Stelle von den menschlichen Proportionen im 1. Kapitel des
8. Buches.
3) Lange-Fuhse: Dürers schriftlicher Nachlass. Halle a. 8. 1893. S. 342. 343. „Dann mir wollt
dieser vorgemeldt Jacobus seinen Grund nit klärlich anzeigen, das merket ich wohl an ihm. Do nahm
ich mein eigen Ding für mich und las den Fitrußum, der beschreibt ein weniges van der Gliedmass
eines Mannes. Also van oder aus den zweien obgenannten Mannen hab ich meinen Anfang genommen
und hab dornach aus meinem Fürnehmen gesucht von Tag zu Tag/
*) Eine Beeinßussung dieses Blattes durch Jacopo de' Barbari muss ich entschieden ablehnen, wie
sie sich ßndet bei Thausing: Dürer I. 8. 315 und Haendcke im Jahrbuch der k. preuss. Kunstsammlungen
1898 Heft III. Ueber Jacopo de' Barbari und Dürer siehe auch Justi im Repertorium für Kunstwissen-
schaft 1898.
3) Handzeichnungen alter Meister aus der Albertina und anderen Sammlungen. Wien. Taf. 363. 364.
6) Thausing: Dürer. 2. Auflage Seite 315 f.
 
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