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ELFTES KAPITEL.

DIE SIEBENTE STADT: DAS GRIECHISCHE I1.10N, ODEB NÜVUM IL1UM. '

I. Ueberreste der Stadt.

Die Gründer von Novum llium erbauten ilive Stadt sowol im Osten
als im Süden von Hissarlik9 und benutzten diesen Hügel als ihre Akro-
polis und als Sitz ihrer Heiligthümer. Sie thaten dies wahrscheinlich
aus drei Gründen: erstens, weil sie sieh der Thatsache bewusst waren.
dass hier einst der Tempel der Ilisohen Athene sowie die Häuser von
Trojas letztem König und seinen Söhnen gestanden hatten und dass
hier das Schicksal der heiligen llios entschieden worden war, und
weil eine heilige Scheu sie davon abhielt, diesen Ort profaner Be-
nutzung zu überlassen; zweitens, weil Hissarlik starke natürliche Be-
festigungen darbot und für eine Burg eine wunderbar günstige Lage
hatte; drittens endlieh, weil die neuen Ansiedler zu zahlreich waren,
um ihre Stadt auf einem so engen Räume erbauen zu können. Dies
erklärt die Geringfügigkeit der griechischen Trümmerschicht auf His-
sarlik, das spärliche Vorkommen von Gegenständen menschlicher In-
dustrie, ja selbst von Topfscherben und die Fülle von Terracotta-
figürchen und runden Stücken aus Thon in Form von Uhren mit zwei
Durchbohrungen, welche hier an die Stelle der prähistorischen Wirtel
treten, und, im Verein mit den Figürchen, als Weihgeschenke gedient zu
haben scheinen. In Erinnerung an die Akropolis der alten Zeit, die
von Homer irrthümlich Iliou zugeschrieben wurde und von der die
neuen Ansiedler wahrscheinlich glaubten, dass sie eben diesen Hügel
einnahm, wurde Hissarlik hinfort Bergamos genannt, oder des Priamos
Perganion, wie sie bei Herodot heisst.3

Von den ersten heiligen Gebäuden, die hier von den neuen An-
siedlern errichtet wurden, ist uns nichts bekannt. Eines Tempels thut
zuerst Herodot Erwähnung, der berichtet, dass Xerxes auf seinem Zuge
nach Griechenland (-ISO v. Chr.) hier hinaufstieg, um der ilisohen Athene
zu opfern.4 Strabo sagt, dieser Tempel sei bis zur Zeit Alexander's des
Grossen nur klein und unbedeutend gewesen ([uxpöv v.a.1 sütsAef)-s Zu

1 Noch einmal erinnere ich den Leser
daran, dass kein alter Schriftsteller diese
Stadt mit einem andern Namen nennt als
einfach "IXtov, llium, oder manchmal poe-
tisch Troja. „Novum llium" ist nur eine
conventioneile Bezeichnung. loh
adoptire sie mit Widerstreheu als passende
Abkürzung der Wendung, deren sieh Strabo

bedient, um die griechische Stadt von der
Homerischen /u unterscheiden, nämlich tö

vuv "l/.'.ov, to UTqp.spLvov "I/tov, t; vGv TtoXts.
* Vgl. den Plan II (des Griechischen

llion).

» Herodot, VII, 43.

4 Herodot, ehendas.

5 Strabo, XIII, 693.



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