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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0147
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112

Die Funde

Schwarzgefirnisste Byrsa-Ware (Kat. B 58—60)
Die nach dem Byrsa-Hügel in Karthago benannte Ware ist
nur in drei kleinen Wandfragmenten der sogenannten Klasse
Byrsa 661 belegt. Die Fragmente stammen alle aus demselben
Befund (Bef. 281) und sind daher möglicherweise Teile ein
und desselben Gefäßes. Diese, wohl in Karthago produzierte
Keramik zeichnet sich durch ihre extreme Dünnwandigkeit,
ihren ockerfarbenen bis orange-braunen, leicht körnigen Ton
und ihren schwarzen oder rotbraunen bis dunkelgrauen, feinen
schillernden Firnis aus379.
B 58
WF. Ton: red 2.5YR 4/6, Überzug: dark gray 2.5Y 4/1. Dün-
ner schillernder Firnis. Wandstärke: 1-2 mm. - Inv. 2925.
Bef. 281. — s.: Morel 1986, 33. Dat.: 1. Hälfte 2. Jh. v. Chr.
B 59
WF. Ton: brown 7.5YR 4/2, Überzug: weak red 2.5YR 4/2.
Dünner schillernder Firnis. Wandstärke: 1—2 mm. — Inv. 2929.
Bef. 281. - Dat.: wie B 58.
B 60
WF. Ton: red 2.5YR 4/6, Überzug: dark gray 2.5Y 4/1. Dünner
schillernder Firnis. Wandstärke: 2 mm. - Inv. 2930. Bef. 281.
- Dat.: wie B 58.
Attische Keramik (Kat. B 61)
In dem untersuchten Thuggenser Material fand sich lediglich ein
kleines Fragment schwarz gefirnisster Importkeramik aus Athen,
die in Karthago deutlich häufiger präsent ist380. Der Ton dieser
sicher späteren attischen Produktionen ist fein geschlämmt und
von hellroter Färbung. Der Firnis ist trotz des Qualitätsverfalls
gegenüber den früheren Waren des 5. und frühen 4. Jhs. v. Chr.
noch immer sehr dicht, glänzend und zumeist tief schwarz.
B 61
RF. Typ: wohl M 2781. Ton: reddish yellow 5YR 6/6, Über-
zug: black 2.5Y 2.5/1 Dm Rand: nicht bestimmbar, Wandstär-
ke: 4—5 mm. Kleines stark beschädigtes Randfragment eines
Schälchens mit stark eingezogenem Rand. Dichter stark glän-
zender Firnis. - Inv. 2937. Bef. 90. - Dat.: 4.-3. Jh. v. Chr.
Zusammensetzung des Materials und Auswertung
Den größten Anteil der 249 untersuchten Fragmente stellen
Wandstücke oder derart klein gebrochene Fragmente dar, dass
sie in die bisherigen Betrachtungen nicht eingeflossen sind. Sie
sollen aber zur statistischen Auswertung des Verhältnisses der
verschiedenen in Thugga repräsentierten Fabrikate herange-
zogen werden. Die verwendeten Zahlen beziehen sich auf die
Anzahl der Fragmente und nicht der Individuen.
Die in Neapel produzierte Campana A ist mit 63 % am
stärksten vertreten. An zweiter Stelle folgen mit 18 % die hy-
379 Byrsa Klasse 661: Morel 1986, 31 f.
380 Chelbi 1992, 17 £


briden, ihrer Herkunft nach nicht lokalisierbaren Fabrikate
aus grautonigen ,B-‘ und ,C-o'fden‘ Waren, die hier als Gruppe
Thugga E zusammengefasst sind. Die sizilische Campana C ist
mit 14 % vertreten, die beige-tonigen B-oi'den Waren machen
7 % aus. Die restlichen drei Prozent teilen sich die attische
Ware, die Byrsa-Ware und die echte Campana B (s. Grafik).
Entgegen dem aus den produzierenden Zentren Italiens bekann-
ten Formenreichtum der schwarzgefirnissten Waren weisen die
Schwarzfirnisgefäße aus unseren Grabungen nur ein sehr redu-
ziertes Formenspektrum auf. Dieses beschränkt sich auf kleine
Schälchen, Schalen und Teller. Alle diese Formen sind grund-
sätzlich henkellos und somit stapelbar, was Volumen in der
Schiffsfracht einspart, den Transport erleichtert und die Wahr-
scheinlichkeit, diesen unbeschadet zu überstehen, erhöht381. Das
gleiche Bild zeigt sich auch bei den Produktionen der Gruppen
Thugga D und E.
Die frühesten nachweisbaren Importe reichen vielleicht
noch in das späte 4., mit Sicherheit aber in das frühe 3. Jh.
v. Chr. zurück. Wenn auch in unseren Befunden nur in gerin-
ger Anzahl vertreten, bestätigen diese Importstücke die bereits
für diese Zeit bezeugte Anbindung der Stadt Thugga an den
mediterranen Seehandel.
Ein deutlicher Anstieg der Importe zeichnet sich in dem
untersuchten Material aber erst für das 2. Jh. v. Chr. ab. Die
betreffenden Stücke zeigen bemerkenswerterweise in ihrer Zu-
sammensetzung kaum Übereinstimmungen mit Befunden aus
dem spätpunischen Karthago382: Zwar weisen die zahlreichen
Fragmente von Schalen der Form L 28 (Kat. B 13-25) in die
Zeit vor der Zerstörung Karthagos, doch fehlt etwa die für
Karthago so typische Klasse Byrsa 401 gänzlich, und Byrsa 661
ist mit nur drei, zudem wohl von demselben Gefäß stammen-
den Fragmenten vertreten. Die untersuchten Schwarzfirniswa-
ren aus Thugga ähneln in ihrer Zusammensetzung hingegen
auf erstaunliche Weise dem Spektrum an schwarz gefirnisster
381 Einige der im Schilfswrack von La Grande Congloue transportierten
Waren sind, von marinem Bewuchs zusammengehalten, im gestapeltem Zu-
stand aufgefunden worden: Benoit 1961, 71 Abb. 60.
382 Einen Überblick über Fabrikate und Formen aus Karthago bietet der
Index des Inventars bei Chelbi 1992, 244—260.
 
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