X
Die griechische Anthologie bewahrt von dem Silentiarius Paulus 82 Epigramme, zum
Theil erotischen Inhalts in elegischem, und das Gedicht auf die pythischen Bäder in
anakreontischem Versmass auf. Selbst einzelne der 105 Epigramme seines Freundes Aga-
thias werden ihm zugeschrieben. M. s. Jaeob's Anthol. gr. t. XIII. catal. poet., den Anhang
zu Agathias hist. ed. Bonn, und Fabricii bibliotheca graeca lib. V. 1,5.
Der Fucppao-Lq der heiligen Sophia in Hexametern gedenkt Agathias mit grossem Lobe.
«Wer entfernt, (sagt er) von der Stadt wohnt, und als wäre er an Ort und Stelle alle
Einzelheiten des Bau's überschauen und kennen lernen will, der lese des Paulus in Hexa-
metern verfasste Beschreibung, die seine übrigen vortrefflichen Gedichte in dem Mass
übertrifft, als ihre Aufgabe die grössere ist.» Diese Beschreibung übergeht freilich manche
Einzelheiten, die von späteren Schriftstellern näher beleuchtet, aber nicht ausser allen
Zweifel gestellt sind. Indess ist sie die vollständigste, welche ein Zeitgenosse des Bau's
geliefert hat, und übertrifft an Uebersichtlichkeit auch die Beschreibung des Prokopios.
(De aedif. lib. I. 1. Vol. HI. p. 173— 185 ed. Bonn.) Da jedoch die eine an die andre
erinnert, so fragt sich, welche von beiden Beschreibungen die ältere ist?
Prokopios überlebte zwar den Kaiser Justinian, der im Jahre 565 starb, also auch
die zweiten Enkaenien des Jahres 563, nach welchem Paulus sein Gedicht vorlas. Jener
konnte daher seine Bücher de aedificiis, dessen erstes die Beschreibung der Sophia ent-
hält, noch nach den gedachten Enkaenien herausgeben. Schwerlich aber hat er die
Abfassung dieser zur Verherrlichung des Kaisers, der im Jahre 565 schon das achtzigste
Lebensjahr erreicht hatte, bestimmten Bücher so lange ausgesetzt, vielmehr sie bald nach
Vollendung seiner bis zum Jahre 552 reichenden Geschichte der Kriege Justinian's (M. s.
Prokop, vol. II. S. 172 Z. 3 ed. Bonn.) geschrieben. Zum Beweise möge Folgendes dienen:
Der Einsturz des östlichen Theils der Sophienkuppel, von der Paulus in seinem
Gedichte handelt, wurde durch ein Erdbeben veranlasst, wie ein solches im Jahre 557
im 31sten Regierungsjahre des Kaisers ausbrach und von Agathias hist. V. c. 3. geschil-
dert wird. Man hat daher den Einsturz der Kuppel, obgleich Agathias dessen gar nicht
gedenkt, in dieses Jahr 557 versetzen wollen. Nun erwähnt zwar Kedrenos in seiner
Geschichte vol. I. S. 675 Z. 11 ausdrücklich auch dieses Erdbebens, lässt aber S. 676 Z. 20
folgen: «im 32sten Jahre (A/3') des Kaisers Justinian stürzte der nordöstliche Theil der
Kuppel durch die Erschütterung der sich wiederholenden Erdbeben ein.» Ausserdem ist
die Notiz bei Theophanes, Chron. vol. I. p. 359, dass der Einsturz am 7ten Mai geschehen
sei, ferner die Angabe in Du Gange Comment. p. 66 zu des Paulus Silentiarius 1. Abschn.
Vers 37, dass die Enkaenien der wiederhergestellten Kirche nach fünfjähriger Trauer
über den Unfall am 24sten December 563, im 36sten Regierungsjahre Justinian's, statt-
gefunden haben, zu berücksichtigen. Aus allem diesen lässt sich schliessen, dass, da der
Kaiser im Jahre 565 nach einer Regierung von 38 Jahren 7 Monaten und 13 Tagen
gestorben ist, und der 7te Mai schon zu jedem nächstfolgenden Regierungsjahre gehörte,
der Einsturz der Kuppel am 7ten Mai des Jahres 558 stattgefunden haben muss. (Es ist
daher auch in dem Werke Salzenberg's p. 15 Z. 27 der Folio- und p. 47 Z. 19 der Quart-
Ausgabe statt des von mir bei der Correctur eingeschobenen zwei und, «im zwei und
zwanzigsten Jahre» zu lesen.)
Prokopios gedenkt in seiner Beschreibung der Sophia dieses Einsturzes gar nicht,
erzählt dagegen a. a. O. S. 180 Z. 5. f. ausführlich, wie während des Baues der im Jahre 537
vollendeten Kirche bei der Errichtung des östlichen Bogens, bevor dessen Mitte voll-
endet war, die Pfeiler, auf denen seine Arme ruhten, auszuweichen drohten uud die Bau-
meister Anthemios und lsidoros deshalb in grossen Sorgen waren, der Kaiser aber die
Schliessung des Bogens befahl, «weil er, vollendet, sieh selbst tragen und der Pfeiler
nicht weiter bedürfen werde.» Dies hätte Prokopios nicht schreiben können, ohne den
Einsturz der Kuppel, wenn derselbe ihm schon bekannt gewesen wäre, zu erwähnen.
Hiernach lässt es sich nicht bezweifeln, dass die Beschreibung des Prokopios vor 558
herausgegeben war, mithin älter ist, als die des Paulus Silentiarius.
Ist dem so, so bleibt nur noch übrig nachzuweisen, dass die Beschreibung des
Prokopios dem Paulus bei der Abfassung der seinigen bekannt gewesen ist. Dies dürfte
sich aus der Vergleichung folgender Stellen ergeben.
1. Prokop, a. a. O. p. 174, wo von Anthemios und lsidoros die Rede ist: xal
/iir\%<xvoicoiot; <r\)v exurep srspoq 'itrtdrayoe, s/li cp $> <o ■«.• re «AAcoc xoei «jimicov 'iouorwtavcp
Paulus II. Vers 136: 'Ai'^te'^uo^ «oiVu^Lt^ai'ot; i\6k &xjv axiriZ
itarcrocpai; 'icrtodcayot; e'xoi' voov • a/iLcpoTEooi. ycxp
xaKXntövcjv ßouXrp-Li' u ito tf <,> >] er ctovts q atvaatrcyv.
und I. Vers 135: xal voov 'Aa'^^uoio, xsxocct/jlsvov e^Lcpyoi'i öouA/fi.
2. Prokop, a. a. 0. Zeile 14: p-za^ia ox>v i] sx/Xijo-ta xF.xaXXio-TF.uniEvoi' yF.yEi>t]Tai,
Tolc; [Lisv opcDcrfV {maycpa.ec;, to7q d' oe x o uo tj cri itavTEhcx; cx.zj.lo-t ov.
Paulus II. Vers 31: Papißoq onr\ itaranorox' löslv, icavani er r ov uxo ijo-ui.
3. Prokop, a. a. O. S. 178 Z. 24: ksi/mZvi ric av iv78T\>%-t]xev<xt öö^sisv cojiai'cp
To a v p- o c-
Bei Paulus der häufige, freilich auch bei früheren Schriftstellern beliebte Vergleich
der mannigfaltigen Bildungen des Marmors mit blumigen Wiesen (A/si^ucji'f-i,).
4. Prokop. a.a.O. p. 179: rowou xopov ov6f.Ii; reu ?Ea/iaroi; s'Xaßs jtojito7s.
Paulus I. Vers 165: tcou; »oyoi; euti rjVi] x ot; gX^karat exroPev ol'xou.
Die Beschreibung des Paulus ist ein Gelegenheitsgedicht, eine Akroase (Vorle-
sung) der Art, wie sie die Römer seit dem letzten Jahrhundert der Republik als Unterhal-
tung in höheren Kreisen liebten. Ihr Zweck ist die Verherrlichung der Sophia und ihres
Erbauers und Wiederherstellers. Sie beginnt mit einer Anrede an den Kaiser in achtzig
jambischen Trimetern, die vor dem Herrscher und seinem Hofstaat im Palast, und zwar
im Vorlesezimmer, welches Paulus Vers 86 Psa7pov koycov nennt, gehalten wurde. Es
folgte dann eine Versammlung in dem der Kirche und dem Palast nahe gelegenen Hause
des Patriarchen Eutychios, wo nach 48 einleitenden Trimetern die eigentliche Beschrei-
bung der Sophia bis zum 276sten Verse des Abschnitts I. vorgetragen wurde. Demnächst
begab sich die Versammlung in die Kirche und hörte nach 6 einleitenden Trimetern den
ganzen Abschnitt IL bis zu Ende an. Der Schluss dieses Abschnitts ist jedoch nicht
übersetzt worden, weil er sich auf die Kirche nicht weiter bezieht. Dass übrigens Justi-
nian der ganzen Vorlesung beigewohnt habe, beweisen die häufigen an den Kaiser gerich-
teten Anreden.
Die Beschreibung des Ambon, ebenfalls durch 29 Trimeter und 19 Hexameter ein-
geleitet, wurde in grosser Versammlung im Palast des Patriarchen in Gegenwart des
Kaisers vorgetragen.
Zu der Ansicht, dass die Vorlesung in der angegebenen Weise wirklich statt-
gefunden, und zwar, wie Du Cange, Comment. p. 67, nachweist, nach dem Feste Epi-
phanias, bis wohin die Enkaenien ausgedehnt wurden, haben die Ueberschriften der
Abschnitte und die in dem Hauptgedicht selbst auf die Veränderung der Scenen sich
beziehenden Worte des Schriftstellers Veranlassung gegeben. Wenn man aber der Sache
näher tritt und die Wunderlichkeit der Anordnung, die Unangemessenheit, ja die Unaus-
führbarkeit des wirklichen Wechsels der Scenen in Erwägung zieht, so kann man sich
der Vermuthung nicht erwehren, dass das Ganze, die Einleitungen sowohl als auch die
eigentliche Beschreibung, an einem und demselben Orte (wahrscheinlich im Vorlesezimmer
des Kaiserlichen Palastes) in einem Zuge vorgelesen, und der Wechsel der Scenen nur
ein fingirter, dem Drama nachgeahmter sei.
) Abschn. I. Vers 1 — 4. In diesen Versen wird auf den Frieden hingewiesen, in welchem
sich das römische Reich zur Zeit der Einweihung der wiederhergestellten Sophienkirche
befand. Das Reich der Vandalen im Süden (Libyen) war schon im Jahre 534 durch
Beiisar vernichtet, der später dort ausgebrochene Aufruhr im Jahre 545 gedämpft; das
Reich der Ostgothen im Westen (Hesperien. Italien) hatte im Jahre 554 sein Ende ge-
funden; mit den Persern (Medern, wie u. a. auch Thucydides I. die alten Perser so
nennt, weil sie eines Hauptstammes mit den Medern waren und ihr Reich nur als eine
Fortsetzung des medischen betrachtet wurde) war nach blutigen und zum Theil unglück-
lichen Kämpfen im Jahre 561, zwei Jahre vor den Enkaenien, ein Friede, eigentlich nur
ein Waffenstillstand auf fünf Jahre, geschlossen.
3) Vers 21 und 22. Anthusa im goldnen Gewände.
Der Text lautet: evPev syi^ov ePehoo as niEktcppoyyoio-i, y^ooF.uxm
%yo<xo%t7Cj'i' aijjouffa Tsov <rxrj:n:7ou%oi' ixf.cSf.li'.
Statt des sichtbar verdorbnen al'Pouo-a (fornix übersetzt es Du Cange) hatte ich
längst "Ai'^oucra vermuthet, als ich sah, dass aipouva und nicht al'povo-a die hand-
schriftliche Lesart sei. Anthusa war einer der vielen Namen, welche Byzanz, seitdem es
zur Kaiserlichen Residenz erhoben war, führte. Schon zu den Zeiten Constantin's war
ihr jener Name beigelegt worden, wie uns Eustathius lehrt zu Dionys, perieg. 803. p. 253
ed. Bernhardy: 6vo<Lia<rpi\vac 6g «ots axffo (Bxj^avriov) xal ''KvtcovLovv, gca<; reeptrjv 5ßj3rj$>oc
xal o sxstvou itoiic; 'Ai'roa'ti'oc: ictxyu 6s toxi fi.gyd.kou Ktol'vtckvtvvov xkx\Pr\vai «uro "Av-
Povarav. Vergleicht man hiermit eine Nachricht bei Joh. Laurentius de Mens. IV. 25:
f.la rrji' rrje fPccjitJj§ rifjü{\V ' tekdäpav yuo otxifryv dvö/na^ov, und 50: iF.y<xTLx6v 6f. ('i?uop.vt\c;
ovojuxx) Qkcjpu oun'f.i ar'Poxxra, und 51: Pc^iit] (J>A/c.3y«, xal rj Ka)Vo-7a%'7LVo\)itoki.c;, r\yo\rv
avPovcra, so sieht man, dass Constantin weiter nichts that, als dass er den hieratischen
Namen der alten Hauptstadt Flora auf die neue übertrug. Endlich gehört hierher noch
eine Notiz bei Stephanus Byz. p. 590, 18, wo es unter dem Worte luxal also heisst:
t| itokit; ocü'rr] itaoc'x to ysvvtxcx; dvPslv "AvPovcra. Diese Worte, die man an der Stelle,
wo sie jetzt stehen, nur auf 2 uxo« beziehen kann, sind nichts als eine an falscher Stelle
eingeschobene Randbemerkung zu dem vorhergehenden Worte n6ki<;, womit Constantinopel
gemeint ist. Meineke.
[Constantin legte auch der Fortuna (ruxrj) der von ihm erneuten und nach ihm
benannten Stadt Constantinopel den Namen Anthusa bei. S. Malal. XIII. p. 320. 322;
desgl. Piper, Mytholog. und Symbolik der christlichen Kunst, Ister Bd. 3. Abth. p. 599.
2uxat, das heutige Galata, nahm unter den Byzantinischen Kaisern die dreizehnte Stelle
unter den vierzehn Regionen Constantinopels ein. Du Cange, Const. christ. I. p. 57.]
In den oben angeführten Versen des Paulus liegt aber noch ein anderer Fehler
versteckt; denn wer erwartet hier nicht vor dem Worte tov o-xr\TtTo\)%ov ein verbindendes
xal? Dich, Anthusa, will ich preisen und Deinen König! Allein wenn auch diese Ver-
bindung auf irgend eine Weise hergestellt werden könnte, so bleibt der Gedanke doch
immer sonderbar und unwahr. Nicht Constantinopel will der Dichter verherrlichen, son-
dern Justinian, dessen Lob er an die Beschreibung des vollendeten Prachtbau's anknüpft.
Der Fehler liegt aber wahrscheinlich in dem ersten Verse, den der Dichter vielleicht so
geschrieben hat: fvPfv gyvyv Fpsko p.i eX 17 o y>p öy y o i o-i %opslaiq, ein Wort, welches
durch ^irA/Co'xyooc und ähnliche Compositionen hinreichend geschützt wrird. Leichter
wäre es zwar, f^Flo.yj zu schreiben, allein diese Partikel kennt Paulus ausser der Ver-
bindung mit /aiv und andern einsylbigen Partikeln nicht, und ihre Einfügung würde
überdies nur ein armseliger Nothbehelf sein. — Endlich ist noch statt ek'Pev sycäv, welches
aus mehreren Gründen unzulässig ist, evPfv f.Xuw herzustellen mit Verweisung auf Horn.
Odyss. 500: fvPfv f.Xcji', cag ol fisv x. t.X. Dorville zu Charit. 1, 7. Meineke.
4) Vers 26. Der knirschende schwarze Verrath u. s. w.
Eine Anspielung auf die erst vor Kurzem (im Jahre 561) entdeckte Verschwörung,
in der es darauf abgesehen war, den Kaiser bei der Mahlzeit zu ermorden. Schon waren
die Zugänge zum Palast von Sclaven besetzt. Da wurde der ruchlose Anschlag entdeckt.
Man fand bei den beiden Rädelsführern die Dolche unter dem Gewände. Marcellus tödtete
sich selbst, der andere (Sergius) entfloh in die Kirche der Theo tokos in den Blachernen,
wurde aber dem Asyl entrissen und gefangen genommen. Im Verhör bezeichnete er
mehrere Männer, die, wie er, mit Beiisar früher in Verbindung gestanden. So wurde auch
der greise Feldherr zur Untersuchung gezogen und ungerecht mit Sequestration seines Ver-
mögens und mit Hausarrest bestraft, bis nach sechs Monaten seine Unschuld erkannt und
ihm Ehrenstellen und Vermögen zurückgegeben wurden. Er überlebte dieses Ereigniss
nur noch acht Monate. S. Gibbon, decl. et fall. etc. c. 43. Hauptquelle ist Malal. ehr.
p. 493 sq. und, wie bisher noch nicht bemerkt worden, Paulus selbst, der in der seinem
Gedicht vorangehenden Anrede an den Kaiser Vers 24—39 sich über den Vorfall in seiner
Weise also auslässt:
«Es war der Hinterhalt gelegt und der Tag zur That gekommen. Schon standen
die Verschwornen im Palast bereit, in die innern Thüren einzudringen und Dich auf Deinem
Thron zu überfallen. Dir war alles längst bekannt, doch bliebst Du ruhig, Gott allein
vertrauend, der Dich beschirmt und Dir stets den Sieg verleiht. Auch diesmal täuschtest
Du Dich nicht. Denn was geschah? Der erste der Verräther nahm sich selbst das Leben,
weil die göttliche Gerechtigkeit ihn nicht verschonen wollte — sie wusste ja, dass, wäre
er lebendig ergriffen worden, Du, wie Du andern Frevlern oftmals gnädig warst, dem
Mitleid und Erbarmen, in welchem Du alle Menschen übertriffst, Dich zugewendet haben
würdest.»
5) Vers 33. Das ist ja die Freude der Eltern, ein dem Homer nachgeahmter Vers-
schluss, wie to yap yspac. f.o-TL pcxvovT<.X)i'.
6) Vers 38. Fromm miteinander uns singen. Im Texte heisst es:
HiF.\'\\}oiLiF.v «TjcprijUout; XJiCO %f.lX,f.cri, svao6oiii u^vvoua.
Ein ähnlicher Gebrauch des iWo im Verse 209: exniafuxroi(; vitd %elyF.<rt x-t\$vv
ava«rc»a', wo nach meiner Ansicht statt «uxa^udj-otc uxa^Laroic; zu lesen ist. Meineke.
7) Vers 60. Teichinen. Ohne auf die mit den Sagen von den Cureten, Dactylen u. s. w.
in Verbindung stehende Mythe von den Teichinen näher einzugehen, will ich mich hier
nur auf die Bemerkung beschränken, dass die Teichinen als ein verläumderisches, neidi-
sches Geschlecht mythischer Wesen, erste Erzarbeiter und Zauberer (Hesych. ßü.cxxavoi,
yör\t£t;, q>£rovipol) bekannt sind. S. auch Eustath. zur Ilias t, 522. Vol. II. p. 290 ed. Lips.
Diod. Sicul. V. 55. Strab. XIV. pag. 654 Cas. — Gregor von Nazianz und nach ihm Suidas
haben sie itorruiou; xai {iaorxcxvoxjc. 6a,Lp.iovcxc, genannt, wie denn die alten Götter von den
Christen im Allgemeinen als böse Dämonen betrachtet wurden. Vergl. Spanh. ad
Callim. h. Del. u. 31.
Aus diesem Grunde giebt auch der Dichter den zaubermächtigen bösen Geistern
den Namen Teichinen, und will nichts anderes sagen, als Christi Macht und Gnade sei
es zu verdanken, dass bei dem durch jene veranlassten partiellen Einsturz der Kuppel
niemand verletzt und das Heiligthum nicht mit Blut besudelt wurde.
8) Vers 71. Sirene, für Muse. S. Sueton. de illust. grammat. 11.
Cato grammaticus, Latina Siren,
Qui solus legit ac facit poetas.
9) Vers 87. Der Megära. Der Unmuth ist für den Dichter eine Qual der Erynnis. Er
freut sich ihrer gewissermassen, weil sie eine gerechte ist.
10) Vers 94. Keltischer Kriegsruf, d.i. der Krieg mit den germanischen Völkern, Van-
dalen, Ostgothen.
11) Vers 95. Der Indier bringt etc. Gewiss eine Hindeutung auf den indischen Fürsten
Elesboas, der im persischen Kriege sich zum Abfall von den Persern bewegen liess und
dem römischen Gesandten reiche Geschenke an den Kaiser mitgab. (Malal. XIII. p. 457. sq.)
Auch Kedrenos hist. vol. I. p. 658 erzählt, dass im 23sten Regierungsjahre des Justinianus
ein indischer Gesandte mit einem Elephanten nach Constantinopel gekommen sei.
12) Vers 125. Nicht auf den goldenen Stab etc. Der Text hat:
ou 9(pTJO*f)1' TLVa. yajirfo'i'.
Paulus kennt von xs"J<rü'^' nur die dreisylbige Form, daher auch hier %p\)cetr{v her-
zustellen ist, und zwar als Anapäst, wie aus Vers 243: xai rä<,- /llev %ova-Eoicriv eXaypl-
Die griechische Anthologie bewahrt von dem Silentiarius Paulus 82 Epigramme, zum
Theil erotischen Inhalts in elegischem, und das Gedicht auf die pythischen Bäder in
anakreontischem Versmass auf. Selbst einzelne der 105 Epigramme seines Freundes Aga-
thias werden ihm zugeschrieben. M. s. Jaeob's Anthol. gr. t. XIII. catal. poet., den Anhang
zu Agathias hist. ed. Bonn, und Fabricii bibliotheca graeca lib. V. 1,5.
Der Fucppao-Lq der heiligen Sophia in Hexametern gedenkt Agathias mit grossem Lobe.
«Wer entfernt, (sagt er) von der Stadt wohnt, und als wäre er an Ort und Stelle alle
Einzelheiten des Bau's überschauen und kennen lernen will, der lese des Paulus in Hexa-
metern verfasste Beschreibung, die seine übrigen vortrefflichen Gedichte in dem Mass
übertrifft, als ihre Aufgabe die grössere ist.» Diese Beschreibung übergeht freilich manche
Einzelheiten, die von späteren Schriftstellern näher beleuchtet, aber nicht ausser allen
Zweifel gestellt sind. Indess ist sie die vollständigste, welche ein Zeitgenosse des Bau's
geliefert hat, und übertrifft an Uebersichtlichkeit auch die Beschreibung des Prokopios.
(De aedif. lib. I. 1. Vol. HI. p. 173— 185 ed. Bonn.) Da jedoch die eine an die andre
erinnert, so fragt sich, welche von beiden Beschreibungen die ältere ist?
Prokopios überlebte zwar den Kaiser Justinian, der im Jahre 565 starb, also auch
die zweiten Enkaenien des Jahres 563, nach welchem Paulus sein Gedicht vorlas. Jener
konnte daher seine Bücher de aedificiis, dessen erstes die Beschreibung der Sophia ent-
hält, noch nach den gedachten Enkaenien herausgeben. Schwerlich aber hat er die
Abfassung dieser zur Verherrlichung des Kaisers, der im Jahre 565 schon das achtzigste
Lebensjahr erreicht hatte, bestimmten Bücher so lange ausgesetzt, vielmehr sie bald nach
Vollendung seiner bis zum Jahre 552 reichenden Geschichte der Kriege Justinian's (M. s.
Prokop, vol. II. S. 172 Z. 3 ed. Bonn.) geschrieben. Zum Beweise möge Folgendes dienen:
Der Einsturz des östlichen Theils der Sophienkuppel, von der Paulus in seinem
Gedichte handelt, wurde durch ein Erdbeben veranlasst, wie ein solches im Jahre 557
im 31sten Regierungsjahre des Kaisers ausbrach und von Agathias hist. V. c. 3. geschil-
dert wird. Man hat daher den Einsturz der Kuppel, obgleich Agathias dessen gar nicht
gedenkt, in dieses Jahr 557 versetzen wollen. Nun erwähnt zwar Kedrenos in seiner
Geschichte vol. I. S. 675 Z. 11 ausdrücklich auch dieses Erdbebens, lässt aber S. 676 Z. 20
folgen: «im 32sten Jahre (A/3') des Kaisers Justinian stürzte der nordöstliche Theil der
Kuppel durch die Erschütterung der sich wiederholenden Erdbeben ein.» Ausserdem ist
die Notiz bei Theophanes, Chron. vol. I. p. 359, dass der Einsturz am 7ten Mai geschehen
sei, ferner die Angabe in Du Gange Comment. p. 66 zu des Paulus Silentiarius 1. Abschn.
Vers 37, dass die Enkaenien der wiederhergestellten Kirche nach fünfjähriger Trauer
über den Unfall am 24sten December 563, im 36sten Regierungsjahre Justinian's, statt-
gefunden haben, zu berücksichtigen. Aus allem diesen lässt sich schliessen, dass, da der
Kaiser im Jahre 565 nach einer Regierung von 38 Jahren 7 Monaten und 13 Tagen
gestorben ist, und der 7te Mai schon zu jedem nächstfolgenden Regierungsjahre gehörte,
der Einsturz der Kuppel am 7ten Mai des Jahres 558 stattgefunden haben muss. (Es ist
daher auch in dem Werke Salzenberg's p. 15 Z. 27 der Folio- und p. 47 Z. 19 der Quart-
Ausgabe statt des von mir bei der Correctur eingeschobenen zwei und, «im zwei und
zwanzigsten Jahre» zu lesen.)
Prokopios gedenkt in seiner Beschreibung der Sophia dieses Einsturzes gar nicht,
erzählt dagegen a. a. O. S. 180 Z. 5. f. ausführlich, wie während des Baues der im Jahre 537
vollendeten Kirche bei der Errichtung des östlichen Bogens, bevor dessen Mitte voll-
endet war, die Pfeiler, auf denen seine Arme ruhten, auszuweichen drohten uud die Bau-
meister Anthemios und lsidoros deshalb in grossen Sorgen waren, der Kaiser aber die
Schliessung des Bogens befahl, «weil er, vollendet, sieh selbst tragen und der Pfeiler
nicht weiter bedürfen werde.» Dies hätte Prokopios nicht schreiben können, ohne den
Einsturz der Kuppel, wenn derselbe ihm schon bekannt gewesen wäre, zu erwähnen.
Hiernach lässt es sich nicht bezweifeln, dass die Beschreibung des Prokopios vor 558
herausgegeben war, mithin älter ist, als die des Paulus Silentiarius.
Ist dem so, so bleibt nur noch übrig nachzuweisen, dass die Beschreibung des
Prokopios dem Paulus bei der Abfassung der seinigen bekannt gewesen ist. Dies dürfte
sich aus der Vergleichung folgender Stellen ergeben.
1. Prokop, a. a. O. p. 174, wo von Anthemios und lsidoros die Rede ist: xal
/iir\%<xvoicoiot; <r\)v exurep srspoq 'itrtdrayoe, s/li cp $> <o ■«.• re «AAcoc xoei «jimicov 'iouorwtavcp
Paulus II. Vers 136: 'Ai'^te'^uo^ «oiVu^Lt^ai'ot; i\6k &xjv axiriZ
itarcrocpai; 'icrtodcayot; e'xoi' voov • a/iLcpoTEooi. ycxp
xaKXntövcjv ßouXrp-Li' u ito tf <,> >] er ctovts q atvaatrcyv.
und I. Vers 135: xal voov 'Aa'^^uoio, xsxocct/jlsvov e^Lcpyoi'i öouA/fi.
2. Prokop, a. a. 0. Zeile 14: p-za^ia ox>v i] sx/Xijo-ta xF.xaXXio-TF.uniEvoi' yF.yEi>t]Tai,
Tolc; [Lisv opcDcrfV {maycpa.ec;, to7q d' oe x o uo tj cri itavTEhcx; cx.zj.lo-t ov.
Paulus II. Vers 31: Papißoq onr\ itaranorox' löslv, icavani er r ov uxo ijo-ui.
3. Prokop, a. a. O. S. 178 Z. 24: ksi/mZvi ric av iv78T\>%-t]xev<xt öö^sisv cojiai'cp
To a v p- o c-
Bei Paulus der häufige, freilich auch bei früheren Schriftstellern beliebte Vergleich
der mannigfaltigen Bildungen des Marmors mit blumigen Wiesen (A/si^ucji'f-i,).
4. Prokop. a.a.O. p. 179: rowou xopov ov6f.Ii; reu ?Ea/iaroi; s'Xaßs jtojito7s.
Paulus I. Vers 165: tcou; »oyoi; euti rjVi] x ot; gX^karat exroPev ol'xou.
Die Beschreibung des Paulus ist ein Gelegenheitsgedicht, eine Akroase (Vorle-
sung) der Art, wie sie die Römer seit dem letzten Jahrhundert der Republik als Unterhal-
tung in höheren Kreisen liebten. Ihr Zweck ist die Verherrlichung der Sophia und ihres
Erbauers und Wiederherstellers. Sie beginnt mit einer Anrede an den Kaiser in achtzig
jambischen Trimetern, die vor dem Herrscher und seinem Hofstaat im Palast, und zwar
im Vorlesezimmer, welches Paulus Vers 86 Psa7pov koycov nennt, gehalten wurde. Es
folgte dann eine Versammlung in dem der Kirche und dem Palast nahe gelegenen Hause
des Patriarchen Eutychios, wo nach 48 einleitenden Trimetern die eigentliche Beschrei-
bung der Sophia bis zum 276sten Verse des Abschnitts I. vorgetragen wurde. Demnächst
begab sich die Versammlung in die Kirche und hörte nach 6 einleitenden Trimetern den
ganzen Abschnitt IL bis zu Ende an. Der Schluss dieses Abschnitts ist jedoch nicht
übersetzt worden, weil er sich auf die Kirche nicht weiter bezieht. Dass übrigens Justi-
nian der ganzen Vorlesung beigewohnt habe, beweisen die häufigen an den Kaiser gerich-
teten Anreden.
Die Beschreibung des Ambon, ebenfalls durch 29 Trimeter und 19 Hexameter ein-
geleitet, wurde in grosser Versammlung im Palast des Patriarchen in Gegenwart des
Kaisers vorgetragen.
Zu der Ansicht, dass die Vorlesung in der angegebenen Weise wirklich statt-
gefunden, und zwar, wie Du Cange, Comment. p. 67, nachweist, nach dem Feste Epi-
phanias, bis wohin die Enkaenien ausgedehnt wurden, haben die Ueberschriften der
Abschnitte und die in dem Hauptgedicht selbst auf die Veränderung der Scenen sich
beziehenden Worte des Schriftstellers Veranlassung gegeben. Wenn man aber der Sache
näher tritt und die Wunderlichkeit der Anordnung, die Unangemessenheit, ja die Unaus-
führbarkeit des wirklichen Wechsels der Scenen in Erwägung zieht, so kann man sich
der Vermuthung nicht erwehren, dass das Ganze, die Einleitungen sowohl als auch die
eigentliche Beschreibung, an einem und demselben Orte (wahrscheinlich im Vorlesezimmer
des Kaiserlichen Palastes) in einem Zuge vorgelesen, und der Wechsel der Scenen nur
ein fingirter, dem Drama nachgeahmter sei.
) Abschn. I. Vers 1 — 4. In diesen Versen wird auf den Frieden hingewiesen, in welchem
sich das römische Reich zur Zeit der Einweihung der wiederhergestellten Sophienkirche
befand. Das Reich der Vandalen im Süden (Libyen) war schon im Jahre 534 durch
Beiisar vernichtet, der später dort ausgebrochene Aufruhr im Jahre 545 gedämpft; das
Reich der Ostgothen im Westen (Hesperien. Italien) hatte im Jahre 554 sein Ende ge-
funden; mit den Persern (Medern, wie u. a. auch Thucydides I. die alten Perser so
nennt, weil sie eines Hauptstammes mit den Medern waren und ihr Reich nur als eine
Fortsetzung des medischen betrachtet wurde) war nach blutigen und zum Theil unglück-
lichen Kämpfen im Jahre 561, zwei Jahre vor den Enkaenien, ein Friede, eigentlich nur
ein Waffenstillstand auf fünf Jahre, geschlossen.
3) Vers 21 und 22. Anthusa im goldnen Gewände.
Der Text lautet: evPev syi^ov ePehoo as niEktcppoyyoio-i, y^ooF.uxm
%yo<xo%t7Cj'i' aijjouffa Tsov <rxrj:n:7ou%oi' ixf.cSf.li'.
Statt des sichtbar verdorbnen al'Pouo-a (fornix übersetzt es Du Cange) hatte ich
längst "Ai'^oucra vermuthet, als ich sah, dass aipouva und nicht al'povo-a die hand-
schriftliche Lesart sei. Anthusa war einer der vielen Namen, welche Byzanz, seitdem es
zur Kaiserlichen Residenz erhoben war, führte. Schon zu den Zeiten Constantin's war
ihr jener Name beigelegt worden, wie uns Eustathius lehrt zu Dionys, perieg. 803. p. 253
ed. Bernhardy: 6vo<Lia<rpi\vac 6g «ots axffo (Bxj^avriov) xal ''KvtcovLovv, gca<; reeptrjv 5ßj3rj$>oc
xal o sxstvou itoiic; 'Ai'roa'ti'oc: ictxyu 6s toxi fi.gyd.kou Ktol'vtckvtvvov xkx\Pr\vai «uro "Av-
Povarav. Vergleicht man hiermit eine Nachricht bei Joh. Laurentius de Mens. IV. 25:
f.la rrji' rrje fPccjitJj§ rifjü{\V ' tekdäpav yuo otxifryv dvö/na^ov, und 50: iF.y<xTLx6v 6f. ('i?uop.vt\c;
ovojuxx) Qkcjpu oun'f.i ar'Poxxra, und 51: Pc^iit] (J>A/c.3y«, xal rj Ka)Vo-7a%'7LVo\)itoki.c;, r\yo\rv
avPovcra, so sieht man, dass Constantin weiter nichts that, als dass er den hieratischen
Namen der alten Hauptstadt Flora auf die neue übertrug. Endlich gehört hierher noch
eine Notiz bei Stephanus Byz. p. 590, 18, wo es unter dem Worte luxal also heisst:
t| itokit; ocü'rr] itaoc'x to ysvvtxcx; dvPslv "AvPovcra. Diese Worte, die man an der Stelle,
wo sie jetzt stehen, nur auf 2 uxo« beziehen kann, sind nichts als eine an falscher Stelle
eingeschobene Randbemerkung zu dem vorhergehenden Worte n6ki<;, womit Constantinopel
gemeint ist. Meineke.
[Constantin legte auch der Fortuna (ruxrj) der von ihm erneuten und nach ihm
benannten Stadt Constantinopel den Namen Anthusa bei. S. Malal. XIII. p. 320. 322;
desgl. Piper, Mytholog. und Symbolik der christlichen Kunst, Ister Bd. 3. Abth. p. 599.
2uxat, das heutige Galata, nahm unter den Byzantinischen Kaisern die dreizehnte Stelle
unter den vierzehn Regionen Constantinopels ein. Du Cange, Const. christ. I. p. 57.]
In den oben angeführten Versen des Paulus liegt aber noch ein anderer Fehler
versteckt; denn wer erwartet hier nicht vor dem Worte tov o-xr\TtTo\)%ov ein verbindendes
xal? Dich, Anthusa, will ich preisen und Deinen König! Allein wenn auch diese Ver-
bindung auf irgend eine Weise hergestellt werden könnte, so bleibt der Gedanke doch
immer sonderbar und unwahr. Nicht Constantinopel will der Dichter verherrlichen, son-
dern Justinian, dessen Lob er an die Beschreibung des vollendeten Prachtbau's anknüpft.
Der Fehler liegt aber wahrscheinlich in dem ersten Verse, den der Dichter vielleicht so
geschrieben hat: fvPfv gyvyv Fpsko p.i eX 17 o y>p öy y o i o-i %opslaiq, ein Wort, welches
durch ^irA/Co'xyooc und ähnliche Compositionen hinreichend geschützt wrird. Leichter
wäre es zwar, f^Flo.yj zu schreiben, allein diese Partikel kennt Paulus ausser der Ver-
bindung mit /aiv und andern einsylbigen Partikeln nicht, und ihre Einfügung würde
überdies nur ein armseliger Nothbehelf sein. — Endlich ist noch statt ek'Pev sycäv, welches
aus mehreren Gründen unzulässig ist, evPfv f.Xuw herzustellen mit Verweisung auf Horn.
Odyss. 500: fvPfv f.Xcji', cag ol fisv x. t.X. Dorville zu Charit. 1, 7. Meineke.
4) Vers 26. Der knirschende schwarze Verrath u. s. w.
Eine Anspielung auf die erst vor Kurzem (im Jahre 561) entdeckte Verschwörung,
in der es darauf abgesehen war, den Kaiser bei der Mahlzeit zu ermorden. Schon waren
die Zugänge zum Palast von Sclaven besetzt. Da wurde der ruchlose Anschlag entdeckt.
Man fand bei den beiden Rädelsführern die Dolche unter dem Gewände. Marcellus tödtete
sich selbst, der andere (Sergius) entfloh in die Kirche der Theo tokos in den Blachernen,
wurde aber dem Asyl entrissen und gefangen genommen. Im Verhör bezeichnete er
mehrere Männer, die, wie er, mit Beiisar früher in Verbindung gestanden. So wurde auch
der greise Feldherr zur Untersuchung gezogen und ungerecht mit Sequestration seines Ver-
mögens und mit Hausarrest bestraft, bis nach sechs Monaten seine Unschuld erkannt und
ihm Ehrenstellen und Vermögen zurückgegeben wurden. Er überlebte dieses Ereigniss
nur noch acht Monate. S. Gibbon, decl. et fall. etc. c. 43. Hauptquelle ist Malal. ehr.
p. 493 sq. und, wie bisher noch nicht bemerkt worden, Paulus selbst, der in der seinem
Gedicht vorangehenden Anrede an den Kaiser Vers 24—39 sich über den Vorfall in seiner
Weise also auslässt:
«Es war der Hinterhalt gelegt und der Tag zur That gekommen. Schon standen
die Verschwornen im Palast bereit, in die innern Thüren einzudringen und Dich auf Deinem
Thron zu überfallen. Dir war alles längst bekannt, doch bliebst Du ruhig, Gott allein
vertrauend, der Dich beschirmt und Dir stets den Sieg verleiht. Auch diesmal täuschtest
Du Dich nicht. Denn was geschah? Der erste der Verräther nahm sich selbst das Leben,
weil die göttliche Gerechtigkeit ihn nicht verschonen wollte — sie wusste ja, dass, wäre
er lebendig ergriffen worden, Du, wie Du andern Frevlern oftmals gnädig warst, dem
Mitleid und Erbarmen, in welchem Du alle Menschen übertriffst, Dich zugewendet haben
würdest.»
5) Vers 33. Das ist ja die Freude der Eltern, ein dem Homer nachgeahmter Vers-
schluss, wie to yap yspac. f.o-TL pcxvovT<.X)i'.
6) Vers 38. Fromm miteinander uns singen. Im Texte heisst es:
HiF.\'\\}oiLiF.v «TjcprijUout; XJiCO %f.lX,f.cri, svao6oiii u^vvoua.
Ein ähnlicher Gebrauch des iWo im Verse 209: exniafuxroi(; vitd %elyF.<rt x-t\$vv
ava«rc»a', wo nach meiner Ansicht statt «uxa^udj-otc uxa^Laroic; zu lesen ist. Meineke.
7) Vers 60. Teichinen. Ohne auf die mit den Sagen von den Cureten, Dactylen u. s. w.
in Verbindung stehende Mythe von den Teichinen näher einzugehen, will ich mich hier
nur auf die Bemerkung beschränken, dass die Teichinen als ein verläumderisches, neidi-
sches Geschlecht mythischer Wesen, erste Erzarbeiter und Zauberer (Hesych. ßü.cxxavoi,
yör\t£t;, q>£rovipol) bekannt sind. S. auch Eustath. zur Ilias t, 522. Vol. II. p. 290 ed. Lips.
Diod. Sicul. V. 55. Strab. XIV. pag. 654 Cas. — Gregor von Nazianz und nach ihm Suidas
haben sie itorruiou; xai {iaorxcxvoxjc. 6a,Lp.iovcxc, genannt, wie denn die alten Götter von den
Christen im Allgemeinen als böse Dämonen betrachtet wurden. Vergl. Spanh. ad
Callim. h. Del. u. 31.
Aus diesem Grunde giebt auch der Dichter den zaubermächtigen bösen Geistern
den Namen Teichinen, und will nichts anderes sagen, als Christi Macht und Gnade sei
es zu verdanken, dass bei dem durch jene veranlassten partiellen Einsturz der Kuppel
niemand verletzt und das Heiligthum nicht mit Blut besudelt wurde.
8) Vers 71. Sirene, für Muse. S. Sueton. de illust. grammat. 11.
Cato grammaticus, Latina Siren,
Qui solus legit ac facit poetas.
9) Vers 87. Der Megära. Der Unmuth ist für den Dichter eine Qual der Erynnis. Er
freut sich ihrer gewissermassen, weil sie eine gerechte ist.
10) Vers 94. Keltischer Kriegsruf, d.i. der Krieg mit den germanischen Völkern, Van-
dalen, Ostgothen.
11) Vers 95. Der Indier bringt etc. Gewiss eine Hindeutung auf den indischen Fürsten
Elesboas, der im persischen Kriege sich zum Abfall von den Persern bewegen liess und
dem römischen Gesandten reiche Geschenke an den Kaiser mitgab. (Malal. XIII. p. 457. sq.)
Auch Kedrenos hist. vol. I. p. 658 erzählt, dass im 23sten Regierungsjahre des Justinianus
ein indischer Gesandte mit einem Elephanten nach Constantinopel gekommen sei.
12) Vers 125. Nicht auf den goldenen Stab etc. Der Text hat:
ou 9(pTJO*f)1' TLVa. yajirfo'i'.
Paulus kennt von xs"J<rü'^' nur die dreisylbige Form, daher auch hier %p\)cetr{v her-
zustellen ist, und zwar als Anapäst, wie aus Vers 243: xai rä<,- /llev %ova-Eoicriv eXaypl-