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Rooses, Max
Geschichte der Malerschule Antwerpens: von Q. Massijs bis zu den letzten Ausläufern der Schule P. P. Rubens — München, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.20661#0370
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XI. Die Hiftorienmaler aus Rubens’ Zeit.

kirche getauft, als der Sohn eines Schullehrers gleichen Namens und der
Chriftina Abshoven. Die Liggeren der Antwerpen’fchen St. Lucasgilde ver
zeichnen den Maler nicht, obwohl er höchft wahrfcheinlich feinen erften Unter-
richt in feiner Geburtsftadt empfing, denn er war bereits 22 Jahre alt, als er
zu Brüffel bei Raphael Coxcycn in die Lehre ging. De Craycr verliefs damals
feine Heimatftadt gänzlich, wenn er auch am 17. Februar 1613 noch einmal
zurückkehrte um feine Vermählung mit Catharina Janffens zu feiern. Am
3. November 1607 wurde er als Freimeifter in die Brüffeler Gilde aufgenommen
und bekleidete 1614/15 in derfelben die Würde eines Dekans. Von 1612 an
war er lange Jahre von den fpanifchen Königen und ihren Statthaltern mit
dem Ankauf von Gemälden und Kunftgegenftänden für deren fpezielle Sammlungen
betraut, malte auch viel für die Höfe zu Brüffel und Madrid, wie er auch
Hofmaler des Erzbifchofs von Mecheln, Jacob Boonen, war. Die Zahl der
Gemälde, die er während feines fechzigjährigen Aufenthaltes zu Brüffel aus
führte, ift ungemein grofs, und die Kirchen diefer Stadt, wie der umliegenden
Dörfer wurden damit reichlich verfelien; Doch war de Craycr nicht blos der
beriihmtefte Maler der Hauptftadt, fondern auch für weitere Kreife fruchtbar,
wie man denn mehr als zweihundert von feinen Werken, lauter grofse Altar-
bilder, kennt. Zu der fürftlichen Gunft genofs de Crayer auch grofses Anfehen
in den bürgerlichen Kreifen feines Wohnortes : 1626/27 erfcheint er unter den
Rathsherrn des Brüffeler Magiftrats und war 1626—1629 Canaleinnehmer. Im
Dezember 1634 wurde er gerufen, um bei der Malerei des Triumphbogens
mitzuwirken, den die Stadt Gent anläfslich des feftlichen Einzuges des Prinzen
Cardinais errichten wollte, und obwohl de Crayer mit dem gröfsten Theile
diefer Arbeit betraut ward, entledigte er fich doch diefes Auftrages innerhalb
eines Monats.

Von 1635—1641 war er Maler des Statthalters Ferdinand. In diefer
Zeit fchuf er das prächtige Reiterbild diefes Fürften in Louvre (Nr. 103) eine
majeftätifche Figur, in hellem Ton gehalten, und das des Königs von Spanien,
das lehr bewundert wurde und ihm eine goldene Medaille eintrug. 1641, nach
dem Tode des Prinzen Ferdinand, erlangte de Crayer den Titel eines Malers
des Königs und blieb bis 1664 zu Brüffel von den ftädtifchen Abgaben befreit.
In diefem letzteren Jahre fiedelte er nach Gent über, wo er gleichfalls aller
Abgaben enthoben ward. Ungeachtet feiner höchft zahlreichen Arbeiten jedoch
wie der Gunftbezeigungen und hohen Gönnerfchaft, welche er fein ganzes Leben
hindurch genofs, war er in feinen letzten Jahren keineswegs wohlhabend, fondern
mufste vielmehr in Gent wiederholt Geld borgen, fei es nun, dafs er in Folge
der zu geringen Durchführung feiner Werke mit zunehmenden Jahren an An-
fehen verlor, oder dafs er feine Mittel mit zu wenig Bedacht zu verwalten
wufstc. Er ftarb zu Gent am 27. Januar 1669.

Was uns zunächft an de Crayer auffällt, ift die Leichtigkeit oder richtiger
die Eilfertigkeit, mit welcher er producirte. Ziehen wir feinen langen Lebens
lauf in Rechnung, lo ift feine Fruchtbarkeit zwar nicht gröfser als die eines van
Dijck oder Rubens, fie fällt jedoch mehr in die Augen. Diefs kömmt daher,
dafs de Crayer einen grofsen Theil feiner Malereien äugenfcheinlich als eine
Art von Fabrikarbeit flugs und dazu leichthin erledigte. Es gibt bei ihm
Figuren, die man zwanzigmal und immer als diefelben in feinen Bildern wieder-
findet, aus verfchicdenen Werken entnommene Bildnifse und Gruppen dienen
ihm als Material für andere Bilder, und viele leiden nicht blos an Eintönigkeit
in Haltung und Ausdruck, fondern find auch gar zu unbedeutend in Zeichnung
und Colorit, um die mächtigen Leinwandflächen, auf denen fie flehen, zu füllen.
Blafsgeröthetes oder bräunliches Fleifch mit flau gefärbten Draperien bekleidet,
 
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