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ZEHNTES KAPITEL.

DIE SECHSTE STAUT.

HÖCHST VVAHHSOllErXhTOII EINE LTDISCHE
ANSIEDELUNG.

Ueber der Schicht der fünften prähistorischen. Stadt und gerade
unter den Ruinen von Novum Ilium fand ich eine gewaltige Menge
sehr merkwürdiger Topfwaare, theils mit der Hand gemacht, theils auf
der Scheibe gedreht, welche in Form und Technik, in Farbe und Thon
von aller Töpferwaare der vorhergehenden prähistorischen Städte und
ebenso von der des obern aiolischon Ilion so gänzlich abweicht, dass ich
schwanke, ob ich sie prähistorischen oder historischen Zeiten zurechnen
soll. Sie ist besonders zahlreich an den Abhängen des Hügels, und
da aus Gründen, die ich schon oben anführte, die Schicht der grie-
chischen Stadt an diesen Stellen in eine mehr als gewöhnliche Tiefe
hinabreicht, so findet man sie dort sogar 10 und 20 Fuss unter der
Oberfläche. Die gewöhnliche Tiefe aber, in der sie sich auf dem Hügel
findet, beträgt durchschnittlich 6 Fuss: manchmal jedoch kommt sie
in einer Tiefe von nur 3 oder 4 Fuss unter der Oberfläche vor. Da
nun weder die Griechen noch auch die vorgeschichtlichen Völker, die
auf dem Hügel von Hissarlik einander folgten, jemals solche Töpfer-
waare verfertigten, so weist dieselbe, zumal da sie sich in solcher Fülle
findet, auf die Niederlassung eines fremden Volkes hin. Aber welches
Volk war es? Auf Grund der grossen Aebnliehkeit dieser Topfwaare
mit den mit der Hand gefertigten Vasen, die in den Gräberfeldern von
Rovio, Volterra, Bismantova, Villanova und andern Orten Italiens ge-
funden wurden und die für archaisch-etruskische oder prä-etruskischc
Topfwaare gelten, halten wir es für wahrscheinlich, dass gleichzeitig mit
der von Herodot erwähnten Colonisation Etruriens durch die Lydier eine
lydische Ansiedelung auf Hissarlik existirt bat und dass die lydiscbc Herr-
schaft in derselben Epoche über ganz Troas aufgerichtet wurde. Und
dies um so mehr, da wir bestimmt wissen, dass die Troas der lydischen
Herrschaft unter König Gyges (698—660)» unterworfen war, und da es
höchst wahrscheinlich ist, dass diese Herrschaft in viel früherer Zeit be-
gann. Wir erinnern den Leser an die alte, von Herodot erzählte Sage von
der Auswanderung der einen Hälfte der ganzen Bevölkerung Lydiens
nach Umbrien in Italien unter Führung des Tyrsenos, des Sohnes ihres
Königs Atys. - Diese mythische Erzählung scheint durch meine Knt-

' Strabo, XIH,590: "\|5'o8o; SsMiXuicrmv
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piov tl rpoc &a.p&dvq [Myac*

»Herodot, I, 94, oben S. 150 citirt.
A. II. Sayce bemerkt mir: „Nach Herodot
geschah c'li<- Colonisation in der mythischen
Zeit Lydiens, vor dem Auftreten der He-
rakleiden-Dynastie" (um 1200 vor Chr.).

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