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Ring, Maximilien de
Malerische Ansichten der Ritterburgen Deutschlands: mit einem historischen und beschreibenden Texte (Das Großherzogthum Baden ; 2. Theil): Alte Schlösser des Grossherzogthums Baden: Nördlicher Theilvon dem Kinzigthale bis an den Main — Paris, Mühlhausen: Lithographie von Engelmann & Cie., 1829

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https://doi.org/10.11588/diglit.57122#0044
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( 42 )
dem Lichte der aufkeimenden Bildung eröffnete. Wir wähnen die Töne des Glöck-
leins zu vernehmen, die sich zu uns heraufschwingen, und den sanften Chorgesang
der Cisterzienser-Frauen, welcher, wie von unsichtbaren Engeln gesungen, die weiten
Hallen der Kirche füllt, und dankend für die Stifter zu dem Himmel emporsteigt.
Finster erhebt sich dicht hinter den verschlossenen Mauern der Lustgarten mit
vielfach durchkreuzten Pfaden unter den schwarzen Fohren bis zur Höhe des
Berges, wo dem Wanderer reicher Genufs bereitet ist in dem Anblicke auf das
zerstreute Dorf Beuren , welches mit seinen braunen hölzernen Wohnungen den
obern Theil des Thales ausfüllt. Rechts zieht sich in die Berge die Geroldsau bis zu
der schaurigen Felsschlucht, welche der tobende Bergstrom sich zum schäumenden
Bette gegraben. Tief in dem Grunde, dessen Felswände die alten Tannen über-
schatten, stürtzt er sich brausend über den Steindamm : aber auch die rauhe Natur
und den wilden Strom hat der Mensch gebändigt, diesen zum leicht zu leitenden
Diener, jene auf den reizenden Pfaden zu ergötzender Beschauung.
Endlich haben wir den weiten Kreis vollendet; der Blick erhebt sich an dem
waldigen Staufenberge, dem hohen Tempel des alten Heidengottes. Auf dieser alle
Höhen umher beherrschenden Spitze hat der Römer dem Merkur einen Altar
errichtet, dem schützenden Kaiserhanse geweiht : vielleicht der äufserste Punkt
dieses unter den keltischen Völkern ausgebreiteten Dienstes. An seinem Fufse hin
zieht unter den Felswänden der Teufelskanzel vorbei, die Strafse nach dem wun-
dervollen Murgthal hinüber, wo in ununterbrochenem Wechsel jeder Schritt zu
immer sich erneuenden Reizen führt.
Die Sonne ist herabgestiegen gegen die Gipfel des Vogesus, und wir verlassen
die hohe Stelle auf dem Thurm der alten Ruine. Sicher führt nun die hohe Treppe
an den Mauern und alten Felswänden in den Hofraum, und ermüdet von dem
unendlichen Reich th um, den wir geschaut, treten wir aus den innern Thoren. Da
führt uns die Lust noch einmal in den untern Theil der Burg, in die öden Räume
der Kapelle, der alten mit Pracht geschmückten Rittersäle. Auf der schmalen
Fensterbank in dem dicken Gemäuer sitzen wir, die hinabsinkende Sonne betrach-
tend. Allmählig hüllen sich in duftiges Meer die nahen und fernem Berge, über
welche trüb und gebrochen die letzten Strahlen sich mit dem Abendgolde ver-
breiten. Die reiche Erinnerung zieht wie ein langer Traum noch einmal vor dem
Geiste vorüber und weckt düstere Melancholie. Auf die zerbrochene Säule mit den
alten Wappenschilden gestützt, weinen wir die Wehmuthsthräne über die Räthsel
des Menschen-Geschicks : da tönt in dem Abendwinde die Aeolsharfe aus den
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