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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0028
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24

Die Ergebnisse: Zusammenfassung und historische Auswertung

3. FRÜHE KAISERZEIT
Stefan Ritter
Das vorrömische Hofhaus blieb die frühe Kaiserzeit hindurch
bestehen, bis es im späten 1. oder frühen 2. Jh. n. Chr. zuguns-
ten eines größer dimensionierten Neubaues abgerissen wur-
de89. Allerdings erfuhr es um die Mitte des 1. Jhs. n. Chr. eine
begrenzte, den Hofbereich betreffende bauliche Umgestaltung.
Der Umbau des Hofes
Während man die Außenmauern des Gebäudes im Nor-
den 238 und Osten 83 und auch den Raumtrakt im Süden
beibehielt, wurden damals innerhalb des Hofes alle älteren
Strukturen abgerissen und großflächig einplaniert. Über einer
massigen, dicht mit Bruchsteinen durchsetzten Auffüllschicht
113=142 legte man ca. 60 cm über dem früheren Laufniveau
(326, 155 = 157, 217, 236) einen neuen, bis zu 10 cm dicken,
recht gleichmäßigen Stampflehmboden 132 an (Taf. 2, 1; 15,
1; 16, 1. 2; 17, 2; 42 Beil. 1)9Ü.
Der neue Lehmboden war im Norden nur noch bis zu der
späteren Mauer 8 erhalten, von deren Baugrube 154 er durch-
schlagen wird; aufgrund dieses tiefgehenden Eingriffes ist er
jenseits der Mauer 8, wo er sich ursprünglich bis zur alten Hof-
mauer 238 erstreckt haben muss, nicht mehr vorhanden. Im
Osten des Hofes wird der Hofboden im nördlichen Bereich
von der Baugrube 91 der späteren Mauer 64 durchbrochen,
doch weiter südlich reichte er noch bis an die Ostmauer 83 des
Hofes heran. Im Süden des Hofes zog er gegen die Nordmau-
er 131, 363 des Raumtraktes (Taf. 16, 1; 17, 2). Im Westen
schließlich setzt er sich, wie im Profil deutlich erkennbar, über
die Grabungsgrenze hinaus fort (Taf. 11,2; 18, 2).
Der Raumtrakt im Süden des Hofes war von dieser Umgestal-
tung offenkundig nicht betroffen, denn hier fanden sich keine
Spuren einer Aufhöhung, sodass der alte Lehmboden 349=371
offenbar weiterbenutzt wurde. Wie der beträchtliche, mehr als
einen halben Meter betragende Niveauunterschied zwischen
dem Boden der Räume und dem neuen Laufhorizont im Hof
im Übergangsbereich überbrückt wurde91, d. h. wie der Zugang
vom Hof zu den Räumen gestaltet wurde, ist wegen tiefgreifen-
der späterer Störungen im südlichen Hofbereich unklar.
Der neue Ofen
Bei der Neugestaltung des Hofes wurde der alte, in der Hofmit-
te gelegene Ofen aufgegeben und durch eine neue Anlage er-
setzt (46=41, 141, 134=292, 135, 360) (Taf. 2, 1; 42 Beil. 1).
Die neue Anlage entspricht dem alten Ofen in allen wesent-
lichen Merkmalen. Sie besteht aus einer mit Steinen umsetzten
89 Hierzu s. Kap. II. 4.
90 H 510,60-510,69 mü.LHN.
91 Zum Boden 349=371 des Innenraumes (H 509,83-509,86 m ü. LHN)
s. Kap. II. 2.

runden Grube, die mit einer 2-4 cm dicke Wandung aus rötlich
verfärbtem Lehm 141 ausgekleidet ist, und darüber einer kup-
pelartigen Konstruktion aus trapezförmigen, fast ausschließlich
aus Kalk bestehenden und mit Lehm 135 verstrichenen Platten
134=292. Diese besitzen eine Kantenlänge von 40-55 cm und
eine Höhe von 6—8 cm und sind in mehreren Lagen kreisförmig
um die Grube verlegt (Taf. 15, 1.2; 16, 1.2).
Der kuppelartige, aus den kalkhaltigen Platten gebildete
obere Abschluss der Anlage wurde direkt auf den neuen, hö-
hergelegenen Stampflehmboden 132 des Hofes gesetzt. Teile
dieser Konstruktion rutschten bei der Zerstörung des Ofens in
die Grube ab; da solche Partien aber nur am Rand der Grube
zutage kamen, war der obere Teil der Anlage offenkundig of-
fen, sodass die Grube vom Boden des Hofes 132 aus benutzbar
war. Da die Wandung der Grube, ebenso wie bei der Vorgän-
geranlage, Spuren stärkerer Hitzeeinwirkung aufwies, diente
sie offenkundig demselben Zweck und fungierte gleichfalls
sehr wahrscheinlich als Backofen92.
Die neue Anlage liegt fast an derselben Stelle wie der Vor-
gänger, lediglich etwas nach Süden versetzt (Beil. 1), und be-
sitzt mit max. 1,20 m einen etwas geringeren Durchmesser.
Im Inneren der Grube kam etwa auf Höhe des alten Hofbo-
dens 155=157 eine graue kalkhaltige, feste Schicht mit glatter
Oberfläche 360 zutage, die gegen die Grubenwandung 141
zieht (Taf. 2, 1; 14, 2). Dies deutet darauf, dass es sich hierbei
um den Boden der neuen Anlage handelt. Darauf fand sich
zwar, anders als im Falle der Vorgängeranlage, keine durchge-
hende Ascheschicht, doch für die Deutung der kalkhaltigen
Schicht 360 als Boden der neuen Grube spricht, dass die darü-
berliegende, bei der Aufgabe und Zerstörung des neuen Ofens
abgelagerte Verfüllschicht 357=159 nach innen abgerutschte
Teile des oberen Abschlusses der Anlage enthielt; das Innere
der Anlage lag also zum Zeitpunkt der Zerstörung nicht tie-
fer als bis zu der kalkhaltigen Bodenschicht 360 frei. Wenn
dies der Boden der Grube war, dann war diese etwas mehr als
90 cm tieP3 und damit sowohl im Durchmesser als auch in der
Tiefe kleiner dimensioniert als die Vorgängeranlage.
Beim Bau der neuen Anlage wurde die alte Grube also offen-
bar zunächst bis auf Höhe des damaligen Hofbodens 155=157
mit Schutt verhüllt (340, 263, 361). Danach wurde der Be-
reich um den alten Ofen herum mit der massigen, dicht mit
Bruchsteinen versetzten Schuttschicht 113=142 aufgehöht,
bevor man die neue Grube mit ihrer Lehmwandung 141 und
dem kalkhaltigen, festen Boden 360 anlegte. Nachdem um die
Grube herum der neue Hofboden 132 aufgebracht worden
war, wurden schließlich die den oberen Abschluß bildenden
kalkhaltigen Platten 134=292 lagenweise um die Grube herum
verlegt und dabei mit Lehm 135 verstrichen.

92 Hierzu s. Kap. II. 2.
93 Die T der lehmverkleideten Grube beträgt vom Boden 360 der Grube bis
zum neuen Hofboden 132 ca. 60 cm, wozu noch die H der Kuppel kommt,
deren Teile noch bis zu einer H von ca. 30 cm erhalten sind, die aber ursprüng-
lich noch etwas höher gewesen sein muss.
 
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