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Archäologische Gesellschaft zu Berlin. Sitzung vom 3. Februar 1925

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ionischen EckkapiteHen der Ostfront des
Didymaions statt, deren schon früher ver-
muteten ungewöhnlichen Aufbau das von
Wiegand aufgefundene vollständige Stück J
zur Gewißheit erhoben hat. Gegen MendeD)
werden diese Kapitelle, schon wegen ihres
Aufbaues, mit Studniczkaß), Wiegand 4),
Hehler 5) in traianisch-hadrianisch Zeit an-
zusetzen sein.
Das normale westliche Kopf- und Büsten-
kapitell verrät sich, wo es im Osten ver-
einzelt auftritt (z. B. auf Thera) 6) durch
ein völlig abweichendes Verhältnis von
Schmuck zu Kapitellaufbau deutlich als
ein in der östlichen Tradition stehendesGlied,
das an den dekorativen Tendenzen der älte-
ren Sofa- und Antenkapitelle festhält. An
Bauten der späteren Kaiserzeit im Osten —
Ephesos, Baalbek, Palmyra 7) — nehmen
Kopf oder Büste die Stelle der Abakus-
blume an sonst normal gestalteten korin-
thischen und kompositen Kapitellen ein.
Im Westen läßt sich auch der Weg über
die Halbhguren-Kapitelle (z. B. Pompeji,
Tuffperiode, Casa dei Capitelli hgurati J zu
den Kapitellen mit ganzen Figuren— einzel-
nen oder zu Gruppen vereinigten —verfolgen,
die in der späteren Kaiserzeit fast vollrund
vor den Kern vortreten 9). Aus dem Osten
kommt schließlich in augusteischer Zeit der
Typus, bei dem die Eckvoluten des korin-
thischen Kapitells durch Protomen von
Tieren und Fabelwesen oder durch Vögel

1) Wiegand, Achter vorl. Ber. über die von den
Staatl. Museen in Milet und Didyma unternommenen
Ausgrabungen (Abh. preuß. Akad. 1924, phil. hist.
Kl. Nr. 1) 21 Fig. 11.
2) Catal. sculpt. Constantinople I $44 f.
3) Tropaeum Traiani 100 Anm. 83.
4) VII. vorl. Ber. (Abh. preuß. Akad., Anhang)
1911, 53-
5) Österr. Jahresh. 19/20, 1919, 227.
6) Hiller v. Gaertringen, Thera I 266 (Abb.).
7) Ephesos: Forschungen in Ephesos III 1923, 7
Fig. 6 und 8 Fig. 8. -— Baalbek: Baalbek II 7
Abb. 10 1, vgl. Arch. Anz. 1906, 238. — Palmyra:
[Wood], Les ruines de Palmyre, Londres 1733,
Tab. LI, A.
R) Mau, Pompeji in Leben und KunsG 370
Abb. 198.
9) Z. B. Kapitell im Giardino della Pigna, Peter-
sen bei Amelung, Vat. Kat. I Taf. 1:9 Nr. 228-
Gusman, L'Art decor. de Rome I Taf. 19; Jüthner,
Antike Turngeräte 91 Fig. 72.

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ersetzt werden J und der, durch weitere figür-
liche Elemente bereichert, sich bis in nach-
antike Zeit hält.
Schon die hier vorgeführte Auswahl läßt
erkennen, daß Osten und Westen sich sowohl
in der Wahl der figürlichen Elemente wie
in ihrer Verarbeitung im Kapitellaufbau
scharf trennen und im wesentlichen unab-
hängig voneinander bleiben, was letzten
Endes eine Verschiedenheit griechischen und
italischen Kunstsinnes bedeutet.
Sitzung vom 3. Februar 1925.
Herr Rodenwaldt legte ein Album mit
Ansichten der neu eingerichteten Bibliothek
des Deutschen Archäologischen Instituts in
Rom vor und berichtete auf Grund von
Abbildungen in englischen und italienischen
illustrierten Zeitschriften über die italieni-
schen Grabungen in Hagios Elias auf Kreta
und in Leptis Magna.
Herr Val. Müller sprach über den Ring
mit Dämonendarstellung aus Tiryns
('Apx. Aeki. 2, 1916 TigpapT. 14 f. Taf. I Nr. 1;
Arch. Anz. 1916, 143 ff.). Er wandte sich zu-
nächst gegen die bisherige Deutung der Punkte
über den Dämonen als Sterne und wollte darin
die Darstellung von Regen sehen, eine Deu-
tung, zu der der Charakter der Löwenwesen
als Fruchtbarkeitsdämonen gut paßt. Als
Analogien für die Wiedergabe des Regens
durch Punkte führte er eine assyrische Dar-
stellung des Gottes Assur in Regenwolken,
die Andrae jüngst in seiner »Farbigen
Keramik« 13 Taf. VIII veröffentlicht hat,
und die Alkmenevase (I. H. S. 9, 1890 Taf.
VI) an.
Dann wies er auf die mannigfachen Paral-
lelen, die die Einzelelemente der Darstellung:
Reihung einer Mehrzahl gleichartiger Ado-
ranten, Mischwesen, Armeigewand, Borte,
Kopfputz, Klappstuhl, Trichter, Astral-
symbole, in der orientalischen Kunst finden,
hin. Eine ausführliche Abhandlung darüber
wird in Kürze im Jahrbuch des Instituts
erscheinen.
Gegen die Deutung der oberen Sphäre
des Goldrings von Tiryns als Darstellung
einer Regenwolke erhob Herr Roden-

1) Z. B. Kapitell vom Mars Ultor Tempel in Rom,
mit Flügelpferden.
 
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