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Rooses, Max
Geschichte der Malerschule Antwerpens: von Q. Massijs bis zu den letzten Ausläufern der Schule P. P. Rubens — München, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.20661#0139
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VI. Die erften Nachfolger der Italiener.

So z. B. feine Abdankung Kaifer Karl V. im Mufeum zu Amfterdam
(Nr. 95), ein fehr merkwürdiges Stück, in welchem man den Kaifer und feine
Umgebung in Mitte allegorifcher Figuren fieht. Die Hauptperfon ift voll Maje-
ftät, die Allegorien find fehr gefällig und hell, doch nicht glänzend von Farbe.
Diefelben Verdienfte zeichnen ein anderes Stück von ihm aus, das lieh im
Mufeum zu Lille befindet, und auch aus der Gefchichte des Kaifers Karl ent-
lehnt deffen Eintritt in das Klofter S. Yuste« darftellt. Durch die helle
Farbigkeit feiner Malweife kömmt auch Hieronymus Francken feinen Neffen
näher, von welchen wir' anderwärts zu fprechen haben.

Als zur Schule des Floris gehörend miifsen zum Schlufse noch erwähnt
werden JACOB DE Bäcker , der in der zweiten I-Iälfte des 16. Jahrhunderts
lebend blos 30 Jahre alt wurde, und CRISPIJN VAN DEN BROECK, geb. zu
Mecheln, 1 5 5 5 Freimeifter von St. Lucas und 1593 noch thätig. Beide verlegten
fich auf die Darftellung fchöner kräftiger Körper, wie man aus den Jiingften
Gerichten« fehen kann, welche die Mufeen in Briiffel und Antwerpen befitzen
und wie man es auch in dem von J. de Bäcker gemalten »Jiingften Gericht«
wiederfinden könnte, welches das plantinifche Grabmal in der Frauenkirche
fchmückt, wenn das Gemälde nicht immer forgfältig verhängt und verhüllt
wäre. In beiden herrfcht das Studium des Nackten vor, und damit waren fie in
der Schule, -welcher fie zugehören, wohl etwas zurückgeblieben.

Was nemlich den Gang diefer Schule betrifft, fo ift während ihres Be-
ftehens eine Reaction zu bemerken. Von ausfchliefslichen Formftudien aus-
gehend, läfst fie allmälig die alteinheimifche Richtung nach hoher Farbe wieder
obenan kommen; der Körper bleibt zwar der höchfte Gegenftand des Studiums,
aber das Gefühl findet auch feine Vertreter und endlich werden Verfuche ge-
macht, um alle diefe Tendenzen in ein harmonifches Ganze zu bringen. Diefe
Verfuche follten indefs in jener Zeit noch nicht gelingen, und erft von einem
fpäteren Gefchlecht fortgesetzt und zu einem guten Ziele geführt werden.

Ehe wir aber diefs in Behandlung ziehen, miifsen wir der Zeitfolge ent-
fprechend erft noch auffuchen, was im 16. Jahrhundert auf einem befonderen
Gebiete geleiftct wurde, nemlich auf dem der Landfchaft.

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