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südlichen Langseite befindet sich ein, wie es scheint, später angelegter kleiner Erker, der aber wegen der hohen Lage der Lichtöffnungen
nicht für eine Aussieht bestimmt gewesen sein kann. Der westliche Giebel ist nach dein Campus des Hebdomon, dem Kxereir- oder
Uebungsplatze des Byzantinischen Heeres gewendet. Der Saal stand sowohl an der Nordostecke, als an der Südwest ecke, mit den Gän-
gen der Stadtmauern in Verbindung.

Die heutigen Griechen bezeichnen das Gebäude als Palast Constantin's, die späten Byzantinischen Schriftsteller scheinen es auch
dafür angesehen zu haben, und Gyllius betrachtet es ebenfalls als einen Theil des Palastes, den Constantin der Grosse ausserhalb der
Mauel- im Hebdomon gründete und der. von verschiedenen Kaisern vergrössert, häufig unter dem Namen Magnaura bei den Byzanti-
nischen Schriftstellern vorkommt. Die Kaiserpaläste bestanden aus verschiedenen Hallen und Saalbauten. Triklinien, die durch Höfe
und Säulengänge mit einander in Verbindung gesetzt waren, und ein solches Triklinium des Magnaurapalastes könnte wohl der in Rede
stehende Saal gewesen sein. Allein vor der ersten Hälfte des IX. Jahrhunderts ist das Gebäude schwerlich errichtet: denn obgleich der
Kaiser Heraclius im Jahre 635 das Blachernen-Quartier zuerst mit einer Mauer umgab, um den berühmten Blachernen-Palast nebst der
Muttergotteskirche gegen die Streifereien der Avaren und Ilungarn sicher zu stellen: so legte doch erst Leo Armenius. welcher von 813
bis JS20 regierte, eine starke zweite Mauer mit einein breiten und tiefen Graben vor der Blachernen - Mauer an. und nur diese Mauer
kann es sein, auf welcher das Gebäude ruhet.

Vorzugsweise war es Kaiser Theophilus. der Hersteller der Stadtmauern an der See- und Hafenseite, welcher, von 82!) bis 842
regierend, den Palast Magnaura schmückte, aueh unter anderen Prunkstücken einen goldenen Baum mit singenden Vögeln, zwei goldene
Orgeln, brüllende, die Augen rollende Löwen von Gold etc., Nachahmungen ähnlicher Werke im Chalifenpalaste zu Bagdad, darin auf-
stellen liess: und die zierliche polychrome Architektur des Saales auf der Stadtmauer könnte wohl dieser Zeit angehören, in welcher die
Kaiser zu Constantinopel mit den Abbassiden zu Bagdad im Luxus wetteiferten.

Leonclavius157) und Gyllius erzählen beiläufig, dass in der ersten türkischen Zeit Elephanten in diesem Gebäude unterhalten wur-
den. Fand dieses zu griechischer Zeit ebenfalls statt, so wäre die absonderliche Anlage leicht dahin zu erklären, dass der untere Raum
zwischen den Stadtmauern nebst der gewölbten Halle als Zwinger für die Klephanten diente, das Zwischengeschoss für den Wärter der-
selben und die Futtervorräthe und das oberste als Pracht- und Festsaal, der sowohl einen unterhaltenden Blick auf die Thiere. als eine
herrliche Aussicht nach allen Seiten über die Stadt, den Hafen und das Feld gewährte. Die Verbindung mit den übrigen Theilen des
Palastes muss von den Gangen der Stadtmauern aus stattgefunden haben.

Die verschiedenen Belagstellen für das Vorstehende, so wie Mehreres über den Constantinspalast. Magnaura, den Hebdomon und
die Blachernenmauer findet man in Du Cange Constantinopolis christiana hb. 1. pag- 41.. IIb. U. pag. 12.") L29 und pag. 172 17)5.

Fig. 1. Blatt XXXVII. stellt den (irundriss der unteren Halle und Fig. 2. den Grundriss des oberen Saales dar: in Fig. 3. ist die
Ansicht der Nordseite nebst Durchschnitt der beiden Stadtmauern, in Fig. 4. der obere Theil der Südseite und in Fig. 5. der obere; Theil
der Ostseite nach einem doppelt so grossen Massstabe als die Grundrisse dargestellt. Das Dach ist in Fig. 3. und 4. restaurirt.

Das Mauerwerk der Stadtmauern besteht aus grossen Quadern und Bruchsteinen: das Gebäude selbst ist von Ziegelsteinen auf-
geführt, die an den Aussenlläehen mit gelblich weissen Marmorsteinen in Streifen und zierlichen Mustern abwechseln. Die schmalen
Trennungs- und Krönungsglieder, die Thür- und Fenstereinfassungen, so wie die Kragsteine. Säulen und deren Capitäle sind ebenfalls
aus dein weisslichen Marmor angefertigt.

Nur ein Theil der Oeffnungen des obersten Stocks hat jetzt noch Einfassungen, bei denen tiefer hinabgehende, thürenartige mit
anderen mehr fensterartigen abgewechselt zu haben scheinen. Fig. L3. Blatt XXXVIDL giebt das Profil und einen Theil der vorderen An-
sicht einer Fenstereinfassung der Ostseite im Detail: Fig. (>. einen Theil eines Fensterpfeilers nebst den Anfängen der Bogen über den
Oeffnungen und die dazwischen liegende gemusterte Bekleidung von Ziegel- und Marmorsteinen an der Südseite. .Jede Bogen Wölbung
ist doppelt, die äussere etwa 5 bis 6 Zoll vor der inneren vorspringend, und jeder einzelne Bogen ist mit einem eigentümlichen Orna-
mente eingefasst, das aus zwei Reihen kleiner Töpfe von gebranntem Ton besteht. Fig. 11. zeigt das Profil eines solchen Töpfchens und
Fig. 12. einen Theil der Doppelreihe in der vorderen Ansicht nach einem grösseren .Massstabe. Das Innere dieser V\ Zoll im Geviert
grossen Töpfchen ist grün glasirt. und die Stiele derselben sind in Kalkmörtel eingedrückt und befestigt. Der Effect dieser so einfach her-
gestellten Verzierung ist sehr gut; sie erscheint als ein Kranz grünschillernder Blumen.

Fig. 7. bis incl. 10. geben verschiedene andere Beispiele der gemusterten Ausfüllung der Zwickel zwischen den Bogcnwölbungen
der Süd- und Nordseite. Fig. 3. bis incl. 5. zeigen .Muster der äusseren Bogeneinfassungen an den (überwölbten Oeffnungen der unteren
Halle, in Ziegel- und Marmorsteinen ausgeführt. Die Wölbungen selbst bestehen, wie aus Fig. 3. Blatt XXXVII. ersichtlich, aus Marmor-
quadern, die durch Verzahnung mit einander verbunden sind, wahrscheinlich weil eine ziemlich grosse Mauerlast auf denselben ruht,
Der Schlussstein einer jeden Wölbung trägt merkwürdiger Weise eine Art Wappenschild.

Die Säulen, auf denen diese Wölbungen ruhen, stehen doppelt hinter einander und sind in der Richtung der Mauerdicke gekup-
pelt, indem das Deckstück über beide Capitäle fortgeht. laues dieser Capitäle ist in Fig. 2. Blatt XXXVIII. detaillirt gezeichnet. Fig. 1.
desselben Blattes stellt eines der Capitäle dar, auf denen die Ourtbogen der inneren Wölbungen der unteren Halle ruhen. An den öst-
lichen und westlichen Wänden setzen diese inneren (iurtbogen auf doppelt gestellte Consolen auf

Auch dieses Gebäude scheint, wie so viele andere in Constantinopel, theilweise mit altem .Material aufgeführt zu sein, wenigstens
trägt das Capitäl Fig. 1. einen ganz anderen Charakter, als das Fig. 2.. und scheint einer früheren Periode anzugehören; auch passten die
Capitäle nicht gehörig auf den Säulen. An einem der Consolen der west lichen Wand in der unteren Halle befand sich folgender Inschriff-
rest: VM'.IN >T2 \ l<>\\\ll MEM..... aber auf dem Kopfe stehend, eingemauert.

Die Kragsteine des Altans, aufweichen die Ziegelbogen desselben ruhen, bestehen jeder aus drei über einander vorgekragten Stei-
nen: drei des Eckthurmes waren an der Vorderfläche mit einem Adler-. Widder- und Löwenkopfe geziert. Der eine Kragstein des
Erkers an der Südseite puhete ebenfalls auf einem Thierkopfe.

An dem ohereii Bande der südlichen Umfassung waren noch die Stellen bemerkbar, wo die Köpfe der Deckenbalken gelegen hat-
ten, und darunter waren kleine Löcher sichtbar, die vielleicht zur Befestigung einer Frieszierde gedient hatten. Die kleineren Kragsteine
des östlichen Oiebels könnten wohl zur Befestigung einer Zeltdecke über dem Altan gedient haben.

Fig. L4. Blatt XXXVIII. zeigt einen Theil der Inschriften von weissem Marmor an den Mauerthürinen der Hafenseite, welche von
dem Kaiser Theophilus in der ersten Hälfte des [X. Jahrhunderts bei Herstellung dieser Mauern angebracht wurden: ein Beispiel der Mo-
numentalschrift damaliger Zeit.

Aul' demselben Blatte in Fig. 15. und 1(5. ist ein Capitäl mit wahrscheinlich dazu gehöriger Basis von weissem .Marmor gegeben,
das im nördlichen Theile des Blachernen - Quartiers auf der Höhe nicht weit von der Moschee Aivas Effendis unter mehreren anderen
Trümmern gefunden wurde.

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