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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0033
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Flavisch-trajanische Zeit

29

Völlig unklar ist freilich, wie die italischen Sigillaten und an-
deren Indikatoren eines gehobenen Lebensstandards, etwa die
Fragmente von Glasgefäßen oder auch die vereinzelten bron-
zenen Schmuckstücke, in die betreffenden Verfüllschichten ge-
langten. Dieses Material muss nicht notwendigerweise aus dem
schlichten Hofhaus selbst stammen, in dem jegliche Spuren ge-
hobener architektonischer Gestaltung und Ausstattung fehlen;
der zur Aufhöhung des Hofes verwendete Schutt könnte auch
aus der Nachbarschaft herangeschafft worden sein.
Aber diese Funde liefern doch immerhin einen Anhaltspunkt
dafür, dass sich auch in den Wohn- und Handwerksvierteln
im Süden Thuggas in der frühen Kaiserzeit allmählich ein Le-
bensstandard zu etablieren begann, der sich, zumindest was die
Teilhabe an den Fernhandelsbeziehungen der Africa Proconsu-
laris betrifft, dem hohen Standard städtischen Lebens, wie er
etwa in Karthago für die erste Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. bezeugt
ist, anzunähern begann.

403-434 mit Abb. Die Gemeinsamkeiten betreffen insbesondere das Ampho-
ren-Spektrum, das Vorkommen fast ausschließlich aus Italien importierter Si-
gillata, das Fehlen afrikanischer Sigillata und das Spektrum der Kochkeramik.

4. FLAVISCH-TRAJANISCHE ZEIT
Stefan Ritter

Tiefer greifende Baumaßnahmen fanden in dem untersuchten
Gebiet erst im späteren 1. Jh. oder frühen 2. Jh. n. Chr. statt.
Damals wurde das vorrömische Hofhaus fast vollständig ab-
gerissen, und man errichtete einen größeren, nach Osten hin
erweiterten Neubau (Taf. 42 Beil. 1).
Der Neubau
Von den Außenmauern dieses Baues wurden bislang nur dieje-
nigen im Norden und Osten freigelegt (Taf. 42)l44.
Die Nordmauer 8=184 wurde auf einer Länge von 14,40
m aufgedeckt, sie ist ca. 80 cm breit und aus opus africanum-
Mauerwerk errichtet (Taf. 3, 1; 4, 2; 5, 2; 19, 1. 2; 20, 1. 2
Beil. 1). Bemerkenswert ist dabei, dass die Ständer sich nicht
über die ganze Mauerbreite erstrecken, sondern nur auf der
Außenseite sichtbar sind (Taf. 5, 2; 20, 1. 2). Da hier zudem
das Füllmauerwerk deutlich regelmäßiger in Lagen gesetzt ist
als innen, wurde die Nord-Fassade des Hauses sehr deutlich als
Schauseite gestaltet.
Die östliche Außenmauer des neuen Gebäudes (75,227,343,
344) kam am östlichen Rand unseres Grabungsgebietes zutage
(Taf. 4, 3; 22, 1. 4; 23, 2 Beil. 1). Sie ist mit einer Breite von
bis zu 1,20 m bemerkenswert stark und wurde im Anschluss
an die Nordmauer, gegen die sie zieht, von Norden nach Sü-
den hin in mehreren Abschnitten erbaut. Zunächst wurde auf
dem unteren Teil der massiven älteren Mauer 370145, die man
als Fundament benutzte, der 70 cm breite äußere Mauerzug
75 errichtet. Da man die Außenmauer aber offenbar stärker
bauen wollte, als es das vorhandene Fundament 370 erlaubte,
wurde der neue Mauerabschnitt 75 dergestalt verstärkt, dass
man ihr im Westen die 50 cm breite Mauerpartie 227 anfügte.
Erst danach wurden nach Süden hin die schmaler werdenden
Mauerpartien 343 und 344 erbaut.
Diese beiden Außenmauern des Neubaues orientieren sich
in ihrer Ausrichtung an der massiven älteren Nord-Süd-Mauer
83, die den vorrömischen Vorgängerbau im Osten begrenzt
hatte146. Diese bis zu 1,06 m breite Mauer wurde beibehalten
und als Binnenmauer in das neue Gebäude integriert. Man be-
nutzte sie als Trennmauer, um innerhalb des Neubaues zwei
voneinander unabhängige Raumeinheiten im Westen und Os-
ten voneinander abzugrenzen (Taf. 21,2 Beil. 1).
Der West-Trakt
Im westlichen Trakt, wo es, wie oben gezeigt, eine intensive
Vorgängerbebauung gegeben hatte, wurden alle älteren Struk-
turen abgerissen, einschließlich des Ofens (46=41, 360, 141,
134=292, 135) im Hof und vor allem auch des Raumtraktes
144 Zu den einzelnen Mauern und Mauerzügen s. Kap. III. 3. 2.
145 Hierzu s. Kap. II. 2.
146 Ebenda.
 
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