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VI

Seine funkelnden Strahlen. Es fliehet das nächtliche Dunkel.

Nahe den Hallen sind hier und dort an den Säulen der Seite
Leuchter mit Einem Licht, von einander gesondert, befestigt
Nach der Reihe, so weit in die Länge der herrliche Tempel

425 Sich erstrecket. Den Lampen sind Urnen untergefüget,

Silberne, ähnlich der Form der schwebenden zierlichen Wage,
Welche die Becher des Oels in ihrem Schoosse bewahren.
Doch sind diese nicht alle nach einer Richtung geordnet,
Sondern Du schauest, wie alles woget so oben wie unten,

430 Und von den schwebenden Ketten herab in lieblicher Anmuth
Stufenweise die Luft durchströmen die leuchtenden Strahlen.
So auch erscheint in zwiefacher Reihe der Glanz der Hyaden,
Welcher am Himmel leuchtet inmitten der Stirnc des Stieres.
Dann auch silberne Schiffe gewahrst Du, sie tragen als Ladung

48.") Den zur Erleuchtung dienenden Stoff, und schwebend durchschiffen
Sie die erhelleten Pfade der Luft, statt der Wogen des Meeres,
Fürchtend weder den Süd, noch auch den Bootes, der spät sinkt.57)
Unten am Boden des Schiffs erblickest Du hölzerne Stäbe,
Durch die Mitte gesteckt des wie Hörner gebogenen Eisens,

440 Deren Flamme geleitet des Tempels heilige Phalanx,

Wenn sie schreitet einher nach der vorgezeichneten Ordnung.58)
Auch stelin andere Leuchter gesellt zu den Füssen der schlanken
Säulen, und andere noch in der Höh' auf dem Rande der Wände,
Wo sie neben einander in lange Reihen gestellt sind.

445 Wahrlich auch nicht entbehrt des Gesimses Kranz an der Kuppel
Des erhellenden Lichts; es hat der geweihete Priester
Auf vortretenden Steinen des ringsumlaufenden Kreises
Einzelne Leuchter in Reihen gestellt auf eherne Stangen.
Wie ein herrschender König der lieblichen fürstlichen Jungfrau

450 Legt um den zierlichen Nacken ein Anmuth strahlendes Halsband,
Funkelnd im feurigen Glanz wie von goldumgebenen Lämpchen;
Also hat auch der König die ganze Basis der Kuppel
Rings umstellet mit Lichtern, den Rand umher zu erhellen.
Ja auch über den Schläfen der silbernen Säulen entlang läuft

455 Für die lampenanzündenden Männer ein schmalerer Fusspfad,

Hell erleuchtet vom Licht, das den feurigen Sträussen entströmet,
Die, wohl Bäume zu nennen, sind ähnlich belaubten Cypressen
Oder den Pinienzapfen, genährt auf den Höhen der Berge,
Scharf zugespitzt nach oben — es folgen dann weiter nach unten

4(50 Grössere Kreise, bis Du von ihnen den letzten erblickest,

Welcher den Stamm des Baumes umgiebt, der die Blume des Feuers,
Licht verbreitend, entsendet. Jedoch an der Stelle der Wurzeln

Schau'st Du in silbernem Scheine die Becher, die untergestellt sind
Allen den feurigen Bäumen. Inmitten des leuchtenden Haines

465 Strahlet umher das erhabene Bild des heiligen Kreuzes,

Licht den Sterblichen spendend, geschmückt mit funkelnden Buckeln.

Noch viel Tausende andrer an Ketten hangender Lampen
Schliesst in sich ein der von Zauber erfüllete Tempel des Herren:
Diese erhellen die Gänge zur Seite, und jene die Mitte,

470 Andre den Raum gen Morgen und Abend, noch andre ergiessen
Oben die leuchtenden Flammen; es strahlet die dunkele Nacht hell
Wie in dem heiter lächelnden Scheine der rosigen Frühe.

Wer die leuchtenden Kronen, den Reigen der schimmernden Lampen
Aller der Bäume betrachtet, den fliehen die Sorgen des Herzens.

475 Manchen ergötzet das Schiff, das feuerentsendende,59) andre,

Wenn sie schau'n mit dem einzigen Licht den strahlenden Leuchter.
Oder auch richten den Blick auf das Zeichen des göttlichen Heilands.

Wie wenn bei nächtlicher Zeit am heiteren Himmel die Wandrer
Hier wie auch dort aufsteigend erblicken die funkelnden Sterne:

480 Dieser bewundert des Hesperos Schein und jener ergötzt sich
An dem Gestirne des Stieres, so wie des hellen Bootes,
Wieder ein anderer an dem Orion, oder des Wagens
Trockener Balm. Es erhellt der mit Sternen besäete Himmel
Weite Strassen umher, die Nacht ist gezwungen zu lächeln.

485 So auch werden erhellt die Hallen des göttlichen Tempels
Ueberall von dem leuchtenden Strahl der lieblichen Anmuth:
Jeden erfüllet das glänzende Licht mit heiterer Freude,
Welche den Schleier zerreisst des düsteren Nebels der Seele.
Allen strahlet der herrliche Schein, ja selbst auch dem Schiffer,

490 Wenn er leitet das Steuer zur Fahrt durch die Wogen des Meeres,
Mag er, nachdem er die Fürthen des stürmischen Pontos verlassen,
Steuern sein Schiff durch die engeren Pforten der irrenden Felsen,60)
Fürchtend in finsterer Nacht den rechten Weg zu verlieren,
Oder zum Hellespont vom Aegäischen Meere die Barke

495 Lenken der Strömung entgegen, die aus der Propontis hervorbricht,61)
Wenn der lihystische Wind ihm mächtig schwellet die Segel.
Nicht der Blick auf das Licht der beiden Bären am Himmel
Giebt ihm das feste Vertrauen, am Steuer zu lenken sein Fahrzeug,
Sondern allein des herrlichen Tempels göttlicher Lichtglanz,

500 Der dem Schiffe den Weg anzeiget, doch nicht mit dem Feuer
Nächtlicher Flammen allein, wie dieses die Ufer des Proteus
Spenden auf Pharos,62) dem Eiland an Libyens fernen Gestaden,
Sondern zugleich mit der Gnade Geschenk des lebendigen Gottes.
 
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